18. Dezember 1998 • Dämpfung des Wirtschaftswachstums. Prognose für 1999 und 2000 • Ewald Walterskirchen

Nach einem guten Jahr 1998 mit einem BIP-Wachstum von 3,3% wird sich das Wirtschaftswachstum in Österreich 1999 infolge ungünstiger internationaler Rahmenbedingungen auf 2,4% verlangsamen. Der private Konsum wird 1999 Stütze der Konjunktur sein. Die Wirtschaftsdynamik dürfte nicht ausreichen, um die Arbeitslosenquote spürbar zu senken.

Für die österreichische Wirtschaft war 1998 trotz ungünstiger weltwirtschaftlicher Rahmenbedingungen ein erfolgreiches Jahr. Die Wachstumsrate des realen Bruttoinlandsproduktes betrug nach aktuellen Schätzungen 3,3%, das ist der höchste Wert seit 1991. Zweistellige Exportsteigerungen in der ersten Jahreshälfte und eine kontinuierlich zunehmende Inlandsnachfrage legten den Grundstein für die beachtliche Expansion, die den EU-Durchschnitt (+3%) deutlich übertraf.

Im Herbst zeichnete sich jedoch in Industrie und Exportwirtschaft eine Konjunktureintrübung ab. Die Krisen in Asien, Rußland und Lateinamerika sowie die Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten verlangsamten das Wachstum der Weltwirtschaft und beeinträchtigten auch die österreichischen Exporte. Der Verfall der internationalen Rohstoffpreise traf insbesondere die Grundstoffindustrie und verschlechterte die Geschäfts- und Ertragserwartungen. Die pessimistische Stimmung der Industrie am Jahresende läßt erwarten, daß sich die Konjunkturdelle zumindest bis ins 1. Halbjahr 1999 erstrecken wird.

Der Dämpfung der Konjunktur durch die Exportabschwächung steht aber eine Belebung der Konsumnachfrage gegenüber. 1998 stiegen die Ausgaben der Haushalte real um 1,8%. Die zunehmende Kaufkraft der privaten Haushalte hat zum Teil dieselbe Ursache wie das Nachlassen der Exportsteigerung: den Rückgang der Rohstoffpreise, insbesondere der Energiepreise.

1999 wird sich die Dynamik weiter vom Export zur Inlandsnachfrage verlagern. Diese Erwartung wird durch den Index des Verbrauchervertrauens bestätigt, der sich in den letzten Monaten dank steigender Kaufkraft, günstigerer Beschäftigungslage und niedriger Inflationsrate laufend verbesserte. Überdies wird die Inlandsnachfrage durch den anhaltenden Rückgang der Zinssätze gestützt. Anfang Dezember senkten die europäischen Notenbanken die Zinsen, um der Gefahr eines Konjunktureinbruchs entgegenzuwirken.

Wegen der verschlechterten internationalen Konjunkturlage muß die Wachstumsprognose für Österreich für 1999 von 2,8% auf 2,4% zurückgenommen werden. Die robuste Inlandsnachfrage ermöglicht ein Wachstum des realen BIP nahe dem mittelfristigen Trendwert. Angesichts der günstigen Rahmenbedingungen, insbesondere niedriger Inflation und Zinsen sowie freier Kapazitäten, dürfte die von den Finanzmarktturbulenzen ausgelöste temporäre Konjunkturschwäche im Jahr 2000 überwunden sein.

Die Dynamik der Wirtschaft wird 1999 nicht ausreichen, um die Arbeitslosenquote spürbar zu senken. Ein geringfügiger Rückgang auf 4,4% (bzw. 7,1% nach traditioneller österreichischer Berechnungsmethode) erscheint jedoch möglich, weil das Arbeitskräfteangebot nicht mehr so rasch zunehmen wird wie 1998. Dank der kräftigen Steigerung der beschäftigungsintensiven Inlandsnachfrage wird die Zahl der Arbeitsplätze 1999 um 24.000 zunehmen. Das mittelfristige Beschäftigungsziel des Nationalen Aktionsplans wird damit bereits in den ersten zwei Jahren der fünfjährigen Planungsperiode zur Hälfte erfüllt. Die Verringerung der Arbeitslosigkeit erweist sich jedoch als besonders schwierig, solange ein steigendes Arbeitskräfteangebot auf den Markt drängt.

Die Inflationsrate wird durch den spürbaren Rückgang der internationalen Preise von Rohöl, Nahrungsmitteln und Industrierohstoffen weiter gedrückt. Im Jahresdurchschnitt 1998 steigen die Verbraucherpreise um nur 0,9%. Auch für 1999 und 2000 zeichnet sich kein signifikanter Preisauftrieb ab, die Inflationsrate dürfte die 1%-Marke nur wenig übertreffen.

Die Entwicklung der Leistungsbilanz wird durch die Verbesserung des Reiseverkehrssaldos geprägt. War dieser mehrere Jahre lang für die Verschlechterung der Leistungsbilanz verantwortlich gewesen, so wirkt er nun in die positive Richtung. Der Zeitpunkt der Drehung des Reiseverkehrssaldos deutet darauf hin, daß die relativen Preise (Wechselkurse) eine wichtige Rolle spielten; darüber hinaus leistete die Strukturverbesserung des heimischen Tourismusangebotes einen wesentlichen Beitrag. Zwischen 1998 und 2000 könnte sich unter günstigen Bedingungen der Saldo der Reiseverkehrsbilanz um 15 Mrd. S verbessern.

Die Revision der Wachstumsprognose 1999 dürfte die Budgetpolitik vor keine zusätzlichen Probleme stellen, da sie nur den Export, nicht die Inlandsnachfrage bzw. die Lohn- und Gehaltssumme betrifft. Das Defizit aller öffentlichen Haushalte wird 1999, wie im Stabilitätsprogramm festgelegt, rund 2,0% des BIP betragen. Daß die Budgetsituation weiterhin angespannt bleibt, zeigt die zu erwartende Entwicklung im Jahr 2000: Unter der technischen Annahme einer Steuerreform mit einer Nettoentlastung von 10 Mrd. S würde das Defizit der öffentlichen Haushalte ohne zusätzliche diskretionäre Maßnahmen auf etwa 21/4% des BIP steigen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/1999!