10. März 2006 • Österreichs Wirtschaft im IV. Quartal 2005 um 0,7% gewachsen • Marcus Scheiblecker

Die Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des WIFO bestätigten die Berechnungen der jüngsten WIFO-Schnellschätzung: Zum Jahresausklang wuchs das um Saison- und Arbeitstagseffekte bereinigte Bruttoinlandsprodukt in Österreich gegenüber der Vorperiode real um 0,7%. Für das gesamte Jahr 2005 ergibt sich ein Wirtschaftswachstum von 1,9%. Die Entwicklung gewann im Jahresverlauf zwar an Dynamik, erreichte aber noch nicht die Kraft typischer Aufschwungphasen in der Vergangenheit.

Das heimische Wirtschaftswachstum beschleunigte sich im IV. Quartal 2005 auf 0,7%, nachdem es im III. Quartal bei 0,6% gelegen war. Deutlich expandierte weiterhin die Nachfrage aus dem Ausland, jedoch verlor sie gegen Jahresende leicht an Schwung. Hingegen verstärkte sich die Nachfrage nach Investitionen etwas. Ihr Wachstum entspricht aber noch nicht dem in einem typischen Konjunkturaufschwung. Eine Belebung der Konsumausgaben der privaten und öffentlichen Haushalte ist noch immer nicht zu verzeichnen, sie stiegen weiter mäßig.

Für das gesamte Jahr 2005 betrug das Wachstum der Exporte i. w. S. real 3,8%. Es blieb damit deutlich unter dem hervorragenden Ergebnis von 2004 (+9%). Die Güterausfuhr als wichtigste Außenhandelskomponente wurde real um 3,2% gesteigert. Sie wuchs (bereinigt um Saison- und Arbeitstagseffekte) im IV. Quartal gegenüber der Vorperiode real um 1,8%, etwas langsamer als im III. Quartal (+2,1%). Die Ausfuhr von Dienstleistungen erhöhte sich im Jahr 2005 insgesamt um 5,4%; dabei war die Zunahme für die sonstigen Dienstleistungen höher als für den Tourismusexport.

Die Einfuhr wuchs 2005 zwar in nomineller Rechnung ähnlich stark wie der Export, jedoch war dies primär auf die kräftige Energieverteuerung zurückzuführen. Real übertraf der Import i. w. S. das Vorjahresniveau hingegen um nur 1,8%, die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern blieb gedämpft. Die Einfuhr von Dienstleistungen stieg mit real +1,7% ähnlich schwach wie jene von Gütern.

Ungünstig entwickelten sich 2005 die Investitionen, wie im Jahr zuvor wurden sie real um nur 1,1% gesteigert. Gedrückt wurde die Expansion der Anlageinvestitionen (+0,9%) insbesondere durch die Schwäche der Nachfrage nach Ausrüstungen (die Fahrzeuginvestitionen waren rückläufig). Die Bauinvestitionen wuchsen mit real +1,5% deutlich stärker als im Jahr 2004 (+0,5%). Treibende Kraft waren hier die Nichtwohnbauinvestitionen (+2,7%), während die Nachfrage nach Wohnbauten leicht schrumpfte (–0,6%). Nach einem sehr gedämpften 1. Halbjahr zog die Investitionsnachfrage allerdings in fast allen Kategorien an.

Übersicht 1: Ergebnisse der vierteljährlichen Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

 2004200520042005
   III. QuartalIV. QuartalI. QuartalII. QuartalIII. QuartalIV. Quartal
   Veränderung gegen das Vorquartal in %
Real, saison- und arbeitstägig bereinigt       
Konsumausgaben insgesamt

 

 

+0,3

+0,3

+0,4

+0,4

+0,5

+0,4

  Private Haushalte1)

 

 

+0,3

+0,3

+0,4

+0,4

+0,5

+0,4

  Staat

 

 

+0,3

+0,3

+0,3

+0,4

+0,4

+0,4

Bruttoinvestitionen

 

 

+0,6

+0,4

–0,2

+0,3

+0,7

+0,8

  Bruttoanlageinvestitionen

 

 

+0,9

+0,4

–0,0

+0,4

+0,7

+0,8

  Ausrüstungen

 

 

+1,7

+1,1

–0,2

–0,3

+0,1

+0,7

  Bauten

 

 

+0,3

+0,4

+0,4

+0,5

+0,8

+0,8

Exporte

 

 

+1,6

+0,4

+0,6

+1,2

+1,2

+1,0

  Waren

 

 

+2,2

–1,2

–0,6

+1,7

+2,1

+1,8

  Dienstleistungen

 

 

+0,8

+0,8

+0,9

+0,8

+0,8

+0,8

Importe

 

 

+1,4

+0,7

+0,2

+0,5

+0,7

+0,8

  Waren

 

 

+1,8

+0,6

+0,2

+0,9

+0,8

+0,5

  Dienstleistungen

 

 

+0,5

+0,4

+0,3

+0,3

+0,3

+0,2

Bruttoinlandsprodukt

 

 

+0,9

+0,3

+0,2

+0,5

+0,6

+0,7

Sachgütererzeugung

 

 

+0,8

+0,3

+0,4

+1,4

+2,1

+1,9

         
 Veränderung gegen das Vorjahr in %
Real, berechnet auf Basis von Vorjahrespreisen       
Konsumausgaben insgesamt

+0,8

+1,4

+1,3

+0,6

+1,3

+1,2

+1,5

+1,5

  Private Haushalte1)

+0,8

+1,4

+1,3

+0,4

+1,4

+1,2

+1,7

+1,5

  Staat

+1,0

+1,3

+1,2

+1,1

+1,2

+1,4

+1,3

+1,4

Bruttoinvestitionen

+1,1

+1,1

+4,7

+7,0

–0,5

+3,9

+0,4

+0,5

  Bruttoanlageinvestitionen

+0,6

+0,9

+2,4

+2,9

+0,3

+2,7

+0,8

–0,0

  Ausrüstungen

+0,5

+0,9

+1,6

+2,6

+2,5

+5,8

–1,2

–3,0

  Bauten

+0,5

+1,5

+2,2

+2,8

–1,3

+1,0

+2,8

+2,4

Exporte

+9,0

+3,8

+10,7

+7,1

+4,1

+4,2

+2,8

+4,0

  Waren

+11,8

+3,2

+13,5

+10,0

+2,4

+4,5

+2,8

+3,0

  Dienstleistungen

+1,6

+5,4

+3,6

–1,1

+8,2

+3,0

+2,6

+7,4

Importe

+6,2

+1,8

+9,6

+5,1

+2,4

+4,2

+1,2

–0,5

  Waren

+8,8

+1,8

+11,1

+9,0

+2,3

+4,4

+1,2

–0,5

  Dienstleistungen

–2,4

+1,7

+4,9

–7,6

+2,7

+3,5

+1,1

–0,5

Bruttoinlandsprodukt

+2,4

+1,9

+3,1

+3,3

+1,8

+1,9

+1,7

+2,2

Sachgütererzeugung

+4,7

+3,5

+5,2

+4,5

+2,1

+3,1

+3,5

+5,1

 

 

 

 

Bruttoinlandsprodukt, nominell

+4,4

+4,0

+5,2

+5,9

+4,5

+3,9

+3,5

+4,1

Q: WIFO. –  1) Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck.

Der private Konsum wuchs 2005 mit real +1,4% fast doppelt so rasch wie im Jahr zuvor, im Jahresverlauf und auch weit bis ins IV. Quartal verstärkte sich die Expansion aber nicht. Trotz der positiven Einkommenseffekte der Steuerreform blieben die privaten Haushalte in ihren Ausgaben, vor allem für langlebige Konsumgüter, zurückhaltend (dies spiegelt sich auch in der Zahl der Pkw-Neuzulassungen). Auch die öffentliche Hand weitete ihren Konsum nur verhalten aus (2005 real +1,3%), eine merkliche Beschleunigung der Entwicklung blieb aus.

Die stärkste Ausweitung der Wertschöpfung war (neben der Energie- und Wasserversorgung: real +6,2%) dank der Belebung der Auslandsnachfrage in der Sachgüterproduktion zu beobachten (+3,5% gegenüber dem Vorjahr). Wie im Warenexport verflachte hier die Dynamik aber gegen Jahresende: im III. und IV. Quartal stieg die um Saison- und Arbeitstagseffekte bereinigte Wertschöpfung gegenüber der Vorperiode real um 2,1% bzw. 1,9%. Die Finanzdienstleistungen expandierten mit real +3,4% ebenso stark wie die Sachgüterproduktion. Vor allem die Versicherungsunternehmen verzeichneten 2005 einen guten Geschäftsgang.

Abbildung 1: Entwicklung des realen Bruttoinlandsproduktes

Veränderung gegen das Vorjahr bzw. Vorquartal in %

Q: WIFO.

Aufgrund der günstigen Entwicklung der konjunkturreagiblen unternehmensnahen Dienstleistungen ergab sich für das Realitätenwesen i. w. S. – dem sie zugeordnet sind – ebenfalls eine kräftige Steigerung (+3%). Die Bauwirtschaft (+1,6%), das Beherbergungs- und Gaststättenwesen (+1,5%) sowie das Verkehrs- und Nachrichtenwesen (+1,5%) wuchsen nahezu mit derselben Rate. Enttäuschend verlief das Jahr 2005 für den Handel: Nach real +1,9% im Jahr 2004 erhöhte sich die Wertschöpfung um nur 0,4%. Aufgrund der Schwäche der Nachfrage nach Kraftfahrzeugen erlitt der Kfz-Handel deutliche Einbußen (–4,6%), und die Stagnation des Großhandels spiegelt den Mangel an Investitionen wider (+0,3%).