16. November 2007 • Leistungskennzahlen österreichischer Lebensversicherungen: Steigende Renditen nach Einbruch 2002 • Thomas Url

Eine aktuelle Studie des WIFO misst den Erfolg österreichischer Lebensversicherer anhand ausgewählter Leistungskennzahlen. Die turbulenten Entwicklungen auf den Renten- und Aktienmärkten hinterließen auch in den Renditen der österreichischen Lebensversicherer deutliche Spuren. Im Jahr 2002 sank die Veranlagungsrendite auf 3,1% und lag damit deutlich unter dem Wert von 2000. In den Jahren danach näherte sich die Ertragskraft wieder an das Niveau vor den Börsenturbulenzen an und erreichte 2005 6,5%. Die Performance der einzelnen Anbieter unterscheidet sich dabei beträchtlich. Der Anteil der Lebensversicherungen am Gesamtvermögen der privaten Haushalte nahm in diesem Zeitraum zu. Die Versicherer konnten ihre Kostenposition – vor allem in den letzten zwei Jahren – verbessern.

In der Analyse wurde die Performance von 33 Unternehmen zwischen 2001 und 2005 in den vier folgenden unternehmerischen Bereichen analysiert: Ertragskraft, Dynamik der Unternehmensentwicklung, Kostenhöhe und Bonität der Unternehmen. Für jeden dieser vier Bereiche wurden je zwei Kennzahlen berechnet, die jeweils unterschiedliche Fragen beantworten können. Zudem wurde eine Gesamtkennzahl ermittelt, die die wesentlichen Erfolgskomponenten der Lebensversicherer komprimiert darstellt. Die Kennzahlen beruhen auf der Versicherungsstatistik jener 33 Anbieter von klassischen Lebensversicherungen, die von der Finanzmarktaufsicht (FMA) beaufsichtigt werden. Das WIFO führte diese Untersuchung im Auftrag der früheren P.S.K.-Versicherung durch, die am 1. 9. 2007 mit der BAWAG Versicherung zur BAWAG P.S.K. Versicherung verschmolzen wurde.

Turbulente Entwicklungen auf Renten- und Aktienmärkten drücken die Ertragskraft

Die Ertragskraft der Versicherer kann sowohl in Bezug auf das veranlagte Vermögen als auch in Bezug auf das Eigenkapital gemessen werden. Der Beobachtungszeitraum zeichnet sich durch eine turbulente Entwicklung auf den Renten- bzw. Aktienmärkten aus. Hohe Veranlagungsrenditen sind die Grundlage für hohe Gewinnbeteiligungen der Versicherten. Die Veranlagungsrendite war 2000 hoch (6,4%), erreichte im Jahr 2002 mit 3,1% einen Tiefpunkt und lag am Ende der Beobachtungsperiode wieder über dem Durchschnittswert (2005 6,5%). Wie sehr sich die Performance der Unternehmen unterscheidet, zeigt Abbildung 1 (die Balken geben jeweils die Mindest- und Höchstrendite an). Die Eigenkapitalrendite entwickelte sich parallel zur Veranlagungsrendite, wobei die Schwankungsintensität durch die Pufferrolle des Gewinns gegenüber schwankenden Kapitalmarktergebnissen entsprechend hoch ist. Der niedrige Durchschnittswert von 12,2% für die Eigenkapitalrendite wird vor allem durch das negative Ergebnis des Jahres 2002 (–3,7%) geprägt.

Abbildung 1: Entwicklung der Veranlagungsrendite in der klassischen Lebensversicherung

Q: Finanzmarktaufsicht Österreich, WIFO-Berechnungen.

Lebensversicherungen steigern Anteil am Geldvermögen der privaten Haushalte

Die Dynamik der Unternehmen – gemessen an der Veränderung der Prämieneinnahmen auf dem österreichischen Lebensversicherungsmarkt – blieb in den Jahren 2001 bis 2005 unter dem Durchschnitt der letzten zwei Jahrzehnte. Diese Dämpfung steht im Einklang mit der Verlangsamung des Wachstums des nominellen Bruttoinlandsproduktes. Dennoch steigerte die Lebensversicherung im Untersuchungszeitraum den Anteil am gesamten Geldvermögen der privaten Haushalte.

Ein weiteres Maß für die Dynamik auf dem Lebensversicherungsmarkt ist die Veränderung der versicherungstechnischen Reserven. In dieser Kennzahl wirkt sich die Steigerung der Prämieneinnahmen und der Kapitalerträge positiv aus, während die Verwaltungs- und Vertriebskosten die Zuweisungen an Versicherte schmälern. Die Branche konnte ihre versicherungstechnischen Rückstellungen jährlich um durchschnittlich 6% ausweiten.

Kosten von Vertrieb und Verwaltung sinken leicht

Die Höhe der Kosten von Vertrieb und Verwaltung wird häufig für den Vergleich der Effizienz von Versicherungsunternehmen herangezogen. Geringe Kostensätze, d. h. ein niedriges Verhältnis der Kosten zu einem Leistungsindikator, zeugen von einem effizient wirtschaftenden Unternehmen. In der österreichischen Versicherungswirtschaft hatten die Kostensätze zwischen 2001 und 2005 einen buckelförmigen Verlauf mit einem Höhepunkt im Jahr 2003. Sie betrugen im Durchschnitt 15,7% der Prämien (2005 14,8%).

Bonität: Kleinere Versicherer stärker abgesichert

In der Lebensversicherung werden gewöhnlich langfristige Verträge abgeschlossen, in denen die Versicherten dem Versicherungsunternehmen Geldbeträge zur Risikoabdeckung und zur Veranlagung überantworten. Sowohl die Risikoabdeckung als auch die Veranlagung erfordern ein entsprechendes Vertrauensverhältnis zwischen Versicherer und Versicherten. Eine wichtige Kennzahl für die Bonität eines Unternehmens ist die Solvabilität (darunter versteht man vereinfachend ein Mindestausmaß an Eigenkapital, das Versicherer halten müssen). Ein Näherungswert für die aufsichtsrechtliche Solvabilitätskennzahl betrug zwischen 2001 und 2005 im Mittel 5,7% und schwankte in dieser Zeitspanne auf der Ebene des Gesamtmarktes kaum. Für einzelne Unternehmen veränderte er sich teilweise dramatisch, wobei kleinere Unternehmen deutlich höhere Bonitätskennzahlen aufweisen als die großen Versicherer. Für eine zweite von der Aktivseite der Unternehmensbilanz ausgehende Bonitätskennzahl gilt eine ähnliche Einschätzung, wobei ein nur schwach signifikanter nicht-linearer Zusammenhang zwischen der Schwankungsintensität der Finanzerträge und dem Ausmaß an Portfolioumschichtungen bestand.

Übersicht 1 zeigt die wichtigsten Kennzahlen jeweils für die drei erstgereihten Unternehmen. Diese Einzelkennzahlen wurden in einen Gesamtindex zusammengefasst, der die Interessen der Versicherten mit jenen der Kapitalgeber zu einem "Stakeholder-Value" zusammenfasst. Dabei steigern hohe Dynamik, hohe Veranlagungsrendite, hohe Eigenkapitalrendite, niedrige Kostensätze und hohe Bonität den Indexwert eines Unternehmens. Die Reihung nach den Einzelkennzahlen ergibt kein eindeutiges Bild, weil immer wieder andere Unternehmen die Spitzenplätze einnehmen. Für die Berechnung des Gesamtindex wurden die fünf Teilkomponenten gleich gewichtet. Eine abweichende Gewichtung verschiebt die Reihung der Unternehmen im Gesamtindex, beeinflusst die Spitzenplätze jedoch nur geringfügig.

Übersicht 1: Leistungskennzahlen der Anbieter klassischer Lebensversicherungen in Österreich

Durchschnitt 2001/2005

  Veränderung der Rück­stellungen in % Kostensatz in %
     
Rang 1P.S.K.-Versicherung1)

23,8

S-Versicherung

8,6

Rang 2S-Versicherung

17,1

UNION Versicherung

9,9

Rang 3Salzburger Versicherung

14,3

HYPO-Versicherung

11,2

     
  Veranlagungs­rendite in % Eigenkapital­rendite in %
     
Rang 1P.S.K.-Versicherung1)

6,9

Donau Versicherung

49,3

Rang 2S-Versicherung

5,5

P.S.K.-Versicherung1)

30,3

Rang 3Vorarlberger Versicherung

5,5

UNION Versicherung

26,4

     
  Bonität in % Gesamtindex
     
Rang 1CALL DIRECT Versicherung

21,6

P.S.K.-Versicherung1)

1,86

Rang 2Tiroler Versicherung

16,5

S-Versicherung

1,49

Rang 3Oberösterreichische Versicherung

15,5

Donau Versicherung

1,43

Q: Finanzmarktaufsicht Österreich, WIFO-Berechnungen. –  1) Frühere P.S.K. Versicherung, die am 1. 9. 2007 mit der BAWAG Versicherung zur BAWAG P.S.K. Versicherung verschmolzen wurde.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der folgenden WIFO-Studie im Auftrag der P.S.K. Versicherung: Thomas Url, Leistungskennzahlen der Anbieter von Lebensversicherungen in Österreich, September 2007, 59 Seiten, 30,00 Euro, Download kostenlos: http://www.wifo.ac.at/wwa/jsp/index.jsp?fid=23923&id=30219&typeid=8&display_mode=2!