21. Juli 1999 • Trotz gedämpfter Industriekonjunktur umfangreiche Investitionspläne für 1999 • Michael Pfaffermayr

Die österreichischen Industrieunternehmen gehen für 1999 von einer langsamen Erholung der Konjunktur aus, planen aber dennoch umfangreiche Investitionen (+23,7%). Darin sind teilweise Investitionsprojekte enthalten, die im Vorjahr aufgrund des Konjunktureinbruchs im 2. Halbjahr aufgeschoben wurden. Einschließlich der in der Umfrage nicht erfaßten Bereiche (Teile des Gewerbes, Dienstleistungen, öffentlicher Sektor) werden die Bruttoanlageinvestitionen 1999 aufgrund der schwachen Dynamik der Bauinvestitionen voraussichtlich real um nur 3,8% zunehmen (nach +4,7% 1998).

Nach der jüngsten WIFO-Prognose verlangsamt sich 1999 das Wachstum der realen Sachgüterproduktion auf 2,0%. Ausschlaggebend ist die Verschlechterung der internationalen Rahmenbedingungen, insbesondere durch den Verfall der Rohstoffpreise, die Krisen in Ostasien, Lateinamerika und Rußland und die damit verbundenen Unsicherheiten auf den Finanzmärkten seit dem 2. Halbjahr 1998. Die österreichische Exportwirtschaft wurde dadurch merklich beeinträchtigt, die Industrieproduktion war im 2. Halbjahr 1998 und im 1. Halbjahr 1999 rückläufig.

Der EU-Vertrauensindikator der Industrie verbesserte sich im April dieses Jahres erstmals wieder und signalisiert die Überwindung des Konjunkturtiefs. Die europäische Industrie beurteilt nun ihre Auftragsbestände (besonders die Auslandaufträge) wieder etwas optimistischer. Die Produktionserwartungen und die Erwartungen hinsichtlich der Verkaufspreisentwicklung deuten ebenfalls auf eine Verbesserung des Konjunkturklimas in der zweiten Jahreshälfte 1999 hin. Diese Entwicklung ist durch zunehmend optimistische Meldungen in 11 der 15 EU-Länder geprägt.

Die jüngsten Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests vom Juni 1999 bestätigen das Einsetzen des Aufschwungs in der österreichischen Industrie. Die vier wichtigsten Konjunkturindikatoren verbessern sich seit März 1999 kontinuierlich. Die Beurteilung der Auslandsaufträge hat sich, allerdings auf sehr niedrigem Niveau, stabilisiert. Die vom internationalen Verfall der Rohstoffpreise besonders betroffenen Sektoren (Basissektor, Grundstoffchemie und einige Branchen der technischen Verarbeitung) schätzen ihre Auftragsbestände aber nach wie vor deutlich ungünstiger ein als im langjährigen Durchschnitt. Im Konsumgüter- und Fahrzeugbereich blieb die Konjunktur robuster. Die pessimistischen Umsatzerwartungen der Industrieunternehmen für 1999 zeigen, daß die Wachstumsdynamik stärker einbrach als erwartet und sich die Industriekonjunktur nur langsam stabilisiert.

Österreich bietet weiterhin günstige Bedingungen für Investitionen. Hohe Produktivitätssteigerungen, eine zurückhaltende Lohnpolitik und stabile Wechselkurse ermöglichten in den letzten Jahren eine deutliche Verbesserung der Lohnstückkostenposition Österreichs gegenüber seinen Handelspartnern. Für 1999 und 2000 ist nach der jüngsten WIFO-Prognose eine Fortsetzung dieser Tendenz zu erwarten. Das niedrige nominelle Zinsniveau, sinkende Rohstoffpreise und eine in den vergangenen Jahren ausgezeichnete Gewinnsituation tragen ebenfalls zum guten Investitionsklima bei.

Nach dem Wachstumseinbruch im 2. Halbjahr 1998 prägten Unsicherheiten die Investitionstätigkeit der österreichischen Industrieunternehmen. Die ursprünglich optimistischen Pläne wurden im Jahresverlauf deutlich nach unten revidiert und zum Teil in das Jahr 1999 aufgeschoben. Für 1999 planen die Industrieunternehmen umfangreiche Investitionsvorhaben (+23,7%); teilweise werden die im Jahr 1998 zurückgestellten Projekte realisiert. Damit wird sich die Investitionsquote signifikant auf 7,1% erhöhen und beinahe das Spitzenniveau des Jahres 1996 erreichen.

Der Basissektor war vom Verfall der Rohstoffpreise besonders betroffen und erwartet für 1999 einen Umsatzeinbruch (nominell –9,2%). Dies bestätigt die subjektive Einschätzung der Wettbewerbsposition durch die Unternehmen: Sie haben auf den Auslandsmärkten (besonders außerhalb der EU) an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Die Auftragsbestände wurden in der ersten Jahreshälfte pessimistisch beurteilt. Die vorauseilenden Indikatoren signalisieren aber, daß der Tiefpunkt bereits überschritten wurde. Für 1999 sind Investitionen von 12,4 Mrd. S geplant, um 0,8% weniger als 1998.

Die Chemieunternehmen sind für 1999 ebenfalls pessimistisch und rechnen mit einer Stagnation der Umsätze (+0,2%). Auch sie schätzen ihre Wettbewerbsfähigkeit 1999 subjektiv schlechter ein als im Vorjahr. Mit einer Stabilisierung der Konjunktur in diesem Sektor kann erst im Laufe des 2. Halbjahres 1999 gerechnet werden. Für 1999 planen die Chemieunternehmen trotz der mäßigen Nachfrage und des Preisdrucks in der Grundstoffchemie Investitionen von 10,4 Mrd. S – das entspricht einem nominellen Zuwachs um 58,7% gegenüber 1998.

Die technische Verarbeitung gewann in den letzten 10 Jahren als Folge des – wenn auch aus industriepolitischer Sicht zu langsam – voranschreitenden Strukturwandels beträchtlich an Bedeutung. In einem Hochlohnland wie Österreich sollten Produkte mit hoher Qualität, hohem Technologiegehalt und hoher Humankapitalintensität strukturell mehr Gewicht erhalten. Die Unternehmen der technischen Verarbeitung sind auch am stärksten internationalisiert: 8,6% der befragten Unternehmen erzielen über Auslandstöchter bereits mehr als 50% des Umsatzes aus heimischer Produktion, 26,1% haben Tochterunternehmen im Ausland. Für 1999 sind Investitionsvorhaben mit mehreren Großprojekten von 28,3 Mrd. S geplant. Umfangreiche Investitionen sehen vor allem die Elektroindustrie und die Fahrzeugindustrie vor.

Die Bauzulieferer erwarten für 1999 einen mäßigen Umsatzzuwachs, planen aber ebenfalls eine massive Ausweitung ihrer Investitionen. Die Hersteller traditioneller Konsumgüter wollen ihre Investitionen um 12,4% ausweiten.

Abbildung: Vertrauensindikator der Industrie im europäischen Vergleich
Saisonbereinigt, mittelwertbereinigt

Q: EU-Kommission, DG II/4.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 7/1999!