21. August 1998 • Wettbewerbsprobleme im Stückgutverkehr auf der Schiene • Wilfried Puwein

Die Österreichischen Bundesbahnen bieten für den Stückgutverkehr ein komplettes Haus-Haus-Angebot, verbunden mit Logistikleistungen ("ExpressCargo"). Sie verschärfen den Wettbewerb mit dem Stückgutverkehr der privaten Speditionen. Im Gegensatz zu den ÖBB gaben die Schweizerischen Bundesbahnen Ende 1996, die Deutsche Bahn Ende 1997 diesen Geschäftsbereich aufgrund der schlechten Ertragslage auf. DB und SBB konzentrieren ihre Aktivitäten zunehmend auf Kernbereiche des Transports auf der Schiene. Aus Leistungsbereichen, die auch auf kompetitiven Märkten angeboten werden, ziehen sie sich zurück. Die ÖBB verfolgen hingegen die Strategie der erweiterten Angebotspalette und versuchen damit, bestehende Produktionskapazitäten besser auszulasten.

Im Stückgutverkehr könnten die staatlichen Zahlungen an die ÖBB den Wettbewerb zwischen "ExpressCargo" der ÖBB und dem Bahnsammelverkehr der Spediteure verzerren. Der Bund überwies 1997 den ÖBB 16,4 Mrd. S für Kosten des Betriebs und des Ausbaus der Eisenbahn-Infrastruktur sowie für "gemeinwirtschaftliche" Leistungen. Diese Zahlungen erfolgen im gesellschaftspolitischen Konsens und sollen hauptsächlich die "umweltfreundliche" Bahn im Wettbewerb mit dem Straßenverkehr stärken. Das umweltpolitische Argument ist aber für den Wettbewerb zwischen "ExpressCargo" und dem Bahnsammelverkehr der Spediteure irrelevant, da sich diese Leistungen hinsichtlich der Umweltwirkungen nicht unterscheiden.

Wettbewerbsverzerrungen könnten sich auch aus der Unternehmensstruktur der ÖBB ergeben. Sie sind ein vertikal integriertes Unternehmen – die Aktivitäten reichen vom Betrieb der Infrastruktur über den Schienentransport bis zum Logistikangebot. Dabei verfügen sie über das Monopol für "umweltfreundliche" Bahntransporte. Ein vertikal integriertes Unternehmen wird strategisch wichtige Unternehmensbereiche stützen, falls es für den Ausbau der Marktstellung bzw. für die Ertragsoptimierung des gesamten Unternehmens erforderlich ist. Entsprechende Quersubventionen sind aber volkswirtschaftlich problematisch, wenn sie aus Renten der Monopolbereiche oder aus staatlich gestützten Bereichen stammen. Im konkreten Fall sollte ausgeschlossen sein, daß die Wettbewerbsstellung von "ExpressCargo" gegenüber dem Bahnsammelverkehr der Spediteure durch Quersubventionen gestärkt wird und daß die ÖBB den mit "ExpressCargo" konkurrierenden Bahnsammelverkehren den Zutritt zum Bahntransport erschweren.

Die Kontrolle der Infrastruktur-Erfolgsrechnung und der Verwendung der Mittel für gemeinwirtschaftliche Leistungen durch Wirtschaftsprüfer und durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr wird volkswirtschaftlich nicht erwünschte Quersubventionen und Wettbewerbsverzerrungen im Stückgutverkehr ex post aufzeigen. Die Gründung eigenständiger Unternehmen für die Bereiche Bahninfrastruktur, Transportleistung und Logistik würde Wettbewerbsverzerrungen ex ante ausschließen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 8/1998!