WIFO-Presseinformationen

30. Oktober 1998 • Österreichs Industrie sieht pessimistisch in die Zukunft • Michael Pfaffermayr

Die Konjunktur der österreichischen Sachgütererzeugung hat sich seit dem Sommer abgeschwächt. Nach einem Rekordwachstum von etwa 7,5% im 1. Halbjahr 1998 verschlechtert sich die Einschätzung der im WIFO-Konjunkturtest in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission befragten Unternehmen zunehmend. Diese Veränderung erfolgt allerdings nicht abrupt, sondern kontinuierlich über mehrere Monate. Die Finanzkrisen in Südostasien, Rußland und Lateinamerika haben die Stimmung merklich verschlechtert. Für 1999 ist deshalb mit einer Verlangsamung des Wachstums der Sachgüterproduktion zu rechnen. Der Sektor leistet aber weiterhin, wenn auch in abgeschwächtem Ausmaß, einen Beitrag zur Stützung der Konjunktur.

Die im Laufe eines Zyklus übliche Verlagerung der Konjunktur vom Grundstoff- zum Investitions- und Konsumgüterbereich ist diesmal besonders deutlich ausgeprägt. Der stark vom Ausland abhängige Grundstoffbereich beurteilt die Konjunktur pessimistisch, während die Erwartungen der enger mit der Inlandsnachfrage verflochtenen Konsumgüterindustrie – aber auch der Investitionsgüterindustrie – etwas optimistischer sind.

Der Vertrauensindikator der EU signalisiert, daß sich die österreichische Sachgüterproduktion im Einklang mit der EU-Konjunktur entwickelt. Seit Beginn des Jahres hat sich der Vertrauensindikator für die gesamte EU ebenso wie jener der BRD signifikant von Monat zu Monat verschlechtert. Der Wert für Österreich hat bereits den langjährigen Durchschnitt unterschritten.

Im jüngsten WIFO-Konjunkturtest gaben die wichtigsten Indikatoren wieder etwas nach. Sowohl die Beurteilung der Auftragsbestände insgesamt als auch jene der Auslandsaufträge fielen pessimistischer aus als im Vorjahresmonat. Sie liegen nunmehr deutlich unter dem Jahresdurchschnitt 1997. Auch die saisonbereinigte Eintrübung der stärker in die Zukunft gerichteten Indikatoren über Produktionserwartungen, Preiserwartungen sowie über die Geschäftslage ist ein deutliches Indiz für eine weitere Abschwächung der Konjunktur in der Sachgüterproduktion in den nächsten Quartalen. Die befragten Unternehmen schätzen ihre Wettbewerbsposition pessimistischer ein. Insbesondere die Beurteilung der Marktstellung außerhalb der EU hat erstmals den längerfristigen Durchschnitt unterschritten. Die rückläufigen Beschäftigungserwartungen lassen verstärkte Rationalisierungen und Beschäftigungsabbau erwarten.

Durch – für die Bauwirtschaft – günstige Witterungsbedingungen und durch den florierenden Sanierungsbau wird das Bauvolumen 1998 voraussichtlich spürbar ausgeweitet (+3%). Die einzelnen Bausparten entwickeln sich allerdings unterschiedlich: Der Sanierungsbau boomt, der Tiefbau erholt sich etwas von der Einschränkung öffentlicher Ausgaben im vergangenen Jahr, der Büroneubau dürfte die Talsohle durchschritten haben. Der Wohnungsneubau schwächt sich hingegen erheblich ab, der Nachfrageüberhang scheint abgebaut. Insgesamt liegen die Konjunkturindikatoren des WIFO-Konjunkturtests nach wie vor unter dem langjährigen Durchschnitt.

Im Dienstleistungssektor werden die Auftragsbestände überwiegend optimistisch beurteilt. Die beiden Erwartungsindikatoren – Nachfrage und Geschäftslage – haben sich jedoch wieder etwas abgeschwächt und liegen nun ebenfalls unter dem langjährigen Durchschnitt.