14. November 2007 • Anhaltend hohes Wirtschaftswachstum, aber leichte Eintrübung der Stimmung • Ewald Walterskirchen

Laut aktueller WIFO-Schnellschätzung wuchs die österreichische Wirtschaft im III. Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,8% und gegenüber dem Vorjahr um 3,4%. Der Export war weiterhin die tragende Säule des Konjunkturaufschwungs, auch die Investitionen in Maschinen und Elektrogeräte wurden kräftig ausgeweitet. Der private Konsum zeigt dagegen keine Anzeichen einer Belebung. Für das IV. Quartal deutet die Eintrübung der Stimmungsindikatoren auf eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums hin.

Das Wirtschaftswachstum wurde in Österreich im III. Quartal noch nicht durch die internationale Finanzkrise und die Euro-Aufwertung gedämpft. Es betrug nach ersten Schätzungen nahezu unverändert +3,4% gegenüber dem Vorjahr bzw. +0,8% gegenüber dem Vorquartal. Der Export verlor im Jahresverlauf etwas an Schwung, ist jedoch noch immer eine wichtige Konjunkturstütze. Eine weitere tragende Säule sind die Investitionen in Maschinen und Elektrogeräte, dagegen entwickelten sich die Fahrzeug- und Bauinvestitionen im III. Quartal nicht sehr dynamisch. Vor diesem Hintergrund und angesichts der zunehmenden Risken ist fraglich, ob die ambitiösen Investitionspläne der Sachgütererzeugung heuer voll realisiert werden.

Der private Konsum bleibt der Schwachpunkt der Konjunktur. In den ersten drei Quartalen 2007 stiegen die Einzelhandelsumsätze real um 1,3%, weniger als im Vorjahr. Während sich der Absatz einiger wichtiger dauerhafter Konsumgüter (z. B. Möbel) günstig entwickelte, lief der Pkw-Verkauf sehr schleppend: In den ersten drei Quartalen wurden um 4,3% weniger Fahrzeuge neu zugelassen als im Vorjahr. Die hohen Treibstoffpreise dürften hier mit ein Grund gewesen sein. Der Anteil der dieselbetriebenen Pkw sinkt deutlich, weil Dieselkraftstoff nur noch wenig billiger ist als Benzin.

Die Verbraucherstimmung ist wenig optimistisch, allerdings unterschiedlich nach Einkommensgruppen: Während die Haushalte in den oberen zwei Einkommensquartilen die Entwicklung ihrer Finanzlage in den nächsten 12 Monaten durchwegs optimistisch einschätzen, rechnen die Haushalte in den unteren zwei Quartilen mit einem Rückgang des Einkommens. Darin schlägt sich die schwache Realeinkommensentwicklung der letzten Jahre nieder, aber auch die Tatsache, dass der Eingangssteuersatz seit der letzten Steuerreform mit 38 1/3% außerordentlich hoch ist.

2008 werden von den höheren Lohnabschlüssen positive Impulse auf den privaten Konsum ausgehen. Die Lohnrunde für die Metallindustrie brachte um etwa 1 Prozentpunkt höhere Abschlüsse als im vergangenen Jahr. Die Ist-Löhne werden um 3,5% angehoben, dazu kommt eine gewinnabhängige Einmalzahlung (200 Euro oder weniger). Eine deutlich geringere Steigerungsrate als in der Metallindustrie wurde mit +3,1% im Handel vereinbart (für dreimal so viele Beschäftigte). Durch einen Sockelbetrag von +45 Euro werden die niedrigen Gehälter im Handel (Bruttomonatsgehalt unter 1.450 Euro) stärker angehoben.

Übersicht 1: Ergebnisse der WIFO-Schnellschätzung der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

 20062007
 II. QuartalIII. QuartalIV. QuartalI. QuartalII. QuartalIII. Quartal
 Saison- und arbeitstagsbereinigt, Veränderung gegen das Vorquartal in %, real
Verwendung des Bruttoinlandsproduktes      
Konsumausgaben      
  Private Haushalte1)

+0,4

+0,3

+0,4

+0,4

+0,4

+0,5

  Staat

+0,5

+0,5

+0,4

+0,3

+0,4

+2,0

Bruttoinvestitionen

+0,8

+0,8

+0,8

+0,7

+0,5

+0,4

Exporte

+0,9

+2,0

+2,2

+1,7

+0,9

+1,2

Importe

+1,4

+1,6

+1,6

+1,1

+0,4

+1,0

Bruttoinlandsprodukt

+0,8

+0,8

+0,8

+1,0

+0,7

+0,8

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt nach Wirtschaftsbereichen

 

 

 

 

 

 

Land- und Forstwirtschaft

–0,2

+0,1

+0,1

–0,4

–1,0

–0,6

Produzierender Bereich2)

+1,8

+1,7

+2,2

+1,7

+1,3

+1,3

Bauwesen

+1,1

+1,3

+1,1

+0,7

+0,5

+0,5

Handel, Gastgewerbe und Verkehr

+0,4

+0,3

+0,5

+0,5

+0,5

+0,4

Vermögens- und Unternehmensdienstleistungen3)

+0,6

+0,6

+0,8

+1,1

+1,2

+1,0

Sonstige Dienstleistungen4)

+0,1

+0,2

+0,1

–0,0

+0,3

+0,6

Gütersteuern

+0,1

+0,3

+0,5

+0,6

+0,3

+0,1

Gütersubventionen

+2,1

+1,1

+0,3

–0,6

–0,0

+0,5

       
 Veränderung gegen das Vorjahr in %
       
Bruttoinlandsprodukt, real

+2,8

+3,0

+3,4

+3,6

+3,3

+3,4

Q: WIFO. –  1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. –  2) Bergbau, Sachgütererzeugung, Energie- und Wasserversorgung. –  3) Kreditinstitute und Versicherungen, Grundstücks- und Wohnungswesen. –  4) Öffentliche Verwaltung, Landesverteidigung, Sozialversicherung, private Dienstleistungen.

Wieweit die Lohnabschlüsse eine Ausweitung des privaten Konsums ermöglichen, hängt vor allem von der Inflationsentwicklung ab. Hier haben die Risken zugenommen. Das Barrel Rohöl notierte im November erstmals über 95 $, politische Turbulenzen (Irak-Türkei) hatten spekulative Käufe zur Folge. Auch die Nahrungsmittelpreise treiben die Inflation an. Molkereiprodukte und Eier waren im September auf der Verbraucherebene um 11% teurer als im Vorjahr, Brot und Getreideerzeugnisse um fast 5%. Insgesamt trugen Nahrungsmittel ein Fünftel zur Gesamtinflation (2,1% im September) bei.

Auf dem Arbeitsmarkt hielt die günstige Entwicklung im Oktober an. Die Zahl der Arbeitsplätze war um 1,8% höher als ein Jahr zuvor, und die Arbeitslosenquote ging leicht zurück (–0,4 Prozentpunkte), obwohl die Schulungen stark eingeschränkt wurden. Die Zahl der offenen Stellen als Vorlaufindikator steigt jedoch von Monat zu Monat weniger, im Oktober war sie nur wenig höher als im Vorjahr. Das könnte auf eine Abschwächung der Konjunktur hindeuten.

Die WIFO-Unternehmensumfragen zeigen, dass die Stimmung in der Wirtschaft ihren Höhepunkt überschritten hat. Die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage verschlechterte sich in den vergangenen Monaten leicht, aber kontinuierlich. In der Sachgütererzeugung lag der Anteil jener Unternehmen, die ihre Produktion in den letzten drei Monaten erhöhten, im Oktober erstmals seit eineinhalb Jahren unter der 30%-Marke. Die Kapazitätsauslastung sank seit Sommer um 1 Prozentpunkt auf 85%, und die Einschätzung der Auftragslage ist bereits seit Jahresbeginn leicht rückläufig. Die Unternehmen bezeichnen die aktuelle Situation zwar weiterhin als gut, der Indikator geht aber von Monat zu Monat etwas zurück. Im IV. Quartal ist deshalb mit einem schwächeren Produktionswachstum zu rechnen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 11/2007!