21. Jänner 1999 • Effizienz und Transparenz der geldpolitischen Strategie des ESZB • Peter Brandner

Der Vertrag von Maastricht legt in Art. 105 Abs. 1 als vorrangiges Ziel des ESZB fest, "Preisstabilität zu gewährleisten". Die Statuten verpflichten somit das ESZB zur Wahrung der Preisstabilität, schließen jedoch implizit eine mögliche Funktion der Outputstabilisierung nicht aus, sofern diese dem Preisstabilitätsziel nicht zuwiderläuft: "Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um zur Verwirklichung der in Art. 2 festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen."

Im Oktober 1998 entschied sich der EZB-Rat für eine flexible geldpolitische Strategie:

  • Das ESZB hebt die besondere Rolle der Geldmenge hervor, indem es einen quantitativen Referenzwert für das Wachstum eines breiten monetären Aggregates (M3) bekanntgibt, der der Erreichung von Preisstabilität dient.
  • Das ESZB mißt dem Ausblick auf die Preisentwicklung im Euro-Währungsgebiet große Bedeutung bei. Diese Einschätzung basiert auf einem breiten Spektrum wirtschaftlicher und finanzieller Größen als Indikatoren der künftigen Preisentwicklung.

Die Strategie des ESZB ist keine Inflationszielstrategie, da weder ein Inflationsziel verlautbart noch eine Inflationsprognose bekanntgegeben wird. Sie ist auch keine Geldmengenzielstrategie, da das ESZB der Geldmenge nur die Rolle eines Referenzwertes zuweist, sie jedoch nicht als Zwischenziel definiert. Das ESZB trägt dem Umstand Rechnung, daß Probleme der Kontrollierbarkeit der Geldmenge und mögliche Instabilitäten der Geldnachfragefunktion die Erreichung geldpolitischer Ziele erschweren können.

Ein Kriterium zur Bewertung einer geldpolitischen Strategie ist die Effizienz: Die Strategie muß die von der Politik vorgegebenen Ziele optimal erfüllen können, d. h. etwa die Inflationsrate auf dem Zielniveau stabilisieren und Konjunkturschwankungen um den langfristigen Trend möglichst gering halten können. Potentiell ist die Strategie des ESZB effizienter als eine Geldmengenzielstrategie, weil sie eine flexiblere Reaktion auf Schocks erlaubt.

Als zusätzliches Kriterium gewinnt Transparenz zunehmend an Bedeutung. Transparenz erleichtert das Verständnis der Öffentlichkeit für die Geldpolitik der Notenbank und erhöht somit deren gesellschaftliche Akzeptanz. Transparenz ist daher eine notwendige Voraussetzung für Rechenschaftspflicht.

Eine transparente Strategie stärkt die Position einer Notenbank in der Argumentation und unterbindet mißverständliche Interpretationen ihrer Politik. Die Publikation einer Inflationsprognose durch das ESZB würde die Erklärung zinspolitischer Schritte erleichtern und so die Transparenz steigern. Auch die Veröffentlichung der Protokolle des EZB-Rates würde der Öffentlichkeit helfen, die Qualität der Argumente sowie die verwendeten Informationen zu verfolgen. Damit könnten zusätzliche Anreize für optimale geldpolitische Entscheidungen gesetzt werden.

Eine Inflationszielstrategie hätte den Vorteil, sowohl effizient als auch transparent zu sein. Ein wichtiges Kommunikationsinstrument ist die Inflationsprognose: Die Diskussion der Inflationsprognose des ESZB erleichtert der Öffentlichkeit das Verständnis der Geldpolitik.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/1999!