9. Juni 2005 • Konjunktureintrübung • Markus Marterbauer

Die Konjunktur schwächt sich seit Jahresbeginn merklich ab. Positive Impulse vom Export, die das Wachstum im vergangenen Jahr trugen, fallen weg, die Konsumnachfrage der privaten Haushalte lässt die erhoffte Erholung nicht erkennen. Das Geschäftsklima trübte sich in der Industrie ein, allerdings weniger stark als im Euro-Raum. Nur Tourismus und Bauwirtschaft melden eine Verbesserung. Die Inflationsrate sinkt aufgrund hoher Energiepreise und hausgemachter Faktoren kaum, die Entwicklung der Arbeitslosigkeit weist weiterhin aufwärts.

Im I. Quartal lag der Warenexport nominell um nur noch 2½% über dem Niveau des Vorjahres (IV. Quartal 2004 +11½%), nach vorläufigen Daten ergab sich im März sogar ein leichter Rückgang. Den wichtigsten Grund für diese Dämpfung bildet die ungünstige Wirtschaftslage im Euro-Raum, in dem mehr als die Hälfte der heimischen Exporte abgesetzt werden. Die Rezession in Italien hatte im I. Quartal eine Verringerung der Nachfrage nach österreichischen Gütern zur Folge. In den zehn neuen Mitgliedsländern der EU – ihr Anteil an der gesamten österreichischen Ausfuhr beträgt knapp 13% – wurde um 2¼% mehr abgesetzt als im Vorjahr. Doch auch hier sind Einbußen festzustellen, etwa in Ungarn. Nur die Nachfrage aus den Hoffnungsmärkten in Südosteuropa und aus den erdölproduzierenden Ländern wächst kräftig.

Besonders ungünstig entwickelte sich zu Jahresbeginn die Ausfuhr von Pkw. Diese hatte sich im Jahr 2004 fast verdoppelt, lag im I. Quartal aber um 10% unter dem Niveau des Vorjahres. Die Exportabschwächung schlägt sich mit Verzögerung auch in der Industrieproduktion nieder. Im I. Quartal lag der arbeitstägig bereinigte Produktionsindex in der Sachgütererzeugung noch um 5% über dem Niveau des Vorjahres (März +3,3%). Saisonbereinigt geht die Produktion gegenüber dem jeweiligen Vormonat allerdings seit Herbst 2004 zurück. Im WIFO-Konjunkturtest melden die Unternehmen seither eine deutliche Verschlechterung der Auftragseingänge aus dem Ausland, allerdings verbesserte sich die Beurteilung im Mai wieder leicht. Die Produktionserwartungen für die nächsten Monate sind stabil, längerfristig wird die Geschäftslage hingegen ungünstig beurteilt.

Das Geschäftsklima trübte sich in der österreichischen Sachgütererzeugung in den letzten Monaten weniger stark ein als im Euro-Raum. Besonders markant war die Verschlechterung in Frankreich und Belgien. Die hohe Arbeitslosigkeit und die ungünstige Entwicklung der Einkommen aufgrund niedriger Lohnabschlüsse und hoher Energiepreise beeinträchtigen die Konsumentenstimmung im Euro-Raum. Wegen der Schwäche der Konsumnachfrage und zurückhaltender Investitionen ist für das II. und III. Quartal mit einer gedämpften Wirtschaftsaktivität zu rechnen. Die Wirtschaftspolitik der EU findet seit mehreren Jahren kein Mittel gegen die anhaltende Flaute der Nachfrage.

Auch in Österreich zeigt die Binnennachfrage keine Tendenz zur Erholung. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften zu Jahresbeginn kaum gestiegen sein. Darauf weist neben den Ergebnissen des WIFO-Investitionstests auch der Rückgang der Importe von Maschinen und Fahrzeugen hin (I. Quartal nominell –7¼%). Die ungünstige Entwicklung von Außenhandel und Investitionen dämpft den Großhandel.

Der Einzelhandel entwickelte sich im I. Quartal enttäuschend. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug real nur 1%, bereinigt um die Effekte des frühen Ostertermins ergibt sich eine Stagnation (+¼%). Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte nahm im I. Quartal gegenüber dem Vorjahr real um nur 0,7% zu. Niedrige Lohnsteigerungen und die hohe Inflationsrate glichen bislang die positiven Einkommenseffekte der Steuerreform aus. Die Auswirkungen der Steuerreform könnten im 2. Halbjahr etwas spürbarer werden. Der lebhafte Preisauftrieb – von Jänner bis April lag die Inflationsrate durchschnittlich bei 2,8% – geht auch auf hausgemachte Faktoren zurück: Die Anhebung der Tabaksteuer und die Anhebung von Eigenleistungen im Gesundheitsbereich erhöhen die Inflationsrate um gut ¼ Prozentpunkt; der starke Anstieg des Mietaufwands könnte sich allerdings als überschätzt erweisen.

Günstiger verlief die Entwicklung im Reiseverkehr und in der Bauwirtschaft. Die Tourismuswirtschaft setzte in der Wintersaison 2004/05 um gut 4% mehr um als ein Jahr zuvor. Während die Zahl der Nächtigungen von Gästen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zurückging, stieg jene der Briten, Belgier und Franzosen merklich. Die Zunahme der Nachfrage nach Wohnungen aufgrund der regen Zuwanderung und verstärkte Renovierungsanstrengungen im öffentlichen Bereich bewirken eine Belebung des Hochbaus. Im Tiefbau sind nach der starken Ausweitung der Infrastrukturinvestitionen in den letzen Jahren nur noch geringe Zuwächse zu erwarten. Trotz der günstigen Baukonjunktur geht die Zahl der Beschäftigten noch immer zurück (Jänner bis April –3.000 gegenüber dem Vorjahr).

Auch in der Sachgütererzeugung ist die Beschäftigung rückläufig (–11.500); ein Teil der Abnahme ist auf Umgruppierungen in der Hauptverbandsstatistik zurückzuführen. Hingegen steigt die Beschäftigung von Frauen im Dienstleistungsbereich kräftig; überwiegend dürften dies Teilzeitstellen sein. Trotz des merklichen Zuwachses der Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten (Mai +32.000 gegenüber dem Vorjahr) erhöht sich die Arbeitslosigkeit beträchtlich. Die Zahl der Arbeitslosen hat seit Jänner 2001 steigende Tendenz. Beim Arbeitsmarktservice waren im Mai um 8.000 Personen mehr arbeitslos gemeldet als im Vorjahr, zudem nahmen 9.000 Personen an Schulungen teil.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 6/2005!