12. September 2005 • Hohe Energiepreise dämpfen die Konjunktur • Markus Marterbauer

Der starke Auftrieb der Energiepreise bremst die ohnehin schwache Konsumnachfrage der privaten Haushalte in Österreich. Die Konjunktur verläuft deshalb im Einzelhandel und in anderen Dienstleistungsbranchen flau. Ein etwas höheres Wachstum verzeichnen dagegen Export und Sachgüterproduktion sowie die Bauwirtschaft. Für den weiteren Konjunkturverlauf fehlen eindeutige Signale; dies spiegelt sich auch in der Investitionszurückhaltung der Unternehmen.

Die hohen Energiepreise belasten die Konjunktur in den Industrieländern. Rohöl war auf Euro-Basis im Sommer um 50% teurer als im Vorjahr. Die Teuerung geht auf die große Nachfrage in Asien und Nordamerika, aber auch auf spekulative Einflüsse zurück. Das Fehlen von Raffineriekapazitäten in den USA – Ergebnis zu geringer Investitionen – treibt derzeit die Preise von Treibstoffen und Heizöl in allen Industrieländern nach oben. Die hohen Energiekosten werden von den Konsumenten kurzfristig zu einem Teil durch eine Reduktion des Sparens aufgefangen; sie dämpfen erst mit Verzögerung die Ausgaben für andere Konsumgüter. Besonders empfindlich trifft dies die Konjunktur im Euro-Raum, die ja schon seit geraumer Zeit durch eine anhaltende Schwäche der Konsumnachfrage der privaten Haushalte geprägt ist. In den USA wird die Konjunktur weniger beeinträchtigt, da die Konsumnachfrage von hohen Immobilienpreisen gestützt wird und die Unternehmen weiterhin rege investieren.

Im Euro-Raum betrug das Wirtschaftswachstum im II. Quartal nur real +0,3% gegenüber dem Vorquartal (+1,1% gegenüber dem Vorjahr). Eine Belebung zeichnet sich angesichts der schwachen Einkommenszuwächse und der ungünstigen Stimmung unter den Verbrauchern nicht ab. Auch in Österreich erreichte der Anstieg des BIP im II. Quartal laut erster Schnellschätzung des WIFO real 0,3%, er wurde durch die Schwäche der Konsumnachfrage gebremst. Der Anstieg der Tariflöhne (Jänner bis Juli +2,2%) blieb hinter jenem der Verbraucherpreise (+2,6%) zurück. Zwar verlangsamte sich die Inflation in den Sommermonaten dank des schwächeren Auftriebs der Mieten und des starken Rückgangs der Telefonkosten etwas, zunehmend schlägt allerdings nun die Energiepreishausse auf die Verbraucherebene durch. Dadurch wird heuer ein Großteil der positiven Wirkungen der jüngsten Steuerreform kompensiert. Die Nettoreallöhne steigen nur leicht.

Vor diesem Hintergrund blieben die Umsätze im Einzelhandel enttäuschend (1. Halbjahr real +1% gegenüber dem Vorjahr). Etwa im selben Ausmaß dürften in der Sommersaison die Umsätze der Tourismuswirtschaft gestiegen sein. Zwar ging die Zahl der Nächtigungen von Mai bis Juli gegenüber dem Vorjahr leicht zurück (–0,3%), die Ausgaben pro Nächtigung erhöhten sich allerdings dank des Trends zu Städtereisen und höherer Qualität der Unterkünfte weiter.

Günstiger als im Bereich des Konsums verläuft die Konjunktur in den stärker exportgetragenen Segmenten der Wirtschaft. Die Nachfrage aus den erdölproduzierenden Ländern belebt sich merklich. Das Wachstum der Warenausfuhr blieb zwar in Österreich deutlich hinter den hohen Werten des Vorjahres zurück, erreichte von Jänner bis Juni aber nominell knapp 5% gegenüber dem Vorjahr. Dies spiegelt sich im Produktionsindex der Sachgütererzeugung, der im 1. Halbjahr um 5½% stieg. Der WIFO-Konjunkturtest zeigt keine eindeutige Tendenz für den weiteren Verlauf der Industriekonjunktur. Während sich die Beurteilung der Bestände an Aufträgen aus dem Ausland verschlechterte, erwarteten die Unternehmen nach mehreren Monaten der Abschwächung in der August-Umfrage erstmals wieder eine vorsichtige Belebung des Produktionswachstums und schätzten die längerfristige Geschäftslage weniger ungünstig ein.

Die Investitionen in Maschinen und Fahrzeuge gingen im 1. Halbjahr zurück. Entsprechende Ergebnisse der Schnellschätzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung werden vom Rückgang des Imports an Investitionsgütern (Jänner bis Juni –9%) bestätigt. Laut WIFO-Investitionstest planen die Unternehmen der Sachgütererzeugung, ihre Investitionen heuer auf dem hohen Niveau des Vorjahres zu belassen. Neben dem Auslaufen steuerlicher Anreize dürfte auch die Unsicherheit über den weiteren Gang der Konjunktur zur Investitionsschwäche beitragen. Hingegen verliefen die Bauinvestitionen günstig. Vor allem im Tiefbau belebte sich die Nachfrage deutlich. Die Unternehmen beurteilen die Auftragslage im WIFO-Konjunkturtest so günstig wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Die gute Baukonjunktur schlägt sich seit dem Frühjahr auch in der Beschäftigungsentwicklung nieder: Die Bauwirtschaft verliert erstmals seit 1997 keine Arbeitsplätze. Zusätzliche Arbeitskräfte benötigen der Sektor der unternehmensnahen Dienstleistungen, der Handel und der öffentliche Sektor. Hingegen schränkt die hochproduktive Exportwirtschaft ihren Personalstand ein. Obwohl die Zahl der aktiv Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft wächst (August +30.600 gegenüber dem Vorjahr), steigt auch die Zahl der Arbeitslosen (+12.500). Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote erhöhte sich auf 7,3% der unselbständigen Erwerbspersonen bzw. 5,1% der Erwerbspersonen laut Eurostat.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 9/2005!