20. Jänner 2004 • Sondermaut. Bedeutung für die Straßenfinanzierung, die Steuerung des Transitverkehrs und den Wirtschaftsstandort • Wilfried  Puwein

Sondermauten werden für die Benützung des Arlbergtunnels, der Brennerautobahn, der Scheitelstrecke der Tauernautobahn, des Karawankentunnels, des Bosruck- und des Gleinalmtunnels eingehoben. Der Bau dieser Straßenabschnitte wurde fremdfinanziert, um die Anforderungen der Verkehrsentwicklung früher zu erfüllen, als es durch eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt möglich gewesen wäre. Die Mauteinnahmen sollten die laufenden Betriebs- und Erhaltungskosten, die Finanzierungskosten und letztlich auch die Schuldentilgung tragen. Rechnet man die Eigenfinanzierung durch Bund und Länder zur Fremdfinanzierung, so erzielte bisher mit Ausnahme der Brennerautobahn keine Sondermautstrecke laufende Einnahmenüberschüsse und eine Tilgung der Verbindlichkeiten. Die kumulierten Verbindlichkeiten der Sondergesellschaften betrugen nach dieser Rechnung 2002 rund 4,7 Mrd. Euro. Die gesamten Verbindlichkeiten der Asfinag erreichten Ende 2002 7,5 Mrd. Euro. Mit 261,3 Mio. Euro lieferte die Sondermaut neben der Vignette (310,1 Mio. Euro) einen wichtigen Beitrag zur Straßenfinanzierung.

Die Sondermautstrecken haben durchwegs für die Verkehrs- und Umweltpolitik strategische Bedeutung: Über sie fährt ein beträchtlicher Teil des europäischen Nord-Süd-Transitverkehrs; er belastet die ökologisch sensiblen Alpentäler mit Lärm und Abgasen. Die Verkehrspolitik strebt eine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die weniger umweltbelastende Bahn an. Dazu ist eine Verbesserung des Schienennetzes erforderlich, die aber die Bahngesellschaften wegen ihrer schwachen Ertragslage kaum selbst finanzieren können. Die geplante Änderung der EU-Wegekostenrichtlinie soll eine Querfinanzierung durch Mauteinnahmen aus dem Straßengüterverkehr ermöglichen. Diese Querfinanzierung würde sich für die parallel zu den Sondermautstrecken laufenden Bahnlinien (Arlberg-, Brenner-, Tauern-, Pyhrnbahn) anbieten. Mit den im Entwurf der Wegekostenrichtlinie vorgesehenen Möglichkeiten zur Mautgestaltung sind aber in den nächsten Jahren kaum nennenswerte Einnahmen zur Bahnfinanzierung zu erwarten. Auch kann dadurch das Wachstum des internationalen Straßengüterfernverkehrs durch Österreich nur wenig beeinflusst werden.

Die Mauteinnahmen aus dem Lkw-Verkehr erreichten 2002 rund 147 Mio. Euro. Davon entfielen 101 Mio. Euro auf den internationalen Transitverkehr, 46 Mio. Euro trafen den Binnen-, Ein- und Ausfuhrverkehr der heimischen Wirtschaft. Die Sondermauten sind ein entfernungsunabhängiger Bestandteil der Transportkosten und belasten besonders den Handel mit geringwertigen Gütern (niedriger Unit Value) über kurze Entfernungen. Kärnten und die Steiermark sind aufgrund ihrer Wirtschaftsstruktur (großes Gewicht der Produktion von Baustoffen, Holzwirtschaft, Nahrungsmitteln, Getränken) und der Lage ihrer Absatzmärkte am stärksten von den Sondermauten betroffen. Die zusätzliche Transportkostenbelastung ist aber, gemessen am Wert der transportierten Waren, gering. So verteuert die Sondermaut für die beiden Tunnels im Zuge der Pyhrnautobahn Ziegel, die über 100 km transportiert werden, um rund 1,6%, Schnittholz um 0,5% und Fertigwaren wie Bekleidung oder Nachrichtengeräte um 0,01%. Für bestimmte Rohstoffanlieferungen (Steine und Erden, Metalle, Rundholz, Hackschnitzel u. Ä.), die in der Regel auch eine Leerfahrt über die Sondermautstrecken bedingen, bedeutet die Maut freilich eine erhebliche Steigerung der Transportkosten und Standortbelastung. Dennoch ist in den letzten Jahren die Erzeugung transportintensiver Produkte in den von der Sondermaut besonders betroffenen westlichen Bundesländern stärker gewachsen als im Durchschnitt Österreichs.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/2004!