26. April 1999 • Wachstumsabschwächung in Österreich seit dem Sommer 1998 • Marcus Scheiblecker

Das Jahr 1998 verlief für Österreichs Wirtschaft sehr erfolgreich (BIP +3,3%). Im 1. Halbjahr gingen die Wachstumsimpulse vom Exportboom aus. Bedingt durch die internationale Finanzkrise verlangsamte sich der Exportanstieg jedoch im Frühherbst beträchtlich. Da die im Jahresverlauf verstärkte Ausweitung der Konsumausgaben der privaten Haushalte den Nachfrageausfall aus dem Ausland nur teilweise ausglich, kühlte sich die Konjunktur im 2. Halbjahr ab. Der Verfall der Rohstoff- und Erdölpreise ließ die Inflationsrate 1998 weiter zurückgehen. Die günstige Wirtschaftsentwicklung zeigte sich auch in einem kräftigen Anstieg der Beschäftigung. Wegen einer gleichzeitigen Erhöhung des Arbeitskräfteangebotes nahm die Arbeitslosigkeit jedoch abermals leicht zu.

Der Konjunkturaufschwung des Jahres 1997 hielt in der ersten Hälfte 1998 an. Eine überaus rege Auslandsnachfrage bestimmte die Entwicklung im 1. Halbjahr. Die zweistellige Zuwachsrate der Exporte ließ die Sachgüterproduktion deutlich expandieren. Auch die Investitionen konnten in diesem günstigen Umfeld beträchtlich ausgeweitet werden, die Bauinvestitionen profitierten sowohl vom milden Wetter im I. Quartal als auch von einem Boom im Sanierungsbau.

Während die lebhafte Auslandsnachfrage Österreichs Wirtschaft im 1. Halbjahr noch kräftig wachsen ließ, kühlte sich die Konjunktur im III. Quartal ab. Die durch die internationale Finanz- und Währungskrise verursachte Dämpfung der Auslandsnachfrage bremste das Wachstum der Warenexporte erheblich. Der überaus guten Entwicklung im österreichischen Tourismus ist es zuzuschreiben, daß sich der Leistungsbilanzsaldo im Jahr 1998 wieder verbesserte. Die Deviseneinnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr stiegen gegenüber dem Vorjahr um 8 Mrd. S.

Etwas verhalten zeigte sich 1998 der Konsum der privaten Haushalte, obwohl sich das Ausgabenwachstum im Jahresverlauf stetig beschleunigte. Die Folgen der Exportschwäche für das BIP wurden dadurch gemildert. Die leichte Erholung der privaten Konsumausgaben ging auf die Zunahme der verfügbaren Einkommen gegenüber dem vom Sparpaket geprägten Jahr 1997 und auf den außerordentlich niedrigen Anstieg der Verbraucherpreise zurück. Gleichzeitig sparten die privaten Haushalte mehr.

Die zur Erreichung der Maastricht-Kriterien forcierte Verringerung des öffentlichen Defizits von 3,7% des BIP 1996 auf 1,9% 1997 setzte sich 1998 nicht fort. Trotz guter Konjunkturlage stieg der Finanzierungssaldo leicht auf –2,1% des BIP.

Die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums hatte auch positive Auswirkungen auf die Arbeitskräftenachfrage. Im Jahr 1998 erhöhte sich die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Bezieher von Karenzurlaubsgeld und Präsenzdiener) um 29.800. Allerdings ist ein Großteil dieser Entwicklung auf die Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung im Dienstleistungssektor zurückzuführen. Die Zunahme der Arbeitskräftenachfrage hielt mit der des Angebotes nicht mit, sodaß sich die Arbeitslosenquote auch 1998 leicht erhöhte.

Der Anstieg der Verbraucherpreise war 1998 mit 0,9% so niedrig wie zuletzt vor 43 Jahren. Hatten 1997 hauptsächlich die verzögerten Effekte des EU-Beitritts für geringe Preissteigerungen gesorgt, so übte 1998 der internationale Verfall der Erdöl- und Rohstoffpreise einen dämpfenden Einfluß aus. Auch die durch Liberalisierungen auf dem heimischen Markt (Strom, Telekommunikation) induzierten Preissenkungen trugen aber dazu bei, den allgemeinen Preisanstieg in engen Grenzen zu halten.

Im internationalen Vergleich liegt Österreich mit einem Wirtschaftswachstum von 3,3% 1998 im Spitzenfeld der EU-Länder. Das reale BIP expandierte um rund 1/2 Prozentpunkt rascher als im EU-Durchschnitt und auch in Deutschland, wo sich vor allem Bauwirtschaft und Tourismus ungünstiger entwickelten als in Österreich.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 4/1999!