13. September 1999 • Konjunktur im Aufschwung • Marcus Scheiblecker

In Österreich kommt die Konjunktur nach einer teilweise bis ins II. Quartal reichenden Phase unterdurchschnittlichen Wachstums nun in Schwung. Die Warenzahlungseingänge stiegen im Juni kräftig; ebenso wurde die Beschäftigung spürbar ausgeweitet, und auch Befragungen unter Österreichs Unternehmen signalisieren ein Wiederanspringen der Konjunktur. Nach der Überwindung der durch die Finanzkrisen des Vorjahres ausgelösten Dämpfung des Wirtschaftswachstums stabilisierte sich die Konjunktur auch auf europäischer Ebene. Während die Binnennachfrage, durch das monetäre Umfeld begünstigt, an Dynamik gewinnt, sind auch die exportorientierten Unternehmen wieder optimistischer.

Im WIFO-Konjunkturtest vom Juli schätzten die österreichischen Industrieunternehmen ihre Produktion für die nahe Zukunft wesentlich günstiger ein als zuletzt. Die Ergebnisse bestätigen damit die von der Europäischen Kommission berechneten Indikatoren für den Euro-Raum. So verbesserte sich der Vertrauensindikator der Industrie seit Mai um 7 Prozentpunkte. Weniger ausgeprägt war diese Tendenz auch in der EU zu beobachten. Der Vertrauensindex der europäischen Verbraucher verbesserte sich im Juli ebenfalls.

In Österreich dürfte die Trendwende bereits eingetreten sein, die aktuelle Entwicklung zeigt Anzeichen einer Beschleunigung. Gemäß den Monatsausweisen der Zahlungsbilanz auf Cash-Basis liegen die Zahlungseingänge für Warenexporte im II. Quartal um 4,8% über jenen des Vorjahres (Juni +16,5%), im I. Quartal war noch ein Minus von 1,6% festzustellen gewesen. Die Beschäftigung erholt sich ebenfalls deutlich, im Juni und Juli stieg sie gegenüber der Vorperiode jeweils um 0,2%, im August blieb sie jedoch unverändert. Die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Präsenzdiener und Bezieher von Karenzgeld) stieg gegenüber dem Vorjahr um 39.000. Zudem ist die Arbeitslosigkeit – teils aufgrund der Maßnahmen zur Verminderung der Arbeitslosigkeit, teils aufgrund der Konjunkturbelebung – weiterhin rückläufig. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote laut Eurostat lag im August unverändert bei 4,3%.

Anhaltend niedrig ist der Preisauftrieb in Österreich. Im Juli betrug die Inflationsrate unverändert 0,4%. Während Treibstoffe teurer wurden, sanken die Preise von Saisonwaren und die Telefontarife.

Die Gründe des zunehmenden Optimismus der Unternehmen liegen sowohl in verbesserten Exportchancen als auch in einer erhofften Zunahme der Binnennachfrage. Der Euro hat seit seiner Einführung zu Jahresbeginn gegenüber dem Dollar erheblich an Außenwert verloren. Noch stärker war der Wertverlust gegenüber dem Yen. Die preisbestimmte Wettbewerbsfähigkeit europäischer Exportartikel verbesserte sich dadurch. Die von den Finanzkrisen ausgegangenen Exportrückschläge sind zudem abgeklungen, einige der betroffenen Länder verzeichnen bereits wieder einen Aufschwung.

Für eine weitere Beschleunigung des Wachstums der europäischen Binnennachfrage sprechen mehrere Gründe. So schuf die EZB mit ihrer deutlichen Senkung des Leitzinssatzes um 0,5 Prozentpunkte Anfang April die monetären Rahmenbedingungen für billigere Konsumentenkredite und ein günstigeres Investitionsumfeld. Da sich geldpolitische Impulse erst mit erheblicher Verzögerung im Wirtschaftsgeschehen niederschlagen, sind weitere positive Auswirkungen zu erwarten. In vielen Ländern haben höhere Lohnabschlüsse zudem eine beträchtliche Ausweitung der Einkommen der privaten Haushalte zur Folge, die durch die niedrige Inflation real verstärkt wird. Auch die leichte Zunahme der Beschäftigtenzahl in Europa hat positive Auswirkungen auf die privaten Verbrauchsausgaben.

Im Euro-Raum deuten sowohl Unternehmensbefragungen als auch eine Verbesserung des Konsumklimas auf einen Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte 1999 hin.

Die aktuelle Konjunktursituation spiegelt diese Erwartungen in Europa jedoch nur bedingt wider. Die Quartalsumfrage der EU-Kommission weist für das III. Quartal eine nahezu unverändert niedrige Kapazitätsauslastung aus – im Euro-Raum lag sie um 0,2 Prozentpunkte unter dem Vorquartal (II. Quartal 0 Prozentpunkte). Dies bedeutet jedoch nach dem Rückgang im I. Quartal 1999 eine Stabilisierung.

Die von Eurostat veröffentlichten Daten zur Industrieproduktion zeigen hingegen eine erste leichte Erholung – der gleitende Dreimonatsdurchschnitt April bis Juni lag im Euro-Raum um 0,3% über dem Niveau der vorangegangenen Monate, für die gesamte EU betrug der Anstieg 0,4%. In Finnland, Spanien, Frankreich und den Niederlanden war die Industrieproduktion höher als in der Vergleichsperiode, in Belgien, Deutschland und Italien niedriger (für Österreich sind noch keine vergleichbaren Werte verfügbar).

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 9/1999!