2. April 2008 • Konjunkturaufschwung 2005/2007 kürzer als im letzten Zyklus • Stefan Ederer, Markus Marterbauer, Marcus Scheiblecker

In den Jahren 2005 bis 2007 wuchs die österreichische Wirtschaft kräftig; nun kündigt sich eine deutliche Abschwächung an. Damit war die Phase starker Expansion kürzer als die letzte Hochkonjunktur 1997 bis 2000. Ein Vergleich der beiden Zyklen zeigt erhebliche Differenzen zwischen der Struktur der Wirtschaftsentwicklung: Während dem Export in beiden Aufschwungphasen eine tragende Rolle zukam, entwickelten sich Ausrüstungs- und Bauinvestitionen höchst unterschiedlich. Insbesondere belebte sich jedoch die Konsumnachfrage in der jüngsten Konjunkturerholung nicht; in der Schlussphase der Hochkonjunktur 2000 war ihr hingegen eine wichtige Rolle zugekommen. Zusammen mit der stärkeren Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes bestimmt dies auch den verhaltenen Rückgang der Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren.

Der Konjunkturaufschwung der Jahre 2005 bis 2007 brachte ein kräftiges Wirtschaftswachstum von durchschnittlich real 2,9% mit sich. Trotz der hohen Rate auch im IV. Quartal 2007 mehren sich nun die Hinweise auf eine Dämpfung der Konjunktur. Die jüngste Expansionsphase war damit merklich kürzer als die vierjährige Aufschwungphase 1997/2000, in der das BIP durchschnittlich real um 3,0% stieg und ein markanter Rückgang der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen war. Die Unterschiede zwischen Intensität und Dauer des Konjunkturaufschwungs sind vor allem auf die Dynamik der einzelnen Nachfrageaggregate zurückzuführen.

Der Konjunkturverlauf folgt in Österreich einem typischen Muster: Der Aufschwung wird von einer Belebung des Exports ausgelöst, die auf die Verbesserung der Wirtschaftsentwicklung bei den wichtigen Handelspartnern zurückgeht. In der Folge beleben sich die Ausrüstungsinvestitionen, bevor die Konsumnachfrage ebenfalls anzieht.

Aufgrund des hohen Anteils der Ausfuhr an der gesamtwirtschaftlichen Produktion (2007 58% des BIP) wird damit rasch ein Großteil der österreichischen Wirtschaft erfasst. Dies gilt auch für den gegenwärtigen Zyklus: Ab Ende 2004 beschleunigte sich das Exportwachstum und verlangsamte sich erst im Laufe des Jahres 2007 allmählich. In der Expansionsphase 2005/2007 erhöhte sich die Auslandsnachfrage durchschnittlich real um 7,3%. Die Ausfuhr von Gütern und Dienstleistungen trug damit wesentlich zum Anstieg des BIP bei, allerdings war die Dynamik etwas verhaltener als im Aufschwung der Jahre 1997 bis 2000 (+9%). Die Belebung des Exports begünstigt vor allem die Sachgütererzeugung, die in Österreich stark auf die Nachfrage aus dem Ausland ausgerichtet ist. Die Wertschöpfung wurde in diesem Sektor im jüngsten Zyklus um durchschnittlich real 6,4% ausgeweitet (1997/2000 +5%).

Steigt die Industrieproduktion dank der Impulse aus dem Ausland längere Zeit kräftig, so erhöht sich auch die Auslastung der Kapazitäten so weit, dass die Unternehmen Gewinne verstärkt in Investitionsprojekte umsetzen. Diese Übertragung der Impulse vom Export auf die Ausrüstungsinvestitionen vollzog sich im aktuellen Konjunkturzyklus nur sehr eingeschränkt. Erst im Jahr 2006 kam eine vorsichtige Belebung der Maschineninvestitionen in Gang, die allerdings bald wieder abebbte; die Fahrzeuginvestitionen erholten sich erst 2007 verhalten. Die Ausrüstungsinvestitionen erhöhten sich im jüngsten Aufschwung insgesamt real um nur knapp 3% pro Jahr. In der Hochkonjunktur Ende der neunziger Jahre waren sie mehr als doppelt so stark ausgeweitet worden (durchschnittlich real +6,7%). Die Ursachen dieser Investitionszurückhaltung trotz reger Nachfrage und hoher Gewinne sind bislang nicht ausreichend geklärt. Eine Rolle könnte gespielt haben, dass wegen der Steueranreize in großem Umfang geplante Investitionen (vor allem in Fahrzeuge) in die Jahre 2002 und 2003 vorgezogen wurden. Die Investitionen österreichischer Unternehmen im Ausland entwickelten sich in den letzten Jahren rege, ebenso jene ausländischer Unternehmen in Österreich. Für das BIP selbst sind die direkten Effekte der Ausrüstungsinvestitionen gering, da Investitionsgüter zu drei Vierteln importiert werden. Allerdings hat die Investitionstätigkeit für die Übertragung des Aufschwungs auf die Inlandsnachfrage und damit für die Dynamik des Konjunkturzyklus große Bedeutung.

Übersicht 1: Entwicklung der Nachfrage und Bruttowertschöpfung

 NachfrageBruttowertschöpfung
 Brutto­inlands­produktKonsum der privaten Haushalte1)Ausrüstungs­investitionenBau­investitionenExporteSachgüter­erzeugungHandel2)Bau­wirtschaft
 Veränderung gegen das Vorjahr in %, real
         
1997

+1,8

+0,0

+3,4

–0,4

+11,4

+3,8

+3,7

+0,5

1998

+3,6

+1,6

+5,8

+0,7

+8,6

+3,8

+3,5

+3,3

1999

+3,3

+2,0

+5,6

–0,2

+5,7

+5,6

+3,9

+1,5

2000

+3,4

+3,9

+12,3

+2,1

+10,5

+7,1

+4,4

+1,7

2001

+0,8

+1,0

+0,8

–4,2

+7,2

+2,0

+2,0

–3,5

2002

+0,9

+0,1

–9,2

–4,5

+4,0

+0,4

+2,3

+0,6

2003

+1,2

+1,3

+7,7

+4,9

+2,3

+0,2

+0,4

+5,7

2004

+2,3

+1,8

–2,3

+1,3

+8,2

+2,3

+1,1

+0,5

2005

+2,0

+2,0

+1,0

+0,1

+6,2

+3,2

+0,2

+1,8

2006

+3,3

+2,1

+1,5

+5,1

+7,5

+8,8

+1,0

+4,7

2007

+3,4

+1,5

+6,5

+3,7

+8,1

+7,3

+0,8

+3,5

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ĝ 1996/2000

+3,0

+1,9

+6,7

+0,5

+9,0

+5,1

+3,9

+1,7

Ĝ 2004/2007

+2,9

+1,9

+3,0

+2,9

+7,3

+6,4

+0,6

+3,3

Q: Statistik Austria, WIFO. 2007: WIFO-Schnellschätzung. –  1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. –  2) Einschließlich Reparatur von Kfz und Gebrauchsgütern.

Die Entwicklung der Bauinvestitionen und der Baukonjunktur verlief anders als jene der Ausrüstungsinvestitionen. Die Bauwirtschaft verzeichnete vor allem im Jahr 2006 einen Boom. Im Aufschwung 2005/2007 erhöhten sich die Investitionen durchschnittlich real um 2,9%. Die Infrastrukturgesellschaften des Staates trieben die Investitionen in Schienen- und Straßennetze voran, und auch die Zahl der neu errichteten Wohnungen nahm merklich zu. Die Investitionspolitik der öffentlichen Hand war damit deutlich prozyklisch. Dies trug zu einem raschen Anstieg der Baupreise bei (+4% pro Jahr). Im Konjunkturaufschwung 1997/2000 waren die Bauinvestitionen hingegen sehr verhalten ausgeweitet worden (real +0,5%).

Das Wachstum der Konsumnachfrage der privaten Haushalte beschleunigt sich im typischen Konjunkturaufschwung in Österreich erst in einer späten Phase. Sobald hohes Exportwachstum, steigende Industrieproduktion und kräftige Investitionstätigkeit die Beschäftigung und die Einkommen belebt haben, folgt eine verstärkte Ausweitung der Konsumausgaben der privaten Haushalte. Sie ist normalerweise jedoch weniger ausgeprägt als jene der Einkommen; die Sparquote erhöht sich, die Konsumnachfrage wirkt somit stabilisierend auf die Konjunktur.

Der Verlauf der Konsumausgaben bildet den bedeutendsten Unterschied zwischen den beiden Aufschwungphasen. In der jüngsten Konjunkturerholung belebte sich die Konsumnachfrage nicht – im Gegenteil, ihr Wachstum schwächte sich sogar von real 2% (2005) auf nur noch 1,5% im Jahr 2007 ab. Hingegen hatte sich die Ausweitung der Konsumausgaben Ende der neunziger Jahre merklich beschleunigt, von real 1,6% (1998) auf 3,9% (2000). Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte sind die wichtigste Determinante der Konsumausgaben. Sie waren 1998 und 1999 etwa gleich rasch gestiegen wie in den Jahren 2006 und 2007 (real + 2½%), im Jahr 2000 wurden sie hingegen um 3½% ausgeweitet. Das gab den Konsumausgaben kräftige Impulse. Die Gehaltsabschlüsse unterschieden sich zwischen den beiden Zyklen wenig, sie erbrachten nominelle Zuwächse zwischen 2% und 3% pro Kopf. Allerdings war Ende der neunziger Jahre die Inflationsrate deutlich niedriger. Das raschere Wachstum der verfügbaren Einkommen war zudem wesentlich von der Budgetpolitik gestützt: 1999 und 2000 wurden die monetären Familienleistungen beträchtlich ausgeweitet, und dies erhöhte die verfügbaren Einkommen des unteren Einkommensdrittels – in dem die Konsumbereitschaft hoch ist – besonders stark. Die Lohn- und Einkommensteuersenkung des Jahres 2000 wirkte prozyklisch; sie steigerte die Realeinkommen pro Kopf um ¾%. Gleichzeitig verbesserte sich aufgrund der langen Dauer des Aufschwungs und des merklichen Rückgangs der Arbeitslosigkeit das Verbrauchervertrauen merklich. Dies begünstigte vor allem die Anschaffung dauerhafter Konsumgüter. 2006 und 2007 dämpfte das Abgabensystem hingegen die Ausweitung der verfügbaren Einkommen. Die Netto-Pro-Kopf-Einkommen nahmen 2007 real nicht zu.

Der Arbeitsmarkt reagiert deutlich – wenn auch mit leichter Verzögerung – auf eine Belebung der Konjunktur. Beschleunigt sich das Wirtschaftswachstum, dann steigt auch die Beschäftigung kräftig. Die Konjunkturerholung 2005/2007 war sogar beschäftigungsintensiver als jene Ende der neunziger Jahre. Die Zahl der aktiv unselbständig Beschäftigten erhöhte sich um 1,6% pro Jahr (gegenüber +0,9% im Aufschwung 1997/2000). Dazu trug vor allem die markante Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung von Frauen im Dienstleistungssektor bei. Die Zahl der Beschäftigten nahm deutlich rascher zu als das Arbeitsvolumen in Stunden. Dank der guten Industrie- und Baukonjunktur wurde aber auch die Zahl der Vollzeitarbeitsplätze ausgeweitet. Trotz der günstigen Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung fiel der Rückgang der Arbeitslosenzahl im jüngsten Konjunkturaufschwung verhaltener aus als im vorhergehenden Zyklus. War sie saisonbereinigt vom Höhepunkt im Juni 1998 zum Tiefpunkt im Dezember 2000 um 61.000 zurückgegangen (von 241.000 auf 181.000), so verringerte sie sich von Jänner 2006 bis Jänner 2008 um nur 37.000 (von 258.000 auf 221.000).

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 3/2008.