20. Jänner 1999 • Geldpolitik in der Währungsunion • Helmut Kramer, Franz R. Hahn

Anläßlich des Starts der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion mit Jahresbeginn 1999 beschäftigt sich das Heft 1/1999 der WIFO-Monatsberichte ausführlich mit den wirtschaftspolitischen Implikationen und Konsequenzen einer gemeinsamen Währung in vorerst elf Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Das Heft wird am 20. Jänner 1999 im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.

Große Bedeutung für das Gelingen dieses historisch einzigartigen Vorhabens kommt der Koordination der Wirtschaftspolitik auf der Ebene der Währungsunion bzw. der gemeinsamen Geldpolitik mit der dezentralen Fiskal- und Strukturpolitik auf nationaler Ebene zu. Diese Fragestellung steht im Zentrum der Überlegungen von Helmut Kramer. Die Koordination und Abstimmung von geld- und fiskalpolitischen Entscheidungen erhöht unleugbar die Effizienz beider. Ideologische Auffassungsunterschiede über die Rolle der gemeinsamen Geldpolitik und eine engstirnige Interpretation des geldpolitischen Auftrags des Europäischen Zentralbanksystems könnten jedoch leichtfertig vorhandene Spielräume gefährden. Die Errichtung der Währungsunion wurde nur sehr begrenzt von einer Koordination jener wirtschaftspolitischen Bereiche begleitet, deren reibungsloses Funktionieren vielfach als unerläßlich angesehen wird. Dies gilt im besonderen für die ausstehende Harmonisierung der nationalen Steuersysteme und für die Gestaltung der regionalwirtschaftlichen Ausgleichsmechanismen. Der nationalen Lohnpolitik wird in der Währungsunion für die Sicherung von Wachstum und Beschäftigung eine noch größere Bedeutung zukommen als bisher.

Mit dem Design des Europäischen Zentralbanksystems (ESZB) beschäftigt sich der Beitrag von Franz R. Hahn und Peter Mooslechner. Unabhängigkeit des ESZB und Sicherung der Preisstabilität bestimmen die Ausgestaltung des institutionellen Designs der künftigen europäischen Geldpolitik. Ein hohes Maß an Unabhängigkeit und Transparenz gilt als besonders geeignet für neue Institutionen ohne gefestigte Reputation, um sich als glaubwürdiger Akteur der Geldpolitik zu etablieren und Unsicherheiten über ihr Handeln in der Öffentlichkeit abzubauen. Das ESZB hat erkennen lassen, daß es seine Unabhängigkeit im Interesse einer transparenten und effizienten Geldpolitik wahren wird.

Die geldpolitische Strategie des ESZB steht im Mittelpunkt des Artikels von Peter Brandner und Helene Schuberth. Die Strategie des ESZB weist große Ähnlichkeit mit der Geldmengenstrategie der Deutschen Bundesbank auf, berücksichtigt jedoch darüber hinaus einige Elemente einer Inflationszielstrategie. Insgesamt scheint die geldpolitische Strategie des ESZB jenen flexiblen Handlungsspielraum zu schaffen, der eine rasche und effiziente Reaktion auf Schocks ermöglichen sollte. Den unsicheren Rahmen- und Startbedingungen im Übergang zur dritten Stufe der Währungsunion kann auf der Grundlage der flexiblen geldpolitischen Strategie des ESZB ebenfalls besser begegnet werden als im Rahmen einer ausschließlichen Inflationsziel- oder Geldmengenzielstrategie.

Die möglichen unterschiedlichen Auswirkungen der gemeinsamen europäischen Geldpolitik diskutieren Josef Baumgartner und Thomas Url. Die Verschiebung des geldpolitischen Transmissionsmechanismus vom Wechselkurskanal zum Zins-, Vermögenspreis- und Kreditkanal wird in den Anfangsjahren der Europäischen Währungsunion regional unterschiedliche Anpassungsmuster auf das einheitliche Zinssignal der Europäischen Zentralbank (EZB) erzeugen. Die vorliegenden empirischen Erkenntnisse lassen jedoch keine gesicherten quantitativen Schlußfolgerungen über Richtung und Ausmaß des Wandels zu. Der Kreditkanal dürfte allerdings in der EWU größere Bedeutung erlangen als in den USA, weil europäische Unternehmen in stärkerem Umfang auf Fremdfinanzierung zurückgreifen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/1999!

Die Pressekonferenz findet am Mittwoch, dem 20. Jänner 1999, um 11 Uhr im Großen Sitzungssaal des WIFO statt.