21. Jänner 1999 • Zur Fundierung des Designs des Europäischen Zentralbanksystems • Franz R. Hahn

Der Schwerpunkt des institutionellen Designs der künftigen europäischen Geldpolitik liegt bei Elementen der Unabhängigkeit. Diese starke Betonung der Unabhängigkeit wirft die Frage auf, wieweit unter dieser Voraussetzung "accountability" sichergestellt werden kann, die sowohl für die Effizienz als auch für die Akzeptanz der Geldpolitik eine entscheidende Rolle spielt. Bei hohem Grad der Unabhängigkeit erscheint insbesondere für neue Institutionen ohne bereits etablierte Reputation als glaubwürdiger Akteur der Geldpolitik ein hohes Maß an Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit als geeignetes Instrument, Unsicherheiten abzubauen und einen entsprechenden "track record" zu erwerben.

Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) ließ erkennen, daß es Schritte in diese Richtung setzen will, die über das bisher in vielen Teilnehmerstaaten bestehende Maß hinausgehen. Der außerordentlich hohe Grad an Transparenz der Bank of England wird damit allerdings anfangs nicht erreicht – für ihn waren freilich andere Voraussetzungen maßgebend.

Über die institutionelle Struktur und die Aufgabenzuordnung der künftigen europäischen Geldpolitik bestehen vielfach Mißverständnisse. Geldpolitik ist als Aufgabe des ESZB definiert, das aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Notenbanken (NZB) besteht. Entscheidungsorgan ist der EZB-Rat, in dem die 11 Gouverneure der NZB vertreten sind, freilich keineswegs als Vertreter ihrer NZB. Die EZB übernimmt die operative Umsetzung dieser Entscheidungen und bedient sich dabei auch der NZB. Die häufig zu vereinfacht geforderte erhöhte Zentralisierung der Geldpolitik bei der EZB – im Sinne stärkerer alleiniger geldpolitischer Entscheidungsbefugnisse des Direktoriums – steht hingegen nicht in Einklang mit den durch den EU-Vertrag vorgegebenen Rahmenbedingungen und würde eine grundlegende Neuordnung der Aufgabenverteilung bedingen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/1999!