23. November 2007 • Höhepunkt der Baukonjunktur in Westeuropa überschritten – Verstärkter Aufschwung in Ost-Mitteleuropa. Euroconstruct-Konferenz in Wien • Margarete Czerny

Das WIFO veranstaltet am 23. November 2007 in Wien (Palais Ferstel) die internationale Euroconstruct-Konferenz. Rund 250 Expertinnen und Experten aus über 25 Ländern diskutieren anlässlich dieser Tagung Trends und Investitionsmöglichkeiten in den einzelnen Bausparten in Europa. Breiten Raum nehmen dabei die Prognosen und Analysen der Entwicklung in Osteuropa ein.

Das Konsortium "Euroconstruct", dem Bauforschungsinstitute aus 19 europäischen Ländern angehören, veranstaltet zweimal jährlich in einem der Mitgliedsländer eine Tagung, bei der detaillierte Analysen und Prognosen für die Mitgliedsländer sowie nach Bausparten vorgestellt werden. Nach einem Überblick über die Perspektiven der europäischen Baumärkte diskutieren internationale Expertinnen und Experten die Investitionsaussichten auf Zukunftsmärkten, etwa in Russland, der Ukraine oder der Türkei. Das WIFO hat bereits zum zweiten Mal die Organisation dieser Tagung übernommen.

Bauwirtschaft lässt in den nächsten Jahren langsamer

Der Konjunkturaufschwung löste in Europa 2006 einen Bauboom aus, dessen Höhepunkt 2007 aber bereits überschritten war. Die Euroconstruct-Länder melden eine durchschnittliche Steigerung des realen Bauvolumens im Jahr 2007 von 2%, nach einem kräftigen Anstieg von 3,8% 2006. Für 2008 bis 2010 wird eine weitere Verlangsamung des Wachstums in der Bauwirtschaft erwartet (2008 +1,4%, 2009 und 2010 nur +1,6% pro Jahr).

Die Bauwirtschaft leistete im Boomjahr 2006 einen wichtigen Beitrag zum Konjunkturaufschwung in Europa. 2007 bis 2010 bleibt ihre Dynamik aber gegenüber der des Bruttoinlandsproduktes zurück. Im Prognosezeitraum (2008 bis 2010) rechnen die 19 Euroconstruct-Länder mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des BIP von 2¼%, in der Bauwirtschaft hingegen von nur etwa 1½%.

Unterschiedliche Entwicklungstendenzen in West- und Osteuropa

Die Baunachfrage lässt vor allem in Westeuropa nach. Die Ursachen dieser Abschwächung liegen vor allem in der internationalen Finanzkrise, der Euro-Aufwertung, dem Anstieg der Zinssätze und dem Platzen der Blase auf den Immobilienmärkten (vor allem in Spanien, Irland und Großbritannien) sowie im Nachlassen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage.

Infolge des allgemeinen Konjunkturaufschwungs 2006/07 wuchs die Bauproduktion in Westeuropa kräftig. Die gute Gewinnlage veranlasste viele Unternehmen, vor allem in den Nichtwohnbau (Industrie-, Gewerbe-, Büro- und Geschäftsbauten) zu investieren. Die dank der guten Konjunktur vermehrten Steuereinnahmen der öffentlichen Haushalte erlaubten auch eine Ausweitung und Forcierung der öffentlichen Infrastrukturinvestitionen. Die rasche Expansion der Baunachfrage schlug sich in einem Rückgang der Arbeitslosigkeit und einer Zunahme der Baubeschäftigung nieder. In einigen Ländern klagen die Unternehmen sogar über Facharbeitermangel.

2007 kühlte sich die Baukonjunktur in Westeuropa bereits deutlich ab. Die Wachstumsrate (real +1,7%) fällt nur halb so hoch aus wie im Vorjahr und wird 2008 nur mehr 1% betragen. Angesichts der weltweiten Krise auf den Finanzmärkten disponieren die Investoren vorsichtiger. Zudem dämpft der Rückgang der hohen Immobilienpreise vor allem in Spanien, Großbritannien und Irland die Nachfrage nach Bauinvestitionen. Die kräftige Expansion der Wohnbauproduktion erzeugt zunehmend Überkapazitäten. Für 2009 und 2010 rechnen die westeuropäischen Länder insgesamt mit einem mäßigen Zuwachs der Bauproduktion (+1,2% bzw. +1,3%).

In Ost-Mitteleuropa verstärkt sich Aufschwung in der Bauwirtschaft markant, der Sektor wird zum Wachstumsmotor der Gesamtwirtschaft. Nach einer realen Zunahme um 7,7% 2006 und 7,6% 2007 wird die Bauwirtschaft 2008 mit +9,2% weiter kräftig und 2010 mit +7,6% nur etwas schwächer expandieren.

Verschiebung der Trends innerhalb der Bausparten

Die Analyse des europäischen Baumarktes nach den einzelnen Bausparten zeigt eine interessante Verschiebung der Akzente: Nachdem der Wohnungsbau 2006 das Wachstum der gesamten Bauwirtschaft getragen hatte, verliert er im Prognosezeitraum an Bedeutung. Die Rolle des Wachstumstreibers übernehmen nun der Wirtschaftsbau und der Tiefbau. In Westeuropa gehen vom Nichtwohnbau die stärksten Impulse aus, in Osteuropa vom Tiefbau, der von den Mitteln aus EU-Strukturfonds profitiert. Zudem gewinnt der Wohnungsneubau in den ostmitteleuropäischen Ländern an Dynamik, der Nachholbedarf ist in diesen Ländern noch sehr hoch.

In Österreich weiterhin dynamische Entwicklung

Im Gegensatz zu Westeuropa entwickelt sich die Bauwirtschaft in Österreich weiterhin dynamisch. 2007 erhöht sich das reale Bauvolumen mit +5½% deutlich überdurchschnittlich. Die mittelfristig geplanten großen Bauvorhaben sichern diesen Wachstumsvorsprung auch in den nächsten Jahren. Sowohl der Tiefbau als auch der Wohnbau werden in Österreich bis 2010 kräftiger expandieren als im europäischen Durchschnitt. Mit der Verlangsamung der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur verliert die Entwicklung aber auch in Österreich 2008 etwas an Schwung (reales Bauvolumen 2008 +3%, 2009 +2,5%, 2010 +2,2%).

Abbildung: Die Baukonjunktur in West- und Osteuropa bis 2010

Q: Euroconstruct-Konferenz, Wien, 23. November 2007.