7. September 2007 • Turbulenzen auf den Finanzmärkten, österreichische Konjunktur bleibt robust • Sandra Steindl

Die Immobilienkrise in den USA löste auf den Finanzmärkten Turbulenzen aus. In Österreich ist die Konjunktur weiterhin dynamisch. Die heimische Wirtschaft expandierte im II. Quartal um Saison- und Arbeitstagseffekte bereinigt gegenüber der Vorperiode real um 0,9%. Wachstumstreiber waren abermals die Sachgütererzeugung und der Außenhandel. Im Euro-Raum deuten trotz der Wachstumseinbußen im II. Quartal die Vorlaufindikatoren auf ein Anhalten der robusten Expansion hin.

Gemäß der revidierten Berechnung wuchs die österreichische Wirtschaft im II. Quartal real saison- und arbeitstagsbereinigt gegenüber der Vorperiode um 0,9% (nach ebenfalls 0,9% im I. Quartal). Im Vorjahresvergleich betrug das Wachstum 3,5%.

Die anhaltend starke Industriekonjunktur sowie die Exportwirtschaft liefern nach wie vor wichtige Wachstumsimpulse: Die Ausfuhr von Waren stieg gegenüber dem Vorquartal um 0,9%, die Importe nahmen um 0,6% zu. Die internationalen Rahmenbedingungen sind für den Außenhandel günstig. Nach einem schwachen Jahresbeginn wuchs die Wirtschaft der USA im II. Quartal wieder dynamischer, vor allem die Investitionskonjunktur gewann an Schwung. Die Schwäche auf dem Immobilienmarkt birgt jedoch weiterhin ein Risiko sowohl für die USA als auch für Europa. Trotz der Wachstumsverlangsamung im II. Quartal und der Turbulenzen auf den Finanzmärkten deuten Vorlaufindikatoren auf ein Anhalten der robusten Entwicklung in Europa hin.

Auch in Österreich hält die gute Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte an, wie die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests vom August zeigen. Die nach wie vor ausgezeichnete Auftragslage aus dem In- und Ausland sorgt für kräftige Impulse. Die Industrie expandiert weiterhin dynamisch, doch dürfte das Wachstum seinen Höhepunkt bereits überschritten haben. Im II. Quartal überstieg die Wertschöpfung der Sachgütererzeugung das Niveau der Vorperiode real um 1,5% (nach +2,1% im I. Quartal). Auch in der Bauwirtschaft blieb die Wachstumsrate (II. Quartal +0,6% gegenüber der Vorperiode) unter dem wegen des milden Winters hohen Wert vom Jahresbeginn (I. Quartal +0,9%). Die Wertschöpfung in den Vermögens- und Unternehmensdienstleistungen expandierte stärker als zu Jahresbeginn.

Die Kapazitätsauslastung erreichte in der Sachgütererzeugung im Juli mit 85,3% einen neuen Höchstwert. Aufgrund von Kapazitätsengpässen sowie der guten Gewinnsituation war der Bedarf der Unternehmen an Erweiterungsinvestitionen (Maschinen und Elektrogeräte) im II. Quartal anhaltend hoch. Weil die Nachfrage nach Fahrzeuginvestitionen aber rückläufig war, stiegen die Ausrüstungsinvestitionen im II. Quartal insgesamt mit +0,8% gegenüber dem Vorquartal nur verhalten. Günstig entwickelten sich die Bauinvestitionen (+1% gegenüber der Vorperiode), vor allem im Nichtwohnbau.

Übersicht 1: Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

 2005200620062007
   I. QuartalII. QuartalIII. QuartalIV. QuartalI. QuartalII. Quartal
   Veränderung gegen das Vorquartal in %
Real, saison- und arbeitstägig bereinigt

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

 

 

+0,5

+0,4

+0,4

+0,3

+0,3

+0,4

  Private Haushalte1)

 

 

+0,5

+0,4

+0,4

+0,4

+0,3

+0,4

  Staat

 

 

+0,6

+0,5

+0,4

+0,3

+0,1

+0,2

Bruttoinvestitionen

 

 

+0,6

+0,9

+1,1

+1,1

+1,1

+0,7

  Bruttoanlageinvestitionen

 

 

+0,4

+1,1

+1,5

+1,5

+1,4

+0,9

  Ausrüstungen

 

 

+0,5

+0,2

+0,1

+1,0

+0,9

+0,8

  Bauten

 

 

+1,2

+1,8

+2,1

+1,9

+1,3

+1,0

Exporte

 

 

+1,6

+1,7

+2,0

+2,1

+1,6

+1,3

  Waren

 

 

+2,7

+0,5

+2,0

+2,4

+1,5

+0,9

  Dienstleistungen

 

 

+1,5

+1,6

+1,7

+1,6

+1,6

+1,6

Importe

 

 

+0,9

+1,3

+1,6

+1,5

+0,9

+0,5

  Waren

 

 

+1,4

+1,4

+1,4

+1,6

+1,5

+0,6

  Dienstleistungen

 

 

+1,3

+1,7

+1,6

+0,9

+0,2

+0,3

Bruttoinlandsprodukt

 

 

+0,7

+0,8

+0,8

+0,8

+0,9

+0,9

Sachgütererzeugung

 

 

+2,4

+2,0

+2,0

+2,5

+2,1

+1,5

         
 Veränderung gegen das Vorjahr in %
Real, berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen

 

 

 

 

 

 

Konsumausgaben insgesamt

+2,0

+2,1

+2,1

+2,4

+1,9

+1,9

+1,1

+1,5

  Private Haushalte1)

+2,0

+2,1

+2,2

+2,5

+1,7

+1,9

+1,1

+1,6

  Staat

+1,9

+2,1

+2,0

+2,1

+2,4

+2,0

+1,0

+1,1

Bruttoinvestitionen

–1,3

+3,7

+7,8

+1,9

+4,6

+1,4

+12,2

+3,4

  Bruttoanlageinvestitionen

+0,3

+3,8

+6,8

+1,0

+4,4

+3,8

+9,6

+5,5

  Ausrüstungen

+1,0

+1,5

+6,9

+2,5

+1,6

–4,1

+7,5

+3,8

  Bauten

+0,1

+5,1

+7,0

+0,1

+6,0

+7,8

+12,6

+6,4

Exporte

+6,2

+7,5

+9,7

+6,0

+5,8

+8,4

+7,9

+6,8

  Waren

+6,3

+7,9

+11,9

+4,8

+6,6

+8,6

+9,1

+5,9

  Dienstleistungen

+6,2

+6,4

+4,6

+9,6

+3,7

+8,1

+4,8

+9,5

Importe

+5,0

+5,6

+8,6

+4,1

+4,6

+5,6

+8,0

+3,2

  Waren

+5,7

+5,5

+9,6

+3,9

+4,8

+4,1

+9,2

+3,5

  Dienstleistungen

+2,6

+6,1

+4,6

+4,7

+3,9

+10,9

+2,5

+1,6

Bruttoinlandsprodukt

+2,0

+3,3

+4,1

+2,8

+3,0

+3,4

+3,5

+3,5

Sachgütererzeugung

+3,2

+8,8

+11,8

+6,1

+7,8

+10,0

+8,7

+8,4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, nominell

+3,9

+5,1

+5,3

+4,9

+4,9

+5,3

+6,1

+6,1

Q: WIFO. –  1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.

Der Konsum der privaten Haushalte wächst nach wie vor mäßig (+0,4% gegenüber dem Vorquartal, real +1,6% gegenüber dem Vorjahr). Während der Einzelhandel im Durchschnitt des 1. Halbjahres einen relativ guten Geschäftsgang verzeichnete, verlief der Kfz-Handel weiterhin schwach. Laut der WIFO-Konjunkturumfrage vom August erwarten die Verbraucher für die nächsten 12 Monate zwar eine anhaltend gute Wirtschaftsentwicklung sowie eine weitere Entspannung auf dem Arbeitsmarkt. Allerdings erhoffen sie sich davon kaum eine wesentliche Besserung ihrer eigenen Finanzlage. Gleichzeitig haben die Inflationserwartungen der privaten Haushalte für die kommenden zwölf Monate ein so hohes Niveau erreicht wie zuletzt im Sommer 2001 vor der Bargeld-Einführung des Euro. In den letzten Monaten sorgte vor allem die Verteuerung von Energie und Nahrungsmitteln für weiteren Preisauftrieb, die Inflationsrate stieg im Juli auf 2,1%.

Abbildung 1: Entwicklung des realen Bruttoinlandsproduktes

Veränderung gegen das Vorjahr bzw. Vorquartal in %

Q: WIFO.

Die anhaltend gute Konjunkturlage schlug sich abermals in einem Zuwachs der Beschäftigung nieder (August +51.300 gegenüber dem Vorjahr). Nach österreichischer Berechnungsmethode lag die Arbeitslosenquote im August bei 5,3% und damit um 0,3 Prozentpunkte unter dem Vergleichswert des Vorjahres; gemäß Eurostat-Berechnung betrug sie saisonbereinigt 4,3%.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 9/2007!