22. September 1998 • Europäischer Sozialfonds und Arbeitsmarktpolitik • Hedwig Lutz

Seit dem EU-Beitritt erhält Österreich Mittel zur Arbeitsmarktförderung aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF). Ein Teil der Zahlungen an die Europäische Union fließt somit zweckgebunden wieder an Österreich zurück. Der ESF hat die Aufgabe, den Strukturwandel durch die Förderung der Humankapitalbildung aktiv zu unterstützen. Da sich die EU ausschließlich über den ESF auch finanziell an der Arbeitsmarktpolitik der Mitgliedsländer beteiligt, kann sie über ihn mehr Einfluß auf die nationalen Strategien ausüben als im Rahmen anderer beschäftigungs-, sozial- und arbeitsmarktpolitischer Aktivitäten auf Gemeinschaftsebene.

Insgesamt sollen in Österreich zwischen 1995 und 1999 rund 7 Mrd. S aus Mitteln des ESF verwendet werden. Mit Jahresende 1997 waren laut Sozialministerium bereits 55% der geplanten ESF-Förderungen ausgezahlt. Der aktiven Arbeitsmarktpolitik stehen durch den ESF deutlich mehr Mittel zur Verfügung: Von 1994 auf 1997 stiegen die Ausgaben des AMS für Arbeitsmarktförderung um 48% auf 6,931 Mrd. S (1997 einschließlich ESF-Mittel).

Allerdings haben sich infolge der Einbindung Österreichs in den ESF die Anforderungen an die Arbeitsmarktförderung erhöht. So wurden z. B. vom Strukturwandel betroffene Beschäftigte zur Zielgruppe der Arbeitsmarktpolitik. Auch liegt die Förderung Arbeitsloser nicht mehr ausschließlich beim Arbeitsmarktservice – zusätzlich sind die Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen für die Unterstützung arbeitsloser, nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begünstigter Behinderter zuständig.

Trotz der Vorgaben der Europäischen Kommission und der längerfristigen Programmplanung besteht genügend Flexibilität, um auf Veränderungen der Rahmenbedingungen rasch reagieren zu können. Weder wurde der nationale arbeitsmarktpolitische Spielraum eingeschränkt, noch wurde dadurch dem Prinzip der Dezentralisierung des AMS entgegengewirkt.

Die ESF-Interventionen beruhen auf dem Konzept der individuellen Vermittelbarkeit. Diese soll durch Qualifizierungsmaßnahmen, Beschäftigungsbeihilfen oder die Bereitstellung von Unterstützungsstrukturen gesteigert werden. Die Maßnahmen des ESF greifen daher dann, wenn die Qualifikation der Arbeitsuchenden oder Beschäftigten nicht mit den Erfordernissen der angebotenen Arbeitsplätze übereinstimmt. Ist die Arbeitskräftenachfrage allerdings quantitativ zu gering (gibt es also zu wenige offene Stellen), so sind andere Instrumente gefordert. Der ESF bildet deshalb nur einen Pfeiler der europäischen Beschäftigungs- und Arbeitsmarktstrategie.

In ihrer Beschäftigungsstrategie setzt die Europäische Kommission primär auf angebotsseitige Instrumente. Insbesondere wird eine wesentliche Ursache der hohen Arbeitslosigkeit in Europa darin gesehen, daß die Arbeitsmärkte in den letzten Jahrzehnten einem tiefgreifenden Transformationsprozeß unterworfen waren, während die Koordinationsmechanismen (und damit die institutionellen Rahmenbedingungen) nach wie vor auf Kategorien der fünfziger Jahre aufbauen. Aus dieser Sichtweise läßt sich auch der hohe Stellenwert ableiten, den die Kommission der Überprüfung von Effektivität und Effizienz der Institutionen und Regelungen beimißt.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 9/1998!