30. November 2006 • WIFO-Weißbuch: Belebung der Inlandsnachfrage • Ewald Walterskirchen

In Österreich blieben die Ausrüstungsinvestitionen trotz der Investitionszuwachsprämie 2000/2006 deutlich hinter der längerfristigen Entwicklung zurück (+0,6% p. a.), und auch der private Konsum, der gewöhnlich konjunkturstabilisierende Wirkung hat, wuchs um nur 1,3% p. a. Das WIFO-Weißbuch empfiehlt, den privaten Konsum der unteren Einkommenschichten zu stützen und Zukunftsinvestitionen (in den Bereichen Energie, Umweltschutz, Software) durch eine Prämie zu fördern.

  • Die Einkommenssituation der unteren Einkommenschichten (mit einem Durchschnittseinkommen von rund 1.200 Euro pro Monat) sollte verbessert werden. Die Effekte einer Nettoeinkommensteigerung in diesem Bereich sind deutlich höher als in den oberen Einkommenschichten. Eine Entlastung im unteren Einkommensdrittel um 1 Mrd. Euro erhöht das BIP um ½%.

  • Da niedrige Einkommen lohnsteuerfrei sind, kann eine Anhebung der Nettoeinkommen im unteren Drittel primär nur durch eine Verringerung der Lohnnebenkosten erfolgen. Das WIFO schlägt vor, durch eine Umstellung der Freigrenze vom 333 Euro pro Monat auf einen Freibetrag die Sozialversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen (mit Einschleifregelung) zu senken. Auch könnte die Negativsteuer erhöht oder in eine Prämie bei Aufnahme einer Beschäftigung umgewandelt werden. Diese Maßnahmen würden nicht nur entsprechende Einkommens- und Konsumeffekte auslösen, sondern auch einen höheren Anreiz für Arbeitslose bilden, eine schlechter bezahlte Stelle anzunehmen.

  • Eine Herabsetzung der Einkommensobergrenzen bzw. eine Verpflichtung zur Rückzahlung der Förderung bei Überschreiten einer bestimmten Einkommensgrenze wäre im geförderten Wohnbau zu überlegen, ebenso die Einführung von Einkommensobergrenzen für die staatliche Förderung der privaten Pensionsvorsorge.

  • In einer Zeit zu hoher Ersparnisbildung sollten die Sparförderung reduziert und die Kredite von der Kreditgebühr entlastet werden. Der Zugang zu Konsumkrediten würde durch die Abschaffung der Kreditsteuer erleichtert.

Schwieriger ist es, die Investitionsnachfrage dauerhaft zu beeinflussen, denn sie unterliegt in besonderem Maß dem Einfluss von Stimmungsfaktoren. Vertrauen in die Zukunft zu schaffen gelingt dann am ehesten, wenn ein glaubwürdiges und konsensuales Reformmodell verwirklicht werden kann. Das WIFO schlägt eine auf bestimmte Bereiche (Energiesparen, Umweltschutz, Software) beschränkte Investitionsprämie vor.

Die wichtigste Determinante der Investitionstätigkeit ist die Kapazitätsauslastung. Sie lag in den letzten fünf Jahren unter dem langfristigen Durchschnitt von 82% und zog erst 2006 an. Wenn die Auslastung durch eine Ausweitung von Exportförderung und Infrastrukturausgaben nachhaltig gesteigert werden kann, wirkt das auch auf die Investitionstätigkeit positiv. Darüber hinaus können alle standortpolitischen Maßnahmen die Rahmenbedingungen für Investitionen verbessern.

Markus Marterbauer (Koordination), Serguei Kaniovski, Kurt Kratena, Michael Wüger, WIFO-Weißbuch: Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation. Teilstudie 11: Maßnahmen zur Belebung der privaten Inlandsnachfrage, WIFO-Studie im Auftrag von Wirtschaftskammer Österreich, Bundesarbeitskammer, Österreichischem Gewerkschaftsbund und Landwirtschaftskammer Österreich, mit finanzieller Unterstützung von Oesterreichischer Nationalbank, Androsch International Consulting, Investkredit, Gewerkschaft Metall – Textil, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Oberbank AG, D. Swarovski & Co, Rauch Fruchtsäfte Ges.m.b.H., November 2006, 30 Seiten, 40 Euro, Download 32 Euro: http://publikationen.wifo.ac.at/pls/wifosite/wifosite.wifo_search. get_abstract_type?p_language=1&pubid=27450