17. November 2006 • WIFO-Weißbuch: Unternehmensgründungen und Unternehmenswachstum • Werner Hölzl

Die Gründungsaktivitäten entsprechen in Österreich – soweit die Datenlage dies erkennen lässt – etwa dem Niveau anderer europäischer Länder: Zwischen 1995 und 2004 wurden jährlich etwa im Ausmaß von 10% der Betriebe neue Unternehmen gegründet. Darauf gehen jährlich etwa 35% der neu geschaffenen Arbeitsplätze für Unselbständige zurück; dies entspricht rund 3,5% aller unselbständig Beschäftigten im privatwirtschaftlichen Sektor. Allerdings werden zum überwiegenden Teil Klein- und Kleinstunternehmen neu gegründet. Ihre Schließungswahrscheinlichkeit ist hoch. Die Schließungsquoten erreichen ähnliche Dimensionen wie die Gründungsquoten, ebenso die Zahl der durch Schließungen zerstörten Arbeitsplätze. Diese Zahlen zeigen, dass die österreichische Wirtschaft dynamischer ist als oft angenommen. Allerdings wachsen die meisten Unternehmen im Durchschnitt langfristig nur mäßig.

Innovative Unternehmensgründungen steigern

Innovative Gründungen benötigen hochqualifizierte und flexible Arbeitskräfte, unternehmerische Qualifikationen und unternehmerische Visionen. Die Rahmenbedingungen dafür müssen im Bildungs- und universitären Bereich geschaffen werden:

  • Die Entrepreneurship Education soll in allen Bildungsstufen, insbesondere den Universitäten verankert werden.

  • Die positiven Ansätze der Reform des tertiären Bildungsbereichs müssen weitergeführt und vertieft werden.

  • Die Bildungsbeteiligung im tertiären Sektor (Universität, Fachhochschule) soll gesteigert werden, gekoppelt an eine Erhöhung der Mittel für das tertiäre Bildungssystem.

  • In der tertiären Bildung soll allgemeinen und fachfremden Qualifikationen höhere Bedeutung als bisher eingeräumt werden, um die Fähigkeiten, unterschiedliches Wissen zu aufzunehmen und anzuwenden, zu stärken und die Absolventen auf den flexiblen Arbeitsmarkt (einschließlich Gründung eines eigenen Unternehmens) besser vorzubereiten.

Reduktion von Gründungskosten und -dauer

Es muss möglich gemacht werden, ein Unternehmen an einem Tag zu gründen. Die Gründungskosten und -dauer – insbesondere für Kapitalgesellschaften – sollen deutlich sinken. Die Gründungsdauer liegt für eine Ges.m.b.H. in Österreich mit 29 Tagen deutlich über dem Durchschnitt der EU 15.

Schließungen sind das Spiegelbild von Gründungen, denn Scheitern gehört zum Unternehmertum. Deshalb sollen die Kosten von Insolvenzen und insbesondere das mit Insolvenzen verbundene soziale Stigma nachhaltig reduziert werden.

Für eine wettbewerbsorientierte Regulierung der freien Berufe und gebundenen Gewerbe

Die Regulierung der "freien" Berufe in Österreich zählt europaweit noch immer zu den restriktivsten. Die wettbewerbsbeschränkenden Marktzutritts- und Verhaltensregulierungen dienen oft mehr der Sicherung von Renten als der notwendigen Qualitätssicherung und behindern gleichzeitig Innovationspotentiale. Daher sollten Marktzutrittsbeschränkungen, Vorbehaltsaufgaben und überkommene Regulierungen in den freien Berufen und regulierten Gewerben sorgfältig geprüft werden.

Werner Hölzl (Koordination), Peter Huber, Serguei Kaniovski, Michael Peneder, WIFO-Weißbuch: Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation. Teilstudie 20: Neugründung und Entwicklung von Unternehmen, WIFO-Studie im Auftrag von Wirtschaftskammer Österreich, Bundesarbeitskammer, Österreichischem Gewerkschaftsbund und Landwirtschaftskammer Österreich, mit finanzieller Unterstützung von Oesterreichischer Nationalbank, Androsch International Consulting, Investkredit, Gewerkschaft Metall – Textil, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Oberbank AG, D. Swarovski & Co, Rauch Fruchtsäfte Ges.m.b.H., November 2006, 75 Seiten, 40 Euro, Download 32 Euro: http://publikationen.wifo.ac.at/pls/wifosite/wifosite.wifo_search.get_abstract_type?p_language=1&pubid=27459