7. Juni 2006 • Weltwirtschaft wächst rascher – hohe Unsicherheit über Erdölpreis und Wechselkurse . Mittelfristige Prognose der Weltwirtschaft bis 2010 • Stephan Schulmeister

Der Welthandel wird bis 2010 um fast 7% und die Weltproduktion um etwa 4½ pro Jahr wachsen, merklich rascher als zwischen 2000 und 2005. Unter den Industrieländern wird die Wirtschaft in den USA weiterhin eine höhere Steigerungsrate (+3,1%) erreichen als in der EU 25 (+2,1%). Am schwächsten dürfte die Dynamik in Japan (+1,5%), Deutschland (+1,3%) und Italien (+1,2%) ausfallen. Von den "emerging market economies" werden China (+8,0%) und Indien (+7,1%) weiterhin die größte Dynamik entfalten. Auch die OPEC-Länder und Russland (jeweils (+5,2%) dürften ein kräftiges Wirtschaftswachstum erreichen, gefördert durch anhaltend hohe Erdölpreise.

Die größten Unsicherheitsfaktoren einer mittelfristigen Prognose der Weltwirtschaft sind die Entwicklung der Wechselkurse (insbesondere zwischen Euro und Dollar) und jene der Erdölpreise. Für die vorliegende Prognose geht das WIFO von folgenden Annahmen aus: Der Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar sinkt bis 2007 auf 1,12 $ und steigt danach auf 1,24 $, der Erdölpreis (Brent) liegt bis 2008 bei annähernd 62 $ je Barrel und erhöht sich bis 2010 auf 67 $.

Die Exporte der Industrieländern dürften bis 2010 um 6,6% pro Jahr zunehmen und damit etwas rascher als die Importe (+6,0%). Dazu trägt die Kaufkraftverschiebung zugunsten der erdölexportierenden Länder wesentlich bei, deren Importe deshalb viel rascher expandieren werden als die Exporte. Wegen der anhaltenden Unterbewertung des Dollars werden die USA ihre Exporte unter allen Industrieländern am stärksten steigern (+9,9% pro Jahr), wesentlich rascher wachsen als die Importe (+5,5%). Diese Differenz reicht allerdings nicht aus, um das exorbitant außerordentlich hohe Leistungsbilanzdefizit deutlich zu verringern.

Zusätzlich schätzt das WIFO in Alternativszenarien, wieweit eine vom Basisszenario abweichende Entwicklung von Erdölpreis und Euro-Dollar-Kurs die Dynamik der Weltwirtschaft verändern würde. Eine sprunghafte Verteuerung von Erdöl auf 100 $ je Barrel (Szenario 1) würde das Weltwirtschaftswachstum kurzfristig (bis 2007) um 0,7, und mittelfristig (bis 2010) um 0,2 Prozentpunkte pro Jahr verlangsamen. Der Effekt einer sprunghaften Aufwertung des Euro auf 1,50 $ Szenario 2) würde nur –0,1 Prozentpunkt pro Jahr ausmachen, in Deutschland allerdings –0,3 Prozentpunkte. Am stärksten würde die Dynamik der Weltwirtschaft durch einen langsamen, aber stetigen Anstieg des Euro-Dollar-Kurses und der Erdölpreise beeinträchtigt (Szenario 3).

Übersicht 1: Entwicklung der Weltwirtschaft

 Ø 1981/
1985
Ø 1986/
1990
Ø 1991/
1995
Ø 1996/
2000
Ø 2001/
2005
200520062007200820092010Ø 2006/
2010
             
Wechselkurse$ je Euro

0,91

1,14

1,24

1,10

1,09

1,24

1,16

1,12

1,16

1,20

1,24

1,18

Zinssätze, kurzfristig

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Dollarbasisin %

10,1

6,8

4,3

5,1

2,1

3,1

4,6

4,4

4,0

4,3

4,9

4,4

  Euro-Basisin %

8,6

6,2

8,0

4,0

2,8

2,2

3,3

5,3

5,9

5,6

5,1

5,0

Erdölpreis Brent$ je Barrel

31,2

18,0

17,9

19,7

34,2

54,4

62,0

60,0

62,0

64,0

67,0

63,0

LeistungsbilanzsaldenMrd. $

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  USA

–50,3

–121,5

–73,5

–239,2

–571,6

–805,4

–876,8

–873,6

–883,9

–897,7

–892,4

–884,9

  Japan

23,6

72,5

111,2

103,1

132,8

154,9

140,0

171,5

185,3

205,3

220,6

184,5

  Deutschland

–20,6

9,6

–26,0

–18,8

63,4

111,8

106,0

128,2

122,8

120,1

117,8

119,0

  Russland

–2,5

–2,5

5,3

16,5

49,0

86,8

95,9

79,8

68,8

71,9

80,3

79,3

  OPEC

11,5

–1,0

–19,1

32,1

113,4

251,4

318,5

287,6

256,5

199,1

175,7

247,5

             
 Ø 1980/
1985
Ø 1985/
1990
Ø 1990/
1995
Ø 1995/
2000
Ø 2000/
2005
200520062007200820092010Ø 2005/
2010
 Jährliche Veränderung in %
             
Weltproduktion (BIP)

+2,7

+3,8

+2,7

+3,8

+3,9

+4,7

+4,8

+4,4

+4,6

+4,3

+3,7

+4,4

Industrieländer

+2,4

+3,4

+2,0

+3,3

+2,2

+2,7

+2,7

+2,2

+2,1

+2,4

+2,3

+2,3

  USA

+3,2

+3,3

+2,5

+4,1

+2,5

+3,5

+3,3

+2,8

+2,9

+3,4

+3,3

+3,1

  Japan

+3,1

+4,8

+1,4

+1,0

+1,4

+2,5

+2,1

+1,5

+1,5

+1,4

+1,2

+1,5

  EU25

+1,7

+2,4

+2,1

+1,7

+2,1

+2,0

+2,1

  Euroraum

+1,4

+3,2

+1,8

+2,7

+1,4

+1,5

+2,3

+1,8

+1,3

+1,7

+1,7

+1,8

  Deutschland

+1,1

+3,4

+1,6

+2,0

+0,7

+1,1

+2,0

+1,2

+1,1

+1,4

+0,9

+1,3

  Neue EU-Länder

+4,0

+3,7

+4,4

+3,6

+4,2

+4,2

+4,6

+4,6

+4,3

Russland

+3,0

+1,3

–9,1

+1,6

+6,3

+6,2

+5,7

+4,4

+5,2

+5,5

+5,1

+5,2

China

+10,7

+7,9

+12,3

+8,6

+9,5

+9,9

+9,4

+9,4

+9,4

+6,9

+5,0

+8,0

OPEC

–0,1

+2,8

+4,1

+2,1

+4,0

+6,1

+4,8

+5,0

+6,0

+5,6

+4,8

+5,2

Afrika

+2,2

+2,7

+1,5

+3,7

+3,7

+4,6

+4,7

+3,7

+4,6

+4,3

+4,3

+4,3

Lateinamerika

+0,3

+1,9

+4,3

+2,6

+2,5

+4,6

+4,3

+3,3

+4,4

+3,9

+3,5

+3,9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Welthandel, Exporte

+4,1

+6,9

+6,7

+7,4

+4,4

+6,8

+7,3

+7,1

+6,7

+6,7

+5,8

+6,7

Industrieländer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Exporte

+4,5

+6,4

+6,2

+8,0

+3,4

+5,2

+7,1

+6,9

+6,3

+6,8

+6,0

+6,6

  Importe

+3,5

+7,9

+5,6

+9,1

+4,1

+6,0

+6,4

+5,6

+5,8

+6,3

+5,7

+6,0

USA

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Exporte

–0,7

+10,9

+7,7

+7,9

+1,3

+7,1

+7,0

+9,7

+11,0

+11,3

+10,5

+9,9

  Importe

+8,4

+5,4

+7,8

+11,9

+4,4

+6,7

+5,3

+5,6

+6,3

+6,0

+4,4

+5,5

Q: Oxford Economic Forecasting, WIFO.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 5/2006!