2. Juli 1999 • Verringerung der Arbeitslosigkeit bei anziehender Konjunktur. Prognose für 1999 und 2000 • Ewald Walterskirchen

Das Konjunkturbild entspricht derzeit den jüngsten WIFO-Voraussagen. Zur Jahreswende erreichte die Industriekonjunktur ihren Tiefpunkt, seither weist sie nach oben. Die Wachstumsprognose für die Gesamtwirtschaft bleibt unverändert. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich günstiger als erwartet. Die Arbeitslosigkeit wird erstmals seit 1994 spürbar zurückgehen, vor allem dank der starken Inlandsnachfrage und der zusätzlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.

Die österreichische Wirtschaft wird, wie schon im März prognostiziert, 1999 um 2,2% und 2000 um 2,6% wachsen. Die Export- und Industriekonjunktur erreichte zur Jahreswende ihren Tiefpunkt, seither verbessert sich die Einschätzung der Unternehmer wieder. Insbesondere die WIFO-Konjunkturumfrage vom Juni bestätigt, daß sich die Industrie wieder auf Wachstumskurs befindet und die Unternehmen für das 2. Halbjahr optimistisch sind.

Auch in der EU, insbesondere in Deutschland, festigte sich das Unternehmervertrauen in den letzten Monaten. Dies kann vor allem darauf zurückgeführt werden, daß sich die Lage der Wirtschaft in Südostasien allmählich stabilisiert. Die Aussichten für den Export bessern sich auch aufgrund des sinkenden Euro-Kurses. Das Risiko neu aufbrechender Krisen bleibt allerdings bestehen.

Im I. Quartal zeigte das BIP in Österreich ebenso wie in der Euro-Zone bereits eine Aufwärtstendenz, es stieg gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt um 0,4%. Gegenüber dem Vorjahr betrug das Wachstum in der Euro-Zone 1,8%, in Österreich wurde es durch einen witterungsbedingten Rückgang der Bauproduktion auf 1,1% gedrückt.

Die Eintrübung im Export wird heuer durch eine lebhafte Inlandsnachfrage ausgeglichen. Die realen Nettomasseneinkommen der Haushalte steigen dank unveränderter Importpreise und expandierender Beschäftigung mit fast +3% außerordentlich stark. Die Zunahme der Kaufkraft hat eine kräftige Ausweitung der Konsumausgaben zur Folge, die im kommenden Jahr durch die Steuerreform noch beschleunigt wird. Aber auch die Investitionsneigung der Unternehmen scheint von der vorübergehenden Exportschwäche wenig berührt, wie die Investitionspläne und die Importe von Ausrüstungsgütern zeigen. Die Wachstumsprognosen vom März müssen also nicht revidiert werden, die Wirtschaft entwickelt sich gemäß dem vom WIFO zuletzt erwarteten Pfad.

Die Arbeitsmarktprognosen können jedoch nach oben korrigiert werden: Die Zahl der Arbeitsplätze wird heuer um rund 30.000 zunehmen, die Arbeitslosigkeit um 10.000 zurückgehen. Zwei Fünftel der Verringerung der Arbeitslosigkeit gehen auf befristete arbeitsmarktpolitische Maßnahmen (Job Coaching) zurück. Der größere Teil des Rückgangs der Arbeitslosigkeit hängt jedoch mit der Beschäftigungsausweitung im Dienstleistungssektor zusammen, der von der starken Inlandsnachfrage profitiert. Mit der Festigung der Konjunktur wird die Arbeitslosenquote auch im kommenden Jahr weiter zurückgehen (auf 4,2%).

Die Inflation hat sich infolge sinkender Importpreise und stabiler Lohnstückkosten verringert. Die Teuerungsrate wird heuer 0,6% betragen und mit dem Anziehen der Rohwarenpreise im nächsten Jahr leicht auf 1% steigen. Neben den Unternehmen profitieren die Haushalte von der Liberalisierung des Telekommunikations- und Strommarktes. Die Löhne werden wegen des hohen Wettbewerbsdrucks in der EU und der Marktlage der Industrie, welche die Lohnführerschaft hat, nur mäßig steigen. Die Gewinn- und Arbeitsmarktlage in Industrie und Bauwirtschaft ist 1999 ungünstiger als im vergangenen Jahr.

Die Schwäche der Exportnachfrage wird heuer eine Passivierung der Handelsbilanz zur Folge haben, die jedoch durch steigende Reiseverkehrsüberschüsse teilweise kompensiert wird. Die Leistungsbilanz wird durch einen stark negativen Saldo der Faktoreinkommen belastet. Dies ist nicht Ausdruck von internationalen Wettbewerbsproblemen, sondern eine unmittelbare Folge der hohen Attraktivität inländischer festverzinslicher Wertpapiere für internationale Investoren.

Der Bundesvoranschlag wird heuer wie in den vergangenen Jahren strikt eingehalten. Die Nettokreditaufnahme der öffentlichen Haushalte wird 1999 ähnlich wie 1998 knapp über der 2%-Marke liegen. Im Jahr 2000 ist aufgrund der umfangreichen Steuerreform eine besonders angespannte Budgetsituation zu erwarten. Die Nettokreditaufnahme von 2,5% ist eine Zielgröße, die nur durch Ausgabenzurückhaltung zu erreichen sein wird. Eine günstigere Budgetentwicklung wäre in einem Jahr massiver Steuersenkungen und zusätzlicher familienpolitischer Leistungen nur bei sehr guter Konjunktur zu erwarten. Um ein neuerliches einschneidendes "Sparpaket" zu vermeiden, wird über mehrere Jahre besondere Ausgabendisziplin notwendig sein.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 7/1999!