4. Dezember 1998 • Kräftiges Konsumwachstum bei steigender Sparquote. Zuwächse im Weihnachtsgeschäft zu erwarten • Michael Wüger

Die Sparpakete der Jahre 1996 und 1997 zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte haben die Einkommensentwicklung der Österreicher deutlich gedämpft. Obwohl die privaten Haushalte darauf mit einer signifikanten Verringerung ihrer Sparneigung reagierten (d. h. ein größerer Teil ihres Einkommens floß in den privaten Konsum) und dadurch den restriktiven fiskalischen Effekt abfederten, wuchs die private Konsumnachfrage in diesen beiden Jahren nur mäßig. Aufgrund einer Konjunkturerholung und des Wegfalls der dämpfenden Effekte der Fiskalpolitik nahmen die Konsumausgaben der privaten Haushalte im 1. Halbjahr 1998 wieder kräftig zu, und die Sparquote stieg. Davon und von der Besserung im heimischen Tourismus profitierte der Einzelhandel. Für das Weihnachtsgeschäft zeichnen sich heuer Zuwächse ab.

Die Ausgaben der privaten Haushalte für Zwecke des Konsums erreichten nach ersten Schätzungen im 1. Halbjahr 1998 699 Mrd. S, um 2,8% mehr als ein Jahr zuvor. Nach Ausschaltung der Inflation betrug die Konsumsteigerung 1,8%. Die lebhafte Konjunktur, die heuer nicht durch eine restriktive Fiskalpolitik konterkariert wurde, ermöglichte eine günstige Einkommensentwicklung und damit eine relativ kräftige Ausweitung der Konsumausgaben bei gleichzeitiger Anhebung der Sparquote (um rund 1 Prozentpunkt).

Dank der steigenden Konsumausgaben der Österreicher und der Zuwächse im heimischen Tourismus verzeichnete der Einzelhandel im 1. Halbjahr 1998 (real +2,5%) einen lebhaften Geschäftsgang. Dies traf vor allem für den Handel mit dauerhaften Konsumgütern zu (real +3,9%), weil die Nachfrage nach diesen Gütern relativ stark auf Konjunkturschwankungen reagiert. Der Großhandel (+3,2%) erzielte noch höhere Umsatzzuwächse als der Einzelhandel, weil sich Industrieproduktion und Außenhandel sehr günstig entwickelten.

Die Preise stiegen im Handel im 1. Halbjahr nur mäßig, die Produktivität deutlich. Offenbar zwingt der verschärfte Wettbewerb zu Rationalisierungen. Die Beschäftigung nimmt dementsprechend nur wenig zu, sie dürfte hauptsächlich im Teilzeitbereich sowie im Bereich der geringfügig Beschäftigten ausgeweitet werden.

Während sich der Geschäftsgang des Großhandels im Juli und August konjunkturbedingt abschwächte, belebte er sich im Einzelhandel weiter. Dieser Umstand läßt Optimismus für das Weihnachtsgeschäft aufkommen, das – wie die ausgeprägten Dezemberspitzen (Abbildung 1) zeigen – für einige Branchen von besonderer Bedeutung ist. Als Indikator für das Volumen des Weihnachtsgeschäfts gelten jene Umsätze im IV. Quartal, die das durchschnittliche Niveau des I. bis III. Quartals übersteigen. Dieser Wert erreichte 1997 netto (d. h. ohne Mehrwertsteuer) rund 19 Mrd. S (Abbildung 2). Da dieser Indikator von Sondereinflüssen, wie sie in den letzten Jahren wegen der fiskalischen Maßnahmen zu beobachten waren, verzerrt würde, erstellte das WIFO seine Prognose des Weihnachtsgeschäfts mit einem zeitreihenanalytischen Ansatz. Dieser verwendet die maßgebenden Einflußfaktoren der Einzelhandelsentwicklung (Trend, Konjunktur, Saison, Kalender, fiskalische Maßnahmen usw.). So ergibt sich für das Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels 1998 (nach WIFO-Definition jene Umsätze im Dezember, die ein "Normalmaß" übertreffen) ein realer Umsatzzuwachs von rund 2%.

Abbildung 1: Dezember-Spitzen ausgewählter Einzelhandelsbranchen 1997

Umsatz im Dezember, der den Durchschnitt von Jänner bis November übersteigt, in %

Abbildung 2: Zusatzumwächse des Einzelhandels im IV. Quartal

1997

Nettoumsätze (ohne Umsatzsteuer) des IV. Quartals über dem Durchschnitt der ersten drei Quartale.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/1998!