4. Jänner 2008 • Theoretische Eckpunkte einer grundlegenden Reform des aktiven Finanzausgleichs • Hans Pitlik

Anfang 2008 tritt in Österreich ein neuer Finanzausgleich mit einer vorgesehenen Geltungsdauer von sechs Jahren in Kraft. Inhaltlich handelt es sich im Wesentlichen um eine Fortschreibung des bestehenden Systems. Die Vereinbarungen sehen allerdings auch die Einsetzung einer Expertenkommission vor, die nach Ablauf einer ersten Drei-Jahres-Phase Vorschläge für eine grundlegende Reform der föderalen Finanzbeziehungen erarbeiten soll.

Aus finanzwissenschaftlichem Blickwinkel sollte in der Zuordnung von Abgabenkompetenzen vor allem eine verstärkte institutionelle Kongruenz zwischen Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung angestrebt werden. Dabei geht es nicht nur darum, die Abgabenerträge so aufzuteilen, dass die Gebietskörperschaften über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Institutionelle Kongruenz stellt darüber hinaus auf den Zusammenhang zwischen den Verantwortlichkeiten zur Finanzierung öffentlicher Leistungen und dem Ausgabenverhalten der politischen Entscheidungsträger ab. Jene, die Leistungen beschließen, sollen direkt die Kosten für die Bereitstellung tragen, da dies die Anreize für eine sparsame Mittelverwendung erhöht.

In der gegenwärtigen Finanzausgleichsregelung in Österreich wird das effizienzfördernde Prinzip der institutionellen Kongruenz häufig durchbrochen. Die originäre vertikale Verteilung der Steuereinnahmen ist nahezu vollständig durch ein hochzentralisiertes Verbundsystem geprägt. Die fiskalische Bedeutung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben hat von 74,6% der Gesamterträge (1990) auf 91,2% (2005) erheblich zugenommen. Die Primärverteilung der Abgabenerträge wird überdies durch ein komplexes und wenig transparentes Transfersystem ergänzt und korrigiert. Nach Studien der OECD weisen daher die Länder und Gemeinden in Österreich im internationalen Vergleich eine ausgesprochen geringe Steuerautonomie auf.

Auch in der horizontalen Steuerverteilung wird die institutionelle Kongruenz durchbrochen. Das örtliche Aufkommen spielt als Aufteilungsmaßstab der gemeinschaftlichen Bundessteuern inzwischen fast keine Rolle mehr. Über die Hälfte der Ertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundessteuern wird inzwischen auf der Grundlage des abgestuften Bevölkerungsschlüssels verteilt, der größere Gemeinden gegenüber kleineren begünstigt.

Ein erster Schritt, die Finanzausgleichsbeziehungen zwischen den Gebietskörperschaften auf eine ökonomisch rationalere Basis zu stellen, wäre die konsequente Durchführung einer Staats- und Verwaltungsreform. Je klarer die Kompetenzen der Gebietskörperschaften voneinander abgegrenzt sind, desto eher können effiziente Strukturen verwirklicht werden. Im Sinne einer besseren Umsetzung institutioneller Kongruenz sollte eine künftige Neuordnung der föderativen Finanzbeziehungen vor allem auf eine Stärkung der Einnahmenautonomie der Länder und Gemeinden zielen. Dabei sollten autonome Einnahmenkompetenzen mit einem Rückbau des Steuerverbundes, einem verringerten Gesamttransfervolumen und einer Bereinigung der intragovernmentalen Transfersysteme verbunden werden. Es bedarf auch einer genaueren empirischen Überprüfung, ob tatsächliche oder vermeintliche Sonderbelastungen durch Einwohnergewichtungen aufgefangen werden können oder ob nicht andere ökonomische, demographische oder auch topographische Sonderfaktoren besser oder ergänzend als Bedarfsindikatoren geeignet wären.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/2007!