WIFO-Presseinformationen

28.Oktober 1998 • Österreichs Osthandel seit der Wende 1989 • Jan Stankovsky

Der Umbruch im Osten hat Österreichs Außenhandel nachhaltig beeinflußt. Innerhalb von nur acht Jahren haben sich die Ostexporte verdreifacht, der Exportanteil stieg von 9,9% auf 17,6%.

Einen vergleichbar tiefen Einschnitt hinterließ in der Nachkriegszeit nur die Bildung der Integrationsblöcke EWG und EFTA im Jahr 1959. Während sich aber damals überwiegend nur Handelsströme vorübergehend verlagerten, hat Österreich nach 1989 im Osten zusätzliche Märkte gewonnen. Auch die Importe Österreichs aus den Oststaaten expandierten mit einem Anstieg auf das 2,5fache überdurchschnittlich. Der Anteil der Oststaaten an der Einfuhr vergrößerte sich von 6,8% 1989 auf 11% 1997. Der Exportüberschuß im Osthandel stieg von 7,5 Mrd. S 1989 auf 39 Mrd. S 1997. Die "billigen" Ostimporte dämpften den Preisauftrieb in Österreich und verbesserten als kostengünstige Inputs die internationale Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exportwirtschaft. Auch wenn die Vorteile der Ostöffnung deutlich größer waren als die Nachteile, brachte doch die erforderliche Strukturanpassung eine große Belastung für die österreichischen Sozialpartner und die Wirtschaftspolitik. Schwierigkeiten ergaben sich vor allem daraus, daß die Gewinne und Verluste der Ostöffnung in bezug auf Regionen, Branchen und Berufe ungleich verteilt waren.

Fast zwei Drittel des österreichischen Osthandels entfallen auf die erfolgreichen Transformationsländer in Ost-Mitteleuropa. Dieser hohe Anteil erwies sich nicht nur im Hinblick auf die stark wachsende Nachfrage, sondern auch jüngst im Zusammenhang mit der Rußland-Krise als Vorteil. Die österreichischen Exporte in diese Region sind seit 1989 auf das Vierfache gestiegen, die Importe auf das Dreifache. Der Exportanteil vergrößerte sich von 4,4% auf 10,8%. Die im Jahr 1989 noch ausgeglichene Handelsbilanz ergab 1997 einen Überschuß von 20 Mrd. S. Besonders rasch wuchs u. a. der österreichische Export von Nachrichtengeräten, Kraftmaschinen, elektrischen Maschinen und Straßenfahrzeugen.

Ungarn ist der wichtigste Exportmarkt Österreichs im Osten. Mit einem Exportanteil von 4,9% rückte es an die dritte Stelle in der österreichischen Exportrangliste vor. Der österreichische Exportüberschuß gegenüber Ungarn erreichte 1997 fast 11 Mrd. S und war, gemeinsam mit jenem gegenüber der Schweiz, das höchste bilaterale Aktivum im österreichischen Außenhandel. Auch wenn in Ungarn heute dem Bilateralismus keine große Bedeutung in der Wirtschaftspolitik beigemessen wird, bedeutet doch das hohe Defizit gegenüber Österreich ein Problem und macht Wünsche nach Konzessionen Österreichs in bezug auf grenzüberschreitende Dienstleistungen und Arbeitskraftbewegungen verständlich. Die CSFR hatte bis zum Umbruch ein rigides planwirtschaftliches System mit starker Orientierung auf die UdSSR aufrechterhalten – die Hauptursache für das besonders niedrige Niveau des Außenhandels mit Österreich. Die politische und wirtschaftliche Öffnung des Landes hatte daher einen besonders intensiven Aufholprozeß im bilateralen Handel eingeleitet. Innerhalb von nur drei Jahren (bis 1992) hatten sich die österreichischen Exporte in die CSFR fast verdreifacht, die Importe verdoppelt. Auch nach der Teilung der CSFR erreicht der Warenaustausch mit den beiden Nachfolgestaaten eine hohe Dynamik. Seit 1989 stiegen die österreichischen Exporte nach Tschechien auf das 5,7fache, in die Slowakei auf das 7,3fache, die Exportanteile dieser Länder vergrößerten sich auf 2,9% bzw. 1,3%. Die österreichische Ausfuhr nach Polen schrumpfte 1992 bis 1994; da auch die österreichischen Direktinvestitionen in Polen niedrig waren, liegt die Vermutung nahe, daß die Exportwirtschaft Polen zeitweise nur unzureichende Aufmerksamkeit widmete. Erst das Jahr 1995 brachte eine Wende, wobei nicht eindeutig ist, ob der österreichische EU-Beitritt dazu beigetragen hat.

Insgesamt verhaltener entwickelte sich der Außenhandel mit Südosteuropa. Der Krieg nach dem Zerfall von Jugoslawien behinderte den Außenhandel bis 1992. Nach der Stabilisierung expandierte aber der Warenaustausch kräftig. Slowenien war 1997 mit 1,8% am österreichischen Export beteiligt. Unter allen Ländern der Welt bezieht es relativ am meisten österreichische Produkte: Pro Einwohner wurden 1997 österreichische Waren im Wert von fast 6.500 S gekauft. Mäßig sind umgekehrt nach wie vor die Importe aus Slowenien. Der Exportüberschuß im Handel mit Slowenien machte 1997 6,1 Mrd. S (48% der Exporte) aus. Außergewöhnlich dynamisch war der Außenhandel mit Kroatien. Mit einem Exportanteil von 1,4% ist Kroatien heute ein bedeutenderer Absatzmarkt für Österreich als die Slowakei oder Rußland.

Nur schwach entwickelte sich nach 1989 der Außenhandel mit der UdSSR bzw. ihren Nachfolgestaaten: Die Ausfuhr nahm um 33% zu, die Einfuhr um 86%. Die Auflösung der Sowjetunion hatte zur Folge, daß Österreich in dieser Region nicht einem, sondern 15 Handelspartnern gegenübersteht. Mehr als 80% der Exporte und fast 90% der Importe sind aber auf nur zwei Staaten, Rußland und die Ukraine, konzentriert. Rußland war 1997 mit 1,4% am österreichischen Export und 1,5% am Import beteiligt und ist das einzige Land im Osten, mit welchem Österreich ein Handelsdefizit aufweist.

Österreichs enge Wirtschaftsverflechtung mit Osteuropa kommt in den hohen österreichischen Marktanteilen in dieser Region zum Ausdruck: Von den Ostexporten der westlichen Industriestaaten (OECD) entfielen 1997 auf Österreich 7,3%; in den Nachbarländern war dieser Anteil wesentlich größer. Im Vergleich dazu war Österreich am Gesamtexport der OECD mit 1,7% beteiligt. Österreich weitete seine Marktposition im Osten in den ersten Jahren nach dem Umbruch außergewöhnlich stark aus, (von 4,4% auf 7,1%). Nach 1992 konnte Österreich seine Position nur halten, wobei Gewinnen in Südosteuropa Verluste in Ost-Mitteleuropa gegenüberstanden.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 10/1998!