26. Februar 1999 • Leichte Belebung der Baukonjunktur in Westeuropa erwartet • Margarete Czerny

Die Bauwirtschaft belebt sich in Westeuropa gegen Ende der neunziger Jahre etwas, während sie in Österreich an Dynamik verliert. In Ost-Mitteleuropa ist erstmals seit dem Umstrukturierungsprozeß ein anhaltend kräftiges Wachstum zu erwarten.

Laut Ergebnissen der jüngsten Euroconstruct-Konferenz stieg das reale Bauvolumen in 15 westeuropäischen Ländern 1998 um nur 11/2%, 1999 wird sich das Wachstum auf 21/2% beschleunigen und im Jahre 2000 auf 2% leicht zurückgehen. In Ost-Mitteleuropa rechnet die Bauwirtschaft hingegen mit jährlichen Wachstumsraten von 6%. Die österreichische Bauwirtschaft koppelt sich von der europäischen Entwicklung deutlich ab: Nachdem sie in den neunziger Jahren stets überdurchschnittlich abschnitt, wird sie 1999 mit +2% und im Jahr 2000 mit +11/2% schwächer wachsen.

In Westeuropa kommen die Impulse vom Renovierungs- und Modernisierungssektor sowie vom Wirtschaftsbau. Dies gilt auch für Österreich. Der Wohnungsneubau erholt sich in Westeuropa langsam, während in Österreich – nach dem Wohnbauboom – mit massiven Einbrüchen zu rechnen ist. In Westeuropa wie auch in Österreich profitiert der Infrastruktur- und Tiefbau dadurch, daß der massive Konsolidierungsdruck der meisten europäischen Länder mit dem Erreichen der Konvergenzkriterien zur Einführung der Europäischen Währungsunion etwas nachgelassen hat.

In Westeuropa wirkt die leichte Zunahme der verfügbaren Einkommen positiv auf Investitionsentscheidungen. Mit der rückläufigen Tendenz der Arbeitslosigkeit wächst das Vertrauen in die Stabilität der europäischen Wirtschaft. Auch der starke Rückgang des europäischen Zinsniveaus begünstigt die Bauinvestitionen – sie sind jene Nachfragekomponente, die gewöhnlich am stärksten auf Zinsänderungen reagiert. In den meisten Ländern bestehen aber Überkapazitäten an Bauten, die die Investitionen dämpfen.

Von der Konjunkturbelebung der vergangenen Jahre hat die westeuropäische Bauwirtschaft kaum profitiert. Der Anteil der Bauwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt ist im letzten Jahrzehnt tendenziell gesunken. Im Jahr 2000 wird er nur noch 10% betragen, nach 111/2% Anfang der neunziger Jahre. Dabei zeichnet sich eine deutliche Strukturverschiebung innerhalb der europäischen Bauwirtschaft ab: Tendenziell gewinnt der Modernisierungs- und Renovierungssektor, der Wohnungsneubau hingegen verliert an Bedeutung.

In Österreich erzielte die Bauwirtschaft, die bis dahin rascher gewachsen war als in Westeuropa, 1998 einen realen Produktionszuwachs von etwa 3%. 1999 wird mit einer Abschwächung des Wachstums auf knapp 2% und im Jahre 2000 auf 1,5% gerechnet.

Nur aufgrund von Sonderfaktoren – günstiges Wetter zu Jahresbeginn und steuerliche Begünstigungen für den Sanierungs- und Modernisierungsbau – entwickelte sich die Bauwirtschaft in Österreich 1998 noch günstig. In der ersten Jahreshälfte wurde die Bauproduktion deutlich ausgeweitet, im 2. Halbjahr zeichnete sich allerdings eine merkliche Abschwächung ab, die sich 1999 fortsetzen wird. Ihre Ursache liegt vor allem in der rückläufigen Nachfrage im Wohnungsneubau. Nach eine Phase starker Expansion in der ersten Hälfte der neunziger Jahre erlitt der Wohnungsneubau 1998 erstmals deutliche Produktionseinbußen. 1997 wurde die Errichtung von 56.900 Wohnungen bewilligt, nach 65.400 im Jahre 1996; 1999 wird ein Rückgang auf 50.000 erwartet, und bis zum Jahre 2000 könnte sich die Zahl der bewilligten Wohnungen sogar auf 44.000 verringern.

Im Gegensatz zum Wohnungsneubau boomt der Renovierungs- und Modernisierungssektor in Österreich. Mit dem Auslaufen der Steuerbegünstigungen Ende 1999 fällt allerdings ein Investitionsanreiz weg. Der Wirtschaftsbau belebt sich etwas besser, auch von den niedrigen Zinsen gehen Impulse auf das Investitionsklima aus. Der Tiefbau wird sich nach den Budgetrestriktionen der vergangenen Jahre wieder etwas beleben.

Die österreichischen Bauwirtschaft wuchs 1998 mit +3% nur geringfügig schwächer als das Bruttoinlandsprodukt (+3,3%). Die Wachstumsdifferenz wird sich 1999 und 2000 etwas vergrößern: Die Bauwirtschaft wird 1999 mit +2% und im Jahr 2000 mit +11/2% schwächer expandieren als die Gesamtwirtschaft (+2,8% bzw. +2,6%). Getragen wird die Entwicklung vor allem vom Wirtschaftsbau und Tiefbau sowie vom gesamten Sanierungs- und Modernisierungssektor; die Einbußen im Wohnungsneubau werden so in den kommenden zwei Jahren voraussichtlich kompensiert.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 2/1999!