25. Mai 2004 • Regionale Konjunktur weist 2003 West-Ost-Gefälle auf • Gerhard Palme

2003 wuchs Österreichs Wirtschaft das dritte Jahr in Folge sehr schwach. Im Jahresdurchschnitt nahm die Wertschöpfung gegenüber dem Vorjahr um nur 0,9% zu (Bruttoinlandsprodukt +0,7%). Regional verlief die Konjunktur nach dem Muster eines West-Ost-Gefälles: Im Westen Österreichs setzte die Wirtschaft ihren Kurs eines mäßigen Wachstums fort (+1,6%). Während sie sich im Süden (+0,7%) zur Jahresmitte ein wenig belebte, blieben im Osten (+0,5%) die Erholungskräfte zu schwach.

Besonders stark fiel das Wirtschaftswachstum in Oberösterreich (+2,2%) und Salzburg (+2%) aus. Hingegen verlangsamte sich die Dynamik in Tirol (+0,7%) und Vorarlberg (+0,7%) deutlich im Vergleich zum Vorjahr, weil insbesondere die Sachgüterproduktion und der Tourismus weniger Impulse erhielten. Im Süden verzeichnete Kärnten (+1,5%) im gesamten Jahresverlauf eine überdurchschnittliche Expansion, während in der Steiermark erst in der zweiten Jahreshälfte eine Erholung einsetzte; das Jahresergebnis der steirischen Wirtschaft fiel aber wegen des Rückgangs im 1. Halbjahr sehr mäßig aus (+0,3%).

Im Osten war das Wachstum im Burgenland (+1,4%) zwar weiterhin überdurchschnittlich, die Auftriebskräfte haben sich aber im Vergleich zum Vorjahr nicht weiter verstärkt. In Niederösterreich und in Wien trat im Sommer eine Belebung ein, ohne im Jahresergebnis zu eine entscheidende Positionsverbesserung zu bewirken (Niederösterreich +0,6%). Wien (+0,3%) wies gemeinsam mit der Steiermark die geringste Wirtschaftsdynamik auf.

Der regionale Konjunkturverlauf wurde auch im Jahr 2003 weitgehend durch die Dynamik der Sachgüterproduktion bestimmt. Dieser Sektor erholte sich im Sommer etwas, nachdem die Umsätze zwei Jahre hindurch stagniert hatten oder gesunken waren. Die Belebung beschränkte sich auf einige Branchen, insbesondere auf solche mit überwiegend höherqualifizierten Arbeitskräften (Technologie- und Verarbeitungssektor). Dieses Sektormuster schlug sich auch regional nieder, während Lagemerkmale, die den unterschiedlichen Zugang zu Auslandsmärkten widerspiegeln, keine Rolle spielten. Deshalb ergab sich in der Industriekonjunktur kein Muster nach Großregionen (Westen, Süden, Osten), vielmehr verbesserte sich die Produktionsentwicklung zur Jahresmitte vor allem in jenen Bundesländern, in denen der Technologie- und Verarbeitungssektor überdurchschnittliches Gewicht hat (Wien, Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg). Oberösterreich, Salzburg und Kärnten erzielten auch das beste Jahresergebnis, während in der Steiermark und in Wien die Jahresumsätze durch eine deutliche Rezession in der ersten Jahreshälfte gedrückt wurden. Auch in Vorarlberg sanken die Umsätze der Sachgüterproduktion.

Die Bau- und die Energiewirtschaft waren die wichtigsten Wachstumsstützen der österreichischen wie auch der Konjunktur einiger Bundesländer. Insbesondere in Salzburg und Oberösterreich verstärkte die Bauwirtschaft die Aufwärtsentwicklung, und sie blieb in Wien einer der wenigen Konjunkturmotoren. Die Energiewirtschaft stützte vor allem das Wachstum in Kärnten und Salzburg und verhinderte in der Steiermark und in Tirol ein noch ungünstigeres Gesamtergebnis.

In Österreichs Tourismuswirtschaft verlief das Jahr 2003 neuerlich erfolgreich (Ankünfte +2,8%, Übernachtungen +0,9%). Marktanteile gewann österreichische Hotellerie vor allem auf den Nahmärkten, die angesichts erhöhter Reiserisken zunehmende Bedeutung erlangen. In erster Linie Kurzurlauber und Städtereisende aus dem Inland und dem benachbarten westlichen und östlichen Ausland bevorzugten österreichische Destinationen. Davon profitierten einerseits die Ziele des internationalen Städtetourismus (Wien, Salzburg, aber nicht Innsbruck) sowie Graz, das als "Kulturhauptstadt Europas" eine Sonderstellung einnahm. Andererseits verzeichneten auch die weniger wichtigen extensiven Tourismusregionen im Osten und Süden Zuwächse, teilweise dank der Lagevorteile gegenüber Ost-Mitteleuropa, teilweise aber auch als Echoeffekt nach den Einbußen wegen der Hochwasserschäden von 2002.

Hingegen fiel das Ergebnis der intensiven Tourismusregionen im Westen im Vorjahresvergleich weniger günstig aus: Im Sommer 2002 hatten mehr Gäste die Autoreisedestinationen in Österreich aufgesucht, um Flugreisen zu vermeiden, im Sommer 2003 hielt diese Tendenz aber nicht an. Allerdings verzeichneten die hochgelegenen intensiven Tourismusregionen in Tirol und Vorarlberg sowie in Kärnten eine gute Wintersaison 2002/03.

Im gesamten Kalenderjahr entwickelte sich der Tourismus im Osten überdurchschnittlich, insbesondere gemessen an der Zahl der Gästeankünfte. Sie nahm in Niederösterreich (+6,3%) und im Burgenland (+5,1%) am stärksten zu, die Zahl der Übernachtungen in Wien (+4,2%) und in Niederösterreich (+3,5%). Am schwächsten entwickelten sich die Gästeankünfte in Tirol (+1,0%), die Übernachtungen in Salzburg (–0,2%) sowie im Burgenland (+0,1%).

Vor dem Hintergrund der Konjunkturschwäche war die Lage auf dem österreichischen Arbeitsmarkt weiterhin ungünstig. Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten (ohne Präsenzdienst, Bezug von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld und arbeitslose Schulungsteilnehmer) war 2003 um nur 0,2% höher als im Vorjahr. Die Beschäftigungsentwicklung folgte im weitgehend dem Konjunkturmuster: leichte Vorteile für den Westen, kein nennenswertes Wachstum im Osten (ausgenommen Burgenland). Die Zahl der Arbeitslosen stieg um 3,3%, sodass sich die Arbeitslosenquote nach AMS-Definition auf 7% erhöhte (nach Eurostat 4,4%).

Die Arbeitslosigkeit wurde nicht nur von der Nachfrageschwäche, sondern auch von Angebotsfaktoren beeinflusst. Die Ausweitung des Angebotes an ausländischen Arbeitskräften schlug sich insbesondere in den österreichischen Großstädten und ihren Umlandregionen in einer Zunahme der Arbeitslosigkeit nieder. Hingegen dürften die Folgen der Neuregelung für den Bezug von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld zu einem Rückgang der Arbeitslosigkeit von Frauen im ländlichen Raum beigetragen haben. Oberösterreich und Kärnten waren die einzigen Bundesländer, in denen sich die Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich verringerte.

Abbildung 1: Bruttowertschöpfung 2003

Ohne Land- und Forstwirtschaft, zu Preisen von 1995, Veränderung gegen das Vorjahr in %

Q: WIFO, vorläufige Schätzwerte.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 5/2004!