30. November 2006 • WIFO-Weißbuch: Moderne Verbriefungstechniken stärken kleine und mittlere Unternehmen • Franz R. Hahn

Die Verbriefung von Forderungen kleiner und mittlerer Unternehmen durch entsprechende Zweckgesellschaften würde den für die österreichische Wirtschaft so wichtigen Kleinbetrieben nicht nur neue, zum Bankkredit alternative Finanzierungsquellen, sondern auch neue, bisher nur Großunternehmen zugängliche Möglichkeiten der Risikosteuerung erschließen.

Moderne Verbriefungstechniken können strukturbedingte Nachteile der kleinen und mittleren Unternehmen im Wachstumsprozess mildern. Diese neuen Finanztechniken ermöglichen die Umwandlung gleichartiger illiquider Aktiva (z. B. Hypothekardarlehen, Unternehmenskredite, Lieferantenkredite usw.) in handelbare Wertpapiere. Dabei werden die Forderungen an eigens für diese Transaktionen gegründete Zweckgesellschaften verkauft. Diese finanzieren den Forderungsankauf durch die Emission von Wertpapieren, die auf organisierten Kapitalmärkten, wie z. B. Börsen, gehandelt werden können. Das mittelfristige Verbriefungspotential wird in Österreich auf etwa 100 Mrd. Euro geschätzt, dies entspricht der gegenwärtigen Börsenkapitalisierung in Österreich.

Moderne Verbriefungstechniken ermöglichen beispielsweise jenen Kleinunternehmen, die enge und langfristige Zulieferbeziehungen zu großen Unternehmen unterhalten (z. B. in der Automobilindustrie), am Rating dieser Großunternehmen zu partizipieren. Sie können sich durch den Verkauf dieser Forderungen an Zweckgesellschaften zu ähnlich günstigen Kapitalmarktbedingungen refinanzieren wie die entsprechenden Großunternehmen. Darin liegt gerade für Unternehmen im Familienbesitz der besondere Reiz dieser modernen Verbriefungstechnik. Mittelständische Unternehmen scheuen häufig den Kapitalmarkt wegen zu hoher Publizitätsanforderungen. Die Verbriefung von Forderungen ermöglicht diesen Unternehmen einen Zugang zu kostengünstiger Kapitalmarktfinanzierung ohne externes Rating.

Für Banken liegen die Vorteile von modernen Verbriefungstechniken in der Verbesserung der Risikosteuerung, im leichteren Liquiditätszugang, in der Eigenmittelentlastung, in der Verbreiterung des Produktangebotes sowie in der Erweiterung der Investitionsmöglichkeiten.

Moderne Verbriefungstechniken bieten einen attraktiven Weg zur weiteren Stärkung des heimischen Kapitalmarktes und zur Verbreiterung des inländischen Angebotes an marktfähigen Wertpapieren. Inländische Investoren würden durch die Möglichkeit der verstärkten Veranlagung in heimische Wertpapiere, die ihren spezifischen Ertrags- und Risikopräferenzen besser entsprechen als die traditionellen Kapitalmarktpapiere, profitieren.

Gesamtwirtschaftlich wirken moderne Verbriefungsprodukte durch breitere Risikostreuung tendenziell systemstabilisierend.

Franz R. Hahn, WIFO-Weißbuch: Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation. Teilstudie 5: Der Einfluss der Finanz- und Kapitalmarktsysteme, WIFO-Studie im Auftrag von Wirtschaftskammer Österreich, Bundesarbeitskammer, Österreichischem Gewerkschaftsbund und Landwirtschaftskammer Österreich, mit finanzieller Unterstützung von Oesterreichischer Nationalbank, Androsch International Consulting, Investkredit, Gewerkschaft Metall – Textil, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Oberbank AG, D. Swarovski & Co, Rauch Fruchtsäfte Ges.m.b.H., November 2006, 49 Seiten, 40 Euro, Download 32 Euro: http://publikationen.wifo.ac.at/pls/wifosite/wifosite.wifo_ search.get_abstract_type?p_language=1&pubid=27444