27. August 1998 • Technologiebericht 1997: Forschungsdefizit wird prolongiert • Gernot Hutschenreiter

Konstant niedrige Forschungsquote – Unternehmen investieren zuwenig in Forschung und Entwicklung – Universitäre Forschung bindet zu viel an öffentlichen Forschungsmitteln – Österreich OECD-Schlußlicht im Bereich der Auftragsforschung – Mangelnde nationale und internationale Vernetzung

Der vor kurzem veröffentlichte "Österreichische Technologiebericht 1997" deckt strukturelle Defizite auf, die in der technologiepolitischen Bilanz oft verborgen bleiben und deren Beseitigung ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft Österreichs wäre. Die umfassende Analyse wurde im Rahmen des Programms "tip – Technologie: Information, Politikberatung" erstellt. Es beruht auf einer Initiative der Bundesministerien für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie für Wissenschaft und Verkehr und wird vom WIFO in Kooperation mit dem Forschungszentrum Seibersdorf durchgeführt.

Ein markanter und in der öffentlichen Diskussion immer wieder behandelter Indikator für die technologische Standortbestimmung ist die Forschungsquote, der Anteil der gesamtwirtschaftlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt. Seit Anfang der neunziger Jahre stagniert sie bei rund 1,5% und liegt damit deutlich unter dem EU- bzw. OECD-Durchschnitt (1995 2,15% bzw. 1,85%). Setzt man die Investitionen in Forschung und Entwicklung in Relation zum Pro-Kopf-Einkommen, so wird der Aufholbedarf Österreichs noch augenfälliger.

"Ebenso wichtig wie das Niveau", so betont Gernot Hutschenreiter, WIFO-Experte und Koautor des Technologieberichts, "ist die Struktur der Forschungs- und Entwicklungsausgaben." Es werde ihr, gibt er zu bedenken, meistens wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Auf drei Österreich-Spezifika weist Hutschenreiter besonders hin: Erstens entfällt auf den Unternehmenssektor nur die Hälfte der gesamtwirtschaftlichen Forschungs- und Entwicklungsausgaben, die andere Hälfte wird von der öffentlichen Hand getragen; zweitens wird ein international unübertroffen hoher Anteil an den staatlichen Forschungsausgaben von der universitären Forschung gebunden, die nur geringe Drittmitteleinnahmen verbuchen kann. Drittens spielt das Ausland bei der Finanzierung von Forschung und Entwicklung eine untergeordnete Rolle: Mit einem "Auslandsanteil" von nur 2,5% (1995) bleibt Österreich um 4 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt.

Es fehlen aber nicht nur die Impulse, die eine verstärkte Internationalisierung der Forschungstätigkeit mit sich bringen würde. Auch die Vernetzung der Innovationsträger – der Unternehmen, Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen – innerhalb des Landes ist "eher schwach" (Hutschenreiter). Gemessen am Anteil der außerhalb des Unternehmenssektors durchgeführten Forschung und Entwicklung an der gesamten unternehmensfinanzierten Forschung rangiert Österreich im OECD-Vergleich an letzter Stelle.

An der dringenden Notwendigkeit einer Intensivierung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten läßt der Wirtschaftsforscher keinen Zweifel. "Als hochentwickeltes Industrie- und Hochlohnland wird sich Österreich", resümiert er, "eine wirtschaftliche Spitzenposition nur sichern können, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Die Produktivitätsentwicklung muß durch den Einsatz neuer Technologien unterstützt werden, und die Vorteile einer Spezialisierung auf humankapitalintensive, technologisch anspruchsvolle Produkte müssen genutzt werden."

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 7/1998!

Der "Österreichische Technologiebericht 1997" wurde von Gernot Hutschenreiter, Norbert Knoll (WIFO), Fritz Ohler und Manfred Paier (Forschungszentrum Seibersdorf) im Rahmen des Programms "tip – Technologie: Information, Politikberatung" erstellt. tip beruht auf einer Initiative der Bundesministerien für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie für Wissenschaft und Verkehr und wird vom WIFO in Kooperation mit dem Forschungszentrum Seibersdorf durchgeführt. Der Bericht umfaßt 90 Seiten und ist zum Preis von S 350,– erhältlich. Bestellungen richten Sie bitte an Christine Kautz, Tel. (++43 1) 798 26 01/282, Fax (++43 1) 798 93 86, e-mail kautz@wifo.ac.at.