7. Dezember 1998 • Europa als Standort von Qualitätsproduktion für Osterweiterung gerüstet • Karl Aiginger

Qualitätsprämie sichert EU vor Billiglohnkonkurrenz – Nur Japan noch stärker auf Branchen mit hoher Wertschöpfung konzentriert – Vorsprung der EU gegenüber Drittländern hoch, gegenüber den USA gering – Anteil preiselastischer Produkte noch zu hoch, aber schon starke Nischen in Qualitätsbereichen

Die Industrie der Europäischen Union entgeht der Konkurrenz der Billiglohnländer durch die Produktion hochwertiger Güter: Die Preise von Exportgütern sind durchschnittlich um 40% höher als jene der Importe. Diese Qualitätsprämie ist in 71 der 95 Industriezweige zu beobachten. Dabei sind zwei Gruppen von Industriezweigen zu unterscheiden:

  • In jener Gruppe, in der die EU gegenüber Billiglohnländern Wettbewerbsnachteile hat, konzentriert sich die Industrie auf hochwertige Nischen; dazu zählen Lederbekleidung, Webereien, Sportartikel und Möbel.
  • In einer Gruppe hochwertiger technischer Waren steht die europäische Industrie in scharfer Konkurrenz zu den USA und Japan, kann aber wie auch diese Länder im Gesamtexport (einschließlich der Exporte in Drittländer) einen höheren Preis erzielen.

In 24 Branchen ergibt sich für die EU im Export ein niedrigerer Unit Value als im Import. Dazu zählen Nichteisen-Metalle, Sägeindustrie und einige Sparten der Nahrungsmittel- und der Elektroindustrie.

Die Qualitätsprämie wird vor allem gegenüber den Entwicklungsländern und gegenüber den Transformationsökonomien erzielt. Im bilateralen Warenhandel mit den USA erzielt Europa einen etwas höheren Exportwert – in 49 von 95 Branchen ist eine Qualitätsprämie gegeben. Japan weist eine sehr deutliche Spezialisierung auf hochwertige Branchen auf. Obwohl Japan in nur knapp der Hälfte der Branchen höherwertige Güter nach Europa exportiert, ist der Gesamtpreis der Exporte doppelt so hoch wie in Europa. Dies spiegelt die fast völlige Aufgabe der Produktion mit niedriger Wertschöpfung und von lohnintensiv produzierten Gütern wider.

Konzentration auf preiselastische Produkte

Für den Wirtschaftsstandort Europa ist es angesichts der Osterweiterung der EU wichtig, auf Sektoren zu setzen, in denen neben dem Preis auch die Qualität eine Rolle spielt. Europas Marktanteil ist in jenen Industriezweigen, in denen Preise das wichtigste Verkaufsargument sind, deutlich geringer (23,2%) als in den Branchen, in denen Qualität das zentrale Wettbewerbselement bildet (Weltmarktanteil 30,3%). Die USA hingegen halten im mittleren Segment, in dem Qualität und Preise etwa gleich wichtig sind, den höchsten Marktanteil (21,4%). Japan erzielt den höchsten Weltmarktanteil im Bereich überwiegender Qualitätskonkurrenz (16,3%) und hat jene Wirtschaftszweige, in denen Billiglohnländer einen Wettbewerbsvorteil haben, in hohem Maße als Exportmärkte aufgegeben (Marktanteil 9,7%). Beispiele für hohe Marktanteile bei Qualitätskonkurrenz sind die Kfz-Zulieferung, der Bahncluster und die Sportartikelindustrie.

Österreichs Weltmarktanteil liegt sowohl in Branchen mit hoher Bedeutung der Qualität als auch in jenen mit großer Bedeutung der Preise bei 2%. Im mittleren Segment ist der Markanteil mit 1,5% niedriger. Dies zeigt einerseits eine erfolgreiche Spezialisierung von Unternehmen, die auf anspruchsvollen Märkten Marktnischen aufgebaut haben, andererseits auch den bedeutenden Anpassungsbedarf in Sektoren mit scharfem Preiswettbewerb. Dafür spricht auch, daß die Produktion preiselastischer Güter verglichen mit dem Export in Österreich noch einen überproportionalen Anteil hat (Österreichs Anteil an der Gesamtproduktion preiselastischer Güter der Triade erreicht 1,11%, in Branchen mit vorwiegender Qualitätskonkurrenz 0,84%).

Die hier diskutierten Daten wurden vom WIFO im Rahmen des Berichts der Europäischen Union über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie erarbeitet. Die Pressenotiz gibt nicht die offizielle Meinung der EU wieder.

Weltmarktanteil nach Wettbewerbsfaktoren

1996
 

EU

Japan

USA

Österreich

 

Export des Landes in % der Weltimporte

         

Nach Konkurrenztypus

       

  Qualitätskonkurrenz

30,3

16,3

18,5

2,0

  Mittleres Segment

24,5

15,7

21,4

1,5

  Preiskonkurrenz

23,2

9,7

16,5

2,1

         

Insgesamt

26,9

14,5

18,8

2,0