9. August 1999 • 1998 höhere Produktion im Agrarsektor, Einkommen sinken. Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft in den Bundesländern • Matthias Schneider

Der Agrarsektor weitete 1998 seine Produktion gemessen am Volumen kräftig aus. Dem Werte nach blieb allerdings der agrarische Rohertrag unter dem Vorjahresergebnis. Die aus der Land- und Forstwirtschaft erwirtschafteten Einkommen sind (nach Verlusten in den zwei Jahren zuvor) 1998 neuerlich gesunken. Die Rohertragseinbußen gehen primär auf den Zusammenbruch des Schweinemarktes zurück. Die planmäßige Kürzung der zur Abfederung des "EU-Schocks" eingeführten degressiven Ausgleichszahlungen drückte die Agrareinkommen zusätzlich.

Einbruch der Schweinepreise und Kürzung der Direktzahlungen drücken Agrareinkommen

Nach den vorläufigen Ergebnissen der Agrarischen Gesamtrechnung des WIFO steigerte die Land- und Forstwirtschaft ihre Endproduktion 1998 zu konstanten Preisen überdurchschnittlich (+2,8%) und erreichte damit ihr bestes reales Ergebnis seit 1990. Die Agrarpreise sanken allerdings um etwa 4,3%. Der europaweite Einbruch der Schweinepreise (–27%) prägte die Entwicklung. Dies drückte den Wert des agrarischen Rohertrags auf rund 62,8 Mrd. S (–1% gegenüber dem Vorjahr). Die Zunahme der Erträge im Pflanzenbau (+5,8%) glich die Verluste in der Tierhaltung (–5,1%) nur zum Teil aus. Die Schweinemäster büßten 1998 im Vergleich zum Vorjahr rund 2,3 Mrd. S oder rund ein Fünftel ihres Rohertrags ein. Der Rohertrag aus der Forstwirtschaft überstieg das gute Vorjahresergebnis nur knapp.

Die aus der Agrarwirtschaft erwirtschafteten Einkommen sanken 1998 um etwa 3,8% auf rund 31,9 Mrd. S. Die Entwicklung wurde maßgeblich durch die Kürzung der Subventionen bestimmt: Die landwirtschaftlichen Betriebe erhielten rund 18,7 Mrd. S an Direktzahlungen, um 1,6 Mrd. S weniger als im Vorjahr.

In der ersten Hälfte der neunziger Jahre verließen überdurchschnittlich viele Arbeitskräfte die Land- und Forstwirtschaft. Seit Anfang 1996 sinkt die Abwanderung aus der Landarbeit wieder überraschend kräftig. Im Jahre 1998 waren um 2,4% weniger Arbeitskräfte im Agrarsektor hauptberuflich beschäftigt als im Vorjahr. Dies ist der geringste jährliche Rückgang seit Mitte der achtziger Jahre.

Höherer Rohertrag in Tirol und im Burgenland, größere Einbußen in Wien und der Steiermark

1998 divergierte die Entwicklung des agrarischen Rohertrags zwischen den Bundesländern etwas weniger als üblich. Die regionalen Differenzen waren primär auf Standorteinflüsse zurückzuführen.

Die Land- und Forstwirtschaft Tirols und des Burgenlandes weitete 1998 ihren Rohertrag mit +3,7% und +3,4% am stärksten aus. In Tirol bestimmten höhere Erträge aus der Rinder- und Milchproduktion und eine reiche Obsternte das gute Ergebnis, im Burgenland eine viel höhere Weinernte. In der Tierhaltung erlitten die burgenländischen Bauern schwere Einbußen, die das positive Ergebnis im Pflanzenbau zum Teil aufwogen. Für die Agrarwirtschaft Niederösterreichs (+0,5%) und Vorarlbergs (+1,0%) wurde ein geringer Rohertragszuwachs ermittelt. Niederösterreich profitierte wie das Burgenland von der viel höheren Weinernte, die einer Mißernte folgte. Einbußen in der Schweineproduktion und ein geringerer Holzeinschlag belasteten jedoch das Ergebnis. In Vorarlberg war die Obsternte sehr gut. In Oberösterreich (–2,5%), Kärnten (–1,2%) und Salzburg (–0,7%) sank die agrarische Endproduktion 1998 leicht. Oberösterreich war von der Krise auf dem Schweinemarkt besonders betroffen. Pflanzenbau und Forstwirtschaft expandierten. In Kärnten, dem waldreichsten Bundesland Österreichs, reduzierte die Forstwirtschaft den Einschlag und konnte deshalb die anhaltend gute Holzkonjunktur nur zum Teil nutzen. In Salzburg glichen gute Ergebnisse der Landwirtschaft die Einbußen der Forstwirtschaft infolge einer kräftigen Einschränkung des Holzeinschlags nur zum Teil aus. Die Land- und Forstwirtschaft der Steiermark (–4,1%) und Wiens (–7,2%) verzeichnete einen überdurchschnittlich hohen Ertragsrückgang. Das schwache steirische Ergebnis wurde durch die Krise auf dem Schweinemarkt geprägt – in der Steiermark (und in Oberösterreich) ist der Anteil der Schweineproduktion am agrarischen Rohertrag mit über einem Fünftel viel höher als in den anderen Bundesländern. Eine schwächere Obsternte belastete das Ergebnis zusätzlich. Das kräftige Minus in Wien ist die Folge einer schwachen Obsternte und von Einbußen im Gemüsebau.

Die Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe wurden 1998 in allen Bundesländern verringert. In den großen Agrarländern Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark und insbesondere in Wien war die Kürzung überdurchschnittlich. Die an die Landwirtschaft insgesamt ausgeschütteten Subventionen entsprachen knapp 38% des Wertes des gesamten landwirtschaftlichen Rohertrags zu Marktpreisen. Dies zeigt die große Bedeutung dieser Transfers für die Rentabilität der landwirtschaftlichen Erzeugung unter den Bedingungen der GAP und insbesondere auch für die Einkommensbildung in der Landwirtschaft.

Gemessen am Wert des landwirtschaftlichen Rohertrags streuen die Direktzahlungen regional erheblich. 1998 waren sie in Wien mit 4,2% untypisch niedrig. In den anderen Bundesländern betrugen sie zwischen 28% (Steiermark) und etwas mehr als 50% (Salzburg, Tirol und Vorarlberg). Diese Differenzen sind primär durch folgende Faktoren zu erklären: Besonderheiten der EU-Markt- und -Förderungspolitik und deren Umsetzung in Österreich, Unterschiede der Produktionsstruktur, Einstufung und Förderung als benachteiligtes Gebiet sowie Beteiligung der Agrarbetriebe an den angebotenen Programmen, insbesondere am Umweltprogramm.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 8/1999!