26. Februar 2004 • 2003 Rückgang der österreichischen Investitionen in Ost-Mitteleuropa • Gábor Hunya, Jan Stankovsky

In der ersten Jahreshälfte 2003 erreichten die österreichischen Neuinvestitionen in den Erweiterungsländern 0,9 Mrd. Euro, nach 1,4 Mrd. Euro in der Vergleichsperiode 2002. Sie sind damit 2003 – zum ersten Mal seit 4 Jahren – nicht gewachsen. Mit einem Marktanteil von fast 13% bleibt Österreich aber weiterhin ein wichtiger Investor in den neuen EU-Ländern.

Zwischen 1999 (1 Mrd. Euro) und 2002 (4,2 Mrd. Euro) haben sich die österreichischen Ostinvestitionen mehr als vervierfacht. 2003 dürften sie mit etwa 2 Mrd. Euro unter dem Niveau des Jahres 2000 geblieben sein. Am meisten wurde 2003 in Ungarn, Kroatien und Tschechien investiert (jeweils 0,2 Mrd. Euro).

Im Jahr 2004 werden sich die Bedingungen für ausländische Investitionen im Osten verbessern. Der internationale Konjunkturaufschwung erhöht die Investitionsneigung. Der EU-Beitritt von 8 Ländern aus Ost-Mitteleuropa mit 1. Mai 2004 erleichtert die grenzüberschreitende Kooperation von Betrieben, u. a. durch die Beseitigung von Grenzkontrollen für den Handelsverkehr und eine Verbesserung der Rechtssicherheit. Da der Privatisierungsprozess in den neuen EU-Ländern weitgehend abgeschlossen ist, werden größere Investitionen aus Betriebsneugründungen bzw. Erweiterungen resultieren.

Nach der EU-Erweiterung werden vor allem mittlere und kleinere österreichische Unternehmen die Möglichkeit nutzen, durch Übernahmen und Kapitalbeteiligungen in Ost-Mitteleuropa den Absatz zu sichern sowie die Kosten zu senken und damit ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Diese Investitionen werden aber in vielen Fällen relativ wenig Kapital erfordern.

Bedeutende Investitionsimpulse werden in den neuen EU-Ländern durch Projekte ausgelöst, die aus Mitteln der Strukturhilfe der EU kofinanziert werden. Sie werden insbesondere die Infrastruktur und den Umweltschutz betreffen, doch ist in den meisten Fällen mit einer längeren Anlaufphase zu rechnen. Die Investitionsströme in die meisten neuen EU-Länder werden daher in den nächsten ein oder zwei Jahren wahrscheinlich nicht signifikant zunehmen, möglicherweise sogar einige Zeit unter den Spitzenwerten der Vergangenheit bleiben. Derzeit ist noch schwer abzuschätzen, ob die attraktiven Steuersätze signifikante Unternehmensverlagerungen nach Ost-Mitteleuropa bewirken.

Die mittel- und langfristig zu erwartende Erhöhung des Lebensstandards in den neuen EU-Ländern wird die Standortattraktivität für marktbezogene und technologische Investitionen erhöhen, gleichzeitig aber – als Folge des Anstiegs der Lohnkosten – die "Billigproduktion" weiter in den Osten bzw. auf den Balkan wandern lassen.

Seit 1998 stand Tschechien im Vordergrund des Interesses der österreichischen Investoren, 2002 betrugen die Neuinvestitionen in Tschechien 0,9 Mrd. Euro. Den zweiten Rang nahm Bulgarien mit 0,8 Mrd. Euro ein – zuvor war das Kapitalengagement Österreichs in Bulgarien mit meist weniger als 20 Mio. Euro pro Jahr sehr gering gewesen; die Investitionen im Jahr 2002 resultierten aus mehreren größeren Projekten. Den dritten und vierten Rang unter den Zielländern der österreichischen Ostinvestitionen nahmen 2002 Polen (0,7 Mrd. Euro) und Kroatien (0,5 Mrd. Euro) ein. Ein erheblicher Teil der Auslandsinvestitionen war 2002 für Länder bestimmt, die frühestens 2007 in die EU aufgenommen werden sollen. In diesen "späten" Transformationsländern ist die Privatisierung noch nicht abgeschlossen und bietet somit mehr Chancen; überdies nutzen Österreichs Investoren dank ihres Informationsvorsprungs die Konsolidierungserfolge dieser Länder schneller als die Mitbewerber.

41% aller Auslandsinvestitionen Österreichs entfallen auf die Erweiterungsländer. Der Bestand der österreichischen Direktinvestitionen in den Oststaaten erreichte Ende 2001 11,5 Mrd. Euro, Ende 2002 15,8 Mrd. Euro und Mitte 2003 16,6 Mrd. Euro. Die mit Abstand wichtigsten österreichischen Investitionsstandorte waren dabei Tschechien (3,7 Mrd. Euro) und Ungarn (3,4 Mrd. Euro) vor der Slowakei und Polen (jeweils etwa 2 Mrd. Euro) sowie Kroatien und Slowenien. Der Investitionsbestand in Russland erreicht 0,8 Mrd. Euro. Nach wie vor kaum präsent sind österreichische Investoren in den wirtschaftlich erfolgreichen baltischen Ländern.

Wie die Investitionen aus Österreich schwächten sich die ausländischen Direktinvestitionen in Ost-Mitteleuropa insgesamt 2003 als Folge der internationalen Konjunkturflaute ab, doch verlor Österreich Marktanteile – insbesondere weil 2003 größere Akquisitionen von Unternehmen im Osten durch österreichische Investoren ausblieben. Der Marktanteil an den Neuinvestitionen in Osteuropa verringerte sich von 11,6% im Jahr 2002 auf nur 6,4% in der ersten Jahreshälfte 2003. In den EU-Beitrittskandidatenländern baute Österreich allerdings 2003 seine Position leicht aus (von 11,5% auf 12,8%). Nicht gehalten wurde hingegen der Marktanteil in Südosteuropa, er verringerte sich von 33,9% im Jahr 2002 auf nur 7,6%. Mit einem Anteil von knapp 15% war Österreich 2003 einer der wichtigsten Investoren in der Slowakei; in Tschechien (10%) und Slowenien verbesserte sich die Position 2003 weiter, in Polen wurde dagegen der gute Rang von 2002 nicht gehalten. In Südosteuropa besitzt Österreich weiterhin eine gute Marktstellung in Kroatien und Serbien.

Seit Ende der neunziger Jahre bis 2002 hat Österreich seine Position als Investor im Osten ausgeweitet: Der Marktanteil an den Neuinvestitionen in der Region stieg von 3,4% im Jahr 1998 kontinuierlich auf 9,4% 2001 und erreichte 2002 mit 11,6% seinen bisherigen Höchstwert.

Der Anteil Österreichs am gesamten Bestand an Auslandsinvestitionen in den Erweiterungsländern blieb Mitte 2003 mit 6,6% auf dem Niveau von Ende 2002; in den EU-Beitrittskandidatenländern erhöhte er sich leicht von 8,6% auf 8,9%. Jeweils etwa 30% des gesamten ausländischen Investitionskapitals in Slowenien und Bulgarien sowie fast 25% in der Slowakei und über 15% in Kroatien stammen aus Österreich. In Tschechien und Ungarn beträgt der österreichische Marktanteil jeweils etwa 10%.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte der folgenden Studie von wiiw und WIFO: Gábor Hunya (wiiw), Jan Stankovsky (WIFO), WIIW-WIFO Database. Foreign Direct Investment in Central and Eastern Europe with Special Attention to Austrian FDI Activities in this Region, 69 Seiten, 47,00 Euro, Download 47,00 Euro: http://publikationen.wifo.ac.at/pls/wifosite/ wifosite.wifo_search.get_abstract_type?p_language=1&pubid=24846!