16. Mai 2006 • Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt regional differenziert • Thomas Leoni

Geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt sind regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Am Beispiel Oberösterreichs zeigt sich, dass die heterogenen geographischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen auf Bezirksebene die Arbeitsmarktstellung der Frauen besonders prägen.

In der Folge variiert die Erwerbsbeteiligung der Frauen im Haupterwerbsalter in den verschiedenen oberösterreichischen Bezirken viel mehr als die der Männer. Auch für die Arbeitslosenquote der Frauen ergibt sich in den einzelnen Bezirken eine größere Bandbreite als für die der Männer.

Anders als Männer sind Frauen nicht oder nur begrenzt in der Lage, durch Pendeltätigkeit die Erwerbsmöglichkeiten außerhalb ihres Wohnbezirkes zu nutzen, weil sie aufgrund von Betreuungspflichten in ihrer regionalen Mobilität eingeschränkt und damit stärker an den lokalen Arbeitsmarkt gebunden sind. In jenen Regionen, in denen durch Erwerbspendeln der stärkste Ausgleich regionaler Einkommensdisparitäten erfolgt, sind Frauen besonders benachteiligt. Dies macht sich besonders dort bemerkbar, wo das Auspendeln lange Wegzeiten erfordert – die Bezirke mit einem hohen Anteil der Pendler mit langen Wegzeiten weisen einen niedrigen Anteil an Erwerbspendlerinnen und eine besonders ausgeprägte Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern auf.

Frauen reagieren mit ihrer Mobilitätsentscheidung auf die regionalen Bedingungen, indem sie aus Regionen, in denen für sie günstige Rahmenbedingungen fehlen, abwandern. Das Wanderungsverhalten kann auch als Indikator für die Qualität des Standortes aus der Perspektive der Frauen betrachtet werden. Der Anteil der Frauen an den 20- bis 64-Jährigen schwankt zwischen den Bezirken, er ist dort am höchsten, wo die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt (Erwerbsbeteiligung, Arbeitslosigkeit, Einkommen) am geringsten ist (Linz, Wels). Umgekehrt sind die Bezirke mit dem niedrigsten Frauenanteil (vor allem Rohrbach und Freistadt) jene, die durch große geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich Arbeit, Bildung und Mobilität charakterisiert sind. Dieser Befund lässt vermuten, dass Frauen häufiger als Männer wegen der Ausbildung oder des Berufs ihren ursprünglichen Wohnort verlassen und im weiteren Verlauf nicht oder erst später dorthin zurückkehren.

Angesichts dieses komplexen Zusammenhangs sollte die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt auf mehreren Handlungsebenen gefördert werden. Entsprechende soziale und Infrastrukturrahmenbedingungen können es Frauen erleichtern, den Ansprüchen von Familie und Beruf gerecht zu werden. Eine zentrale Rolle nimmt hier die Gestaltung der Betreuungsmöglichkeiten insbesondere für Kleinkinder ein. Die Bedürfnisse der Frauen zu berücksichtigen, ist demnach nicht nur ethisch notwendig und ökonomisch zur optimalen Allokation der Humankapitalressourcen sinnvoll, sondern auch Aufgabe einer nachhaltigen Regionalpolitik.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 4/2006!