7. August 1998 • Inlandsnachfrage gewinnt an Bedeutung für die Konjunktur • Markus Marterbauer

Die Sachgütererzeugung wächst in Österreich kräftig. Der WIFO-Konjunkturtest vom Juli zeigt aber eine leichte Abkühlung des Geschäftsklimas. Obwohl die Beschäftigung beträchtlich ausgeweitet wird, steigt gleichzeitig die Arbeitslosigkeit. Das Defizit in der Leistungsbilanz verringert sich merklich.

Das Bruttoinlandsprodukt erhöhte sich im I. Quartal 1998 gegenüber dem Vorjahr real um 4,2%. Neben der – vom Wetter begünstigten – Ausweitung der Bautätigkeit profitierte die Entwicklung vor allem von der Dynamik in der Sachgütererzeugung.

Die Industriekonjunktur ist weiterhin sehr rege. Allerdings lassen die Ergebnisse des jüngsten WIFO-Konjunkturtests vom Juli erwarten, daß die Zuwachsraten etwas abflachen werden. Die befragten Unternehmen schätzen die Produktion innerhalb der nächsten Monate als hoch ein, doch zeigt sich gegenüber der Umfrage vom April eine leichte Zurückhaltung. Die Nachfrage- und Produktionsdynamik verlagert sich merklich von der Grundstoffindustrie, die zu Beginn des Konjunkturaufschwungs beträchtlich expandierte, zu jenen Bereichen, die stärker von der Inlandsnachfrage getragen werden.

Zugleich bleibt auch die Nachfrage aus dem Ausland hoch. Die expansiven Effekte der Wachstumsbelebung west- und osteuropäischer Handelspartner sowie der hohen preisbestimmten Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exporteure überwiegen die dämpfenden Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Fernost erheblich. Die Warenausfuhr wächst kräftig und zudem stärker als die Importe – laut Außenhandelsstatistik von Jänner bis April um 9% gegenüber dem Vorjahr. Laut Warenzahlungsstatistik betrug die Exportsteigerung von Jänner bis Mai 12% und bewirkte eine Verbesserung des Defizits um 3 Mrd. S gegenüber dem Vorjahr. Deshalb und infolge der Trendwende in der Reiseverkehrsbilanz verringerte sich das Defizit der Leistungsbilanz gegenüber dem Vorjahr um 5½ Mrd. S.

Die Konjunkturbelebung dehnt sich zunehmend auf die Inlandsnachfrage aus. Die verfügbaren Einkommen steigen vor allem aufgrund der deutlichen Beschäftigungsausweitung, die Zunahme der Pro-Kopf-Einkommen ist noch sehr verhalten. Der private Konsum gewinnt als Nachfragemotor an Bedeutung (I. Quartal real +1¼%); die Einzelhandelsumsätze lagen von Jänner bis April real um 2% über dem Vorjahreswert – dazu trug auch die günstigere Entwicklung im Tourismus bei. In der Bauwirtschaft war das Wachstum im I. Quartal durch Sondereffekte bedingt, hingegen ist noch keine Konjunkturbelebung absehbar: Die Wohnbaunachfrage ist sehr schwach, während sich der Tiefbau rege entwickelt.

Die Ausweitung von Nachfrage und Produktion zeigt positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der Beschäftigten (ohne Präsenzdiener und Bezieher von Karenzurlaubsgeld) lag im Juli um 39.000 über dem Niveau des Vorjahres (Jänner bis Juli durchschnittlich +30.000). Die Zuwachsrate ist im Dienstleistungsbereich besonders hoch (II. Quartal +33.000 gegenüber dem Vorjahr), und auch die Sachgütererzeuger stellen zusätzliches Personal ein (+2.000). Die hohe Reagibilität des Arbeitskräfteangebotes in bezug auf die Beschäftigungsentwicklung, demographische und institutionelle Faktoren lassen dennoch auch die Arbeitslosigkeit weiter wachsen (Juli +4.500). Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote beträgt nach traditioneller österreichischer Berechnung 7,3% der unselbständigen Erwerbspersonen und nach EU-Methode 4,6% der Erwerbspersonen. Im Juli kamen auf eine beim Arbeitsmarktservice gemeldete offene Stelle 8 Arbeitslose, die Zahl der offenen Stellen nimmt jedoch merklich zu.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 8/1998!