9. November 1999 • Industrie- und Exportklima deutlich verbessert • Markus Marterbauer

Der WIFO-Konjunkturtest vom IV. Quartal zeigt eine wesentlich optimistischere Einschätzung der Auftragslage und Produktionserwartungen für die kommenden Monate durch die Unternehmen der Sachgütererzeugung. Der Aufschwung der Industriekonjunktur spiegelt sich in den Sommermonaten auch in einer merklichen Ausweitung des Exports in den EU-Binnenmarkt. Der private Konsum bietet – angetrieben von starkem Beschäftigungswachstum und beträchtlichen Realeinkommenszuwächsen – weiterhin eine wichtige Stütze für die Konjunktur.

Nach Überwindung der Konjunkturdelle an der Jahreswende 1998/99 setzt sich die Erholung der Industrie- und Exportkonjunktur nun zügig fort. Die im WIFO-Konjunkturtest befragten Unternehmen der Sachgütererzeugung zeigen sich bezüglich der Nachfrage- und Produktionsentwicklung sehr zuversichtlich. Der Überhang jener, die in den nächsten Monaten mit einer Produktionsausweitung rechnen, hat sich saisonbereinigt von 3 Prozentpunkten im I. Quartal auf 8¼ Prozentpunkte im IV. Quartal erhöht. Dabei profitiert die Grundstoffindustrie von der merklichen Erholung der erzielten Preise, die Chemieindustrie meldet stark steigende Auftragseingänge. Die Unternehmen der technischen Verarbeitung verzeichnen eine rege Nachfrage nach Investitionsgütern aus dem In- und Ausland und erwarten für die kommenden Monate eine weitere Beschleunigung des Produktionswachstums.

Die Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests decken sich mit jenen der EU-Kommission für Europa. Der Vertrauensindikator in der Industrie weist für fast alle EU-Länder aufwärts. Diese Tendenz geht von einer Verbesserung der außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen aus: In Südostasien und Rußland scheint die Krise vorerst überwunden, und die Schwäche des Euro hat die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exportindustrie verbessert. Die Risken liegen in neuerlichen Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten – vor allem in Lateinamerika ist die Lage fragil. Eine verläßliche Stütze für die europäische Konjunktur bildet die Expansion des privaten Konsums. Gutes Beschäftigungswachstum und merkliche Realeinkommensgewinne bestärken das Konsumentenvertrauen. Nur in Deutschland und Italien hat sich die Verbraucherstimmung bis zum Sommer merklich eingetrübt.

Die Erholung der Konjunktur in Europa schlägt sich auch im österreichischen Export nieder. Die Ausfuhr in den EU-Binnenmarkt expandierte im Juni und Juli nach vorläufigen Angaben um mehr als 10%. Das Importwachstum bleibt kräftig – ein Ergebnis der regen Konsum- und Investitionsnachfrage im Inland. Das Defizit in der Warenzahlungsbilanz betrug von Jänner bis August 48 Mrd. S. Der Reiseverkehrsüberschuß nimmt weiter zu – die Sommersaison im Tourismus kann an das günstige Ergebnis des Vorjahres anschließen. Der Leistungsbilanzsaldo weist laut Cash-Angaben der OeNB bis August einen Abgang von 29 Mrd. S aus, etwa gleich viel wie im Vorjahr.

Eine Verbilligung von Nahrungsmitteln sowie die Senkung der Telefon- und Stromtarife kompensieren im VPI die Verteuerung von Benzin und Heizöl: Die Preisstabilität bleibt gewahrt, im September erhöhte sich der Verbraucherpreisindex – wie im Durchschnitt der Vormonate – gegenüber dem Vorjahr um 0,5%. Dies ermöglicht eine deutliche Steigerung der Kaufkraft – die Leistungseinkommen je Beschäftigten erhöhten sich im 1. Halbjahr real um etwa 1½%, die Nettomasseneinkommen (einschließlich Transfers) um etwa 2½%.

Die günstige Entwicklung der Inlandsnachfrage bildet einen wichtigen Bestimmungsgrund des regen Beschäftigungswachstums. Dieses konzentriert sich auf den Dienstleistungssektor, die Erholung der Export- und Industriekonjunktur verbessert aber auch die Beschäftigungsaussichten in Kernbereichen der Sachgütererzeugung (Maschinen- und Fahrzeugbau u. a.). Im Oktober waren um 40.000 Unselbständige mehr beschäftigt (ohne Präsenzdiener und Bezieher von Karenzurlaubsgeld) als ein Jahr zuvor (Jänner bis Oktober durchschnittlich +36.000). Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen liegt bedingt durch die Ausweitung der Zahl der Beschäftigten und der in Schulung Stehenden deutlich unter dem Vorjahr. Im Oktober betrug die saisonbereinigte Arbeitslosenquote 6,5% der unselbständig beschäftigten Erwerbspersonen nach der traditionellen österreichischen Berechnungsmethode bzw. 4,1% laut EU Labour Force Survey. Auf eine beim Arbeitsamt gemeldete offene Stelle kamen aber immer noch 6 Arbeitslose.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 11/1999!