23. November 1999 • Beschäftigungseffekte umweltrelevanter Verkehrsinvestitionen . Potential einer Strukturveränderung im Verkehrssektor • Angela Köppl

In einer Studie quantifiziert das WIFO die Beschäftigungseffekte einiger umweltrelevanter Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen und exemplarischer Maßnahmen einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung. Gemäß Modellberechnungen erhöhen Investitionen von 1 Mrd. S in unterschiedliche Infrastrukturkategorien die Gesamtbeschäftigung um 780 bis 1.300 Personen. Ein Großteil der Beschäftigungsnachfrage fällt erwartungsgemäß in der Bauwirtschaft an.

Der Schwerpunkt umweltrelevanter Verkehrsinvestitionen liegt in Österreich auf der Verteilung der öffentlichen Investitionsmittel auf den Straßen- und Schienenverkehr: Der Straßenausbau wurde ab Mitte der siebziger Jahre laufend reduziert, während die Bahninvestitionen vorangetrieben wurden. Die negativen Umweltwirkungen des Verkehrssektors wie Lärmemissionen oder der Beitrag zum "Treibhauseffekt" drängen die Verkehrspolitik aber zu einer Umorientierung in Richtung umweltschonender Mobilitätsdienstleistungen. Eine solche Umorientierung schafft neue Infrastrukturnachfrage und eine Veränderung im laufenden Betrieb der Verkehrsinfrastruktur.

Mit Hilfe eines Input-Output-Modells errechnete das WIFO sowohl die direkten als auch die indirekten Beschäftigungseffekte unterschiedlicher umweltrelevanter Verkehrsinvestitionen für Österreich. Wenn dies relevant erschien, wurden auch die Arbeitsmarktwirkungen des laufenden Betriebs erfaßt. Berücksichtigt wurde auch eine Auswahl von Maßnahmen, die im "Stufenplan zur schnellstmöglichen Emissionsreduktion und Marktgängigkeit verbrauchsarmer Fahrzeuge" beschrieben sind und die modelltechnisch abgebildet werden können.

Die Beschäftigungseffekte wurden in einer Ex-post-Simulation für die Dreijahresperiode 1994/1996 berechnet: Für die Zukunft geplante Maßnahmen wurden so behandelt, als wären sie in der betrachteten Periode bereits wirksam gewesen. Maßnahmen, deren Einführung einen längeren Zeitraum als die Simulationsperiode umfaßt, wurden aliquot berücksichtigt. Über die gesamte Wirkungsperiode sind daher größere Effekte zu erwarten, als in den Simulationsergebnissen abgebildet sind.

Investitionen in unterschiedliche Infrastrukturkategorien (Straßenbau, Radwege und Verkehrsberuhigung, Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und der Bahninfrastruktur) von 1 Mrd. S lösen gemäß den Modellsimulationen Beschäftigungseffekte zwischen 780 (hochrangiges Straßennetz) und 1.300 Personen (Bahninfrastruktur, Bahnhöfe usw.). Der Großteil der Beschäftigungsnachfrage fällt erwartungsgemäß in der Bauwirtschaft an, daneben profitieren vor allem Branchen außerhalb der Sachgüterproduktion (Übersicht 1).

Übersicht 1: Beschäftigungseffekte von Verkehrsinvestitionen von 1 Mrd. S

Simulationsergebnisse

 

Direkt: Bauwirtschaft

Indirekt: Bauwirtschaft und andere Sektoren

Insgesamt

 

Personen

       

Hochrangiges Straßennetz

+ 426

+ 353

+ 779

Niederrangiges Straßennetz

+ 568

+ 353

+ 921

Radwege

+ 851

+ 353

+ 1.204

Verkehrsberuhigung

+ 851

+ 353

+ 1.204

Öffentlicher Personennahverkehr, U-Bahnbau

+ 868

+ 375

+ 1.243

Bahninfrastruktur

     

  Streckenbau

+ 851

+ 382

+ 1.233

  Bahnhöfe

+ 922

+ 390

+ 1.312

Maßnahmen zur Veränderung der Pkw-Technologie haben zwei wesentliche Wirkungskanäle: Die Anschaffungskosten neuer Pkw steigen, und die laufenden Kosten sinken aufgrund der verbesserten Treibstoffeffizienz. Wie die Simulationsergebnisse zeigen, wiegen die Einsparungen aus dem Treibstoffverbrauch die zusätzlichen Kosten der Anschaffung von Kraftfahrzeugen nicht auf, sodaß aufgrund der modelltechnischen Annahme konstanter Konsumausgaben der Nicht-Verkehrskonsum zurückgeht und die Beschäftigung leicht sinkt. Um Verbesserungen der Pkw-Technologie dennoch so rasch wie möglich umsetzen zu können, wären begleitende Maßnahmen wie eine befristete Reduktion der Normverbrauchsabgabe und andere kaufpreissenkende Maßnahmen wünschenswert.

Maßnahmen zur Forcierung der Entwicklung alternativer Antriebe haben unter der Annahme, daß etwa ein Elektrofahrzeug eine geringere Fahrleistung (etwa 60%) aufbringt als ein konventionelles Kraftfahrzeug, eine Verschiebung der Konsumstruktur zugunsten des Fahrzeugkaufs und des Bezugs von elektrischem Strom zur Folge, während Benzin und Dieselkraftstoff weniger konsumiert werden. Auf Output und Beschäftigung ergeben sich keine nennenswerten Effekte.

Maßnahmen für den öffentlichen Personennahverkehr und den nichtmotorisierten Individualverkehr beeinflussen zum einen die Investitionsnachfrage und zum anderen den Modal split (Aufteilung der Verkehrsleistung auf die unterschiedlichen Verkehrsträger). Nominell werden in den öffentlichen Personennahverkehr und in den nichtmotorisierten Individualverkehr jährlich 5,2 Mrd. S investiert. Die Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr haben einen Rückgang der Verkehrsleistung (Personenverkehrskilometer) von privaten Kfz zur Folge. Die Gesamtwirkungen auf den Konsum betreffen in erster Linie Verlagerungen innerhalb der Konsumkategorie "Verkehr". Infolge der Investitionen entstehen im Simulationszeitraum etwa 5.200 zusätzliche Arbeitsplätze. Aus dem laufenden Betrieb resultieren nur geringe Beschäftigungseffekte.

Eine Verlagerung des Investitionsvolumens vom Straßenbau zur Bahn im Ausmaß von 1 Mrd. S bedeutet –? bei unterschiedlicher Arbeitsintensität der betreffenden Infrastrukturbauten – zusätzlich 300 Beschäftigte. Die Beschäftigungswirkungen aus der Veränderung des Modal split sind positiv. Eine stärkere Verlagerung auf den Bahnverkehr würde insgesamt einen Rückgang der Verkehrsausgaben und dementsprechend einen Anstieg der sonstigen Konsumausgaben hervorrufen.

Angela Köppl, Kurt Kratena, Wilfried Puwein (WIFO), Barbara Buchner (Universität Graz), Beschäftigungseffekte umweltrelevanter Verkehrsinvestitionen. Potential einer Strukturveränderung im Verkehrssektor, Studie des WIFO im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie, 1999, 230 Seiten, ATS 600,– bzw. EUR 43,60 (Bestellungen bitte an das WIFO, Frau Christine Kautz, A-1103 Wien, Postfach 91, Tel. +43 1 798 26 01/282, Fax +43 1 798 93 86, E-Mail Christine.Kautz@wifo.ac.at). Eine Zusammenfassung der Studie finden Sie im WIFO-Monatsbericht 11/1999.