11. März 2008 • Die Forschungs- und Entwicklungsintensität im österreichischen Unternehmenssektor • Andreas Reinstaller

Die F&E-Ausgaben der Unternehmen sind eine maßgebliche Determinante des Wachstumspotentials einer Volkswirtschaft. Das WIFO hat im Rahmen eines EU-Projektes den Anteil der F&E-Ausgaben an der Bruttowertschöpfung (die F&E-Intensität) des österreichischen Unternehmenssektors strukturbereinigt und mit anderen OECD-Ländern verglichen. Zwischen 1998 und 2004 erhöhte sich die F&E-Intensität demnach in den meisten Branchen, und einige Branchen mit international hoher F&E-Intensität gewannen in Österreich an Bedeutung. Vor allem in der Sachgütererzeugung konzentrieren sich die F&E-Ausgaben auf wenige Branchen, was auf ein sehr enges Spezialisierungsprofil hindeutet. Den höchsten Beitrag zur F&E-Intensität des Unternehmenssektors leisten einige Dienstleistungsbereiche; aufgrund statistischer Zuordnungsprobleme ist eine Bewertung der Entwicklung der F&E-Ausgaben im Dienstleistungssektor jedoch nicht möglich.

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sind, gemeinsam mit der Bildung von Humankapital und nicht F&E-bezogenen Innovationsaktivitäten, zentrale Determinanten des langfristigen Wachstums von Volkswirtschaften. Unternehmen betreiben F&E mit dem Ziel, neue Produkte zu entwickeln oder aber die Produktionskosten zu senken. So besteht z. B. ein enger Zusammenhang zwischen der Höhe der F&E-Ausgaben und den Umsätzen, die mit neuen Produkten erzielt werden. F&E-Aktivitäten sind häufig auch eine Voraussetzung dafür, dass wissenschaftliche Erkenntnisse und komplexere technologische Entwicklungen rezipiert und in der Folge als wirtschaftliche Chance genutzt werden können. Aus diesem Grund sind die F&E-Ausgaben ein sehr zuverlässiger Indikator für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen.

Das WIFO hat im Rahmen eines Forschungsprojektes im Auftrag der Europäischen Kommission die Struktur der Ausgaben für Forschung und Entwicklung im Unternehmenssektor untersucht und die Ergebnisse in seinem jüngsten Monatsbericht publiziert. In Österreich ist demnach die Forschungsintensität in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Dazu trug die stetige Zunahme der F&E-Intensität des österreichischen Unternehmenssektors maßgeblich bei: Der Anteil der F&E-Ausgaben an der Bruttowertschöpfung erhöhte sich zwischen 1998 und 2004 von 1,4% auf 1,85%.

Eine Zerlegung dieser Werte in einen strukturspezifischen und einen länderspezifischen Teil zeigt, dass im Jahr 2004 1,34 Prozentpunkte der F&E-Intensität (von 1,85%) durch die Struktur des österreichischen Unternehmenssektors bedingt sind, während rund 0,51 Prozentpunkte auf einen Ländereffekt zurückzuführen sind. Dieser Ländereffekt wird dadurch hervorgerufen, dass in nahezu allen Branchen die F&E-Intensität leicht über dem OECD-Mittelwert liegt (um rund 0,5 Prozentpunkte) und zugleich einige F&E-intensive Branchen stärker als im OECD-Durchschnitt zur Wertschöpfung des österreichischen Unternehmenssektors beitragen (um rund 0,1  Prozentpunkte).

Rund 25% des Ländereffektes gehen auf die überdurchschnittlich hohen F&E-Ausgaben und die überdurchschnittliche Bedeutung der Branche "Rundfunk-, Fernseh- und Nachrichtentechnik" zurück (rund 0,15  Prozentpunkte). Weitere 40% sind auf die überdurchschnittliche F&E-Intensität in einigen Dienstleistungsbranchen zurückzuführen (vornehmlich "Erbringung unternehmensbezogener Dienstleistungen" sowie "Forschung und Entwicklung"). Dieser hohe Beitrag einiger weniger Branchen zum Ländereffekt ist einerseits ein Hinweis auf ein sehr enges Spezialisierungsprofil. Andererseits ist der bedeutende Anteil der angeführten Dienstleistungsbranchen an der F&E-Intensität des Unternehmenssektors teilweise durch die international unterschiedliche statistische Zurechnung öffentlich finanzierter Forschungs- und Fördereinrichtungen bedingt: In Österreich werden diese dem Unternehmenssektor zugerechnet, in etlichen OECD-Ländern (z. B. Deutschland) hingegen nicht.

Eine Betrachtung der Veränderung der F&E-Intensität über die Zeit stützt die Einschätzung, dass das "österreichische Strukturparadoxon" fortbesteht, wonach österreichische Unternehmen besonders in traditionellen, in den meisten OECD-Ländern bereits schrumpfenden Branchen sehr wettbewerbsfähig sind.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 2/2008 (http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=31385&typeid=8&display_mode=2)!