3. Juli 1998 • Prognose für 1998 und 1999: Ausgezeichnete Industriekonjunktur und starker Beschäftigungsanstieg • Markus Marterbauer

Österreichs Wirtschaft wächst heuer – bei kräftigem Warenexport und guter Industrie- und Investitionskonjunktur – real um 3%. 1999 kommt dem privaten Konsum eine tragende Rolle in der Expansion der Gesamtwirtschaft zu, die Konjunktur erreicht mit einem Wirtschaftswachstum von 3,2% einen vorläufigen Höhepunkt. Unter diesen Bedingungen weitet sich auch die Beschäftigung aus und steigt auf ein neues Rekordniveau. Die Arbeitslosigkeit geht im kommenden Jahr erstmals seit 1994 zurück.

Das Wachstum der österreichischen Wirtschaft wird 1998 vom Warenexport und den Ausrüstungsinvestitionen getragen. Die merkliche Konjunkturerholung in der EU – endlich gewinnt auch in Deutschland und Italien die Belebung an Schwung – und die anhaltend rasche Expansion in Ost-Mitteleuropa bringen ein kräftiges Marktwachstum für die österreichischen Exporteure mit sich. Es wird auch durch die tiefe Krise in Asien nicht nachhaltig beeinträchtigt. Stabile Wechselkurse und hohe Produktivitätssteigerungen bedeuten eine merkliche Verbesserung der preisbestimmten Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Produkte – die relativen Lohnstückkosten verbessern sich in der verarbeitenden Industrie gegenüber den Handelspartnern zwischen 1995 und 1999 um mehr als 10%. Österreich kann deshalb Marktanteile gewinnen, der Warenexport nimmt im Prognosezeitraum real um etwa 10% pro Jahr zu. Das Importwachstum bleibt nominell – aufgrund des Verfalls der Erdölpreise – deutlich hinter jenem der Exporte zurück. Das entlastet die Handelsbilanz und bewirkt eine merkliche Verbesserung des Leistungsbilanzsaldos. Das Defizit sinkt 1998 um gut 10 Mrd. S auf 1,4% des BIP. Zudem vollzieht sich eine Trendwende im Reiseverkehr – 1999 steigen die Exporte (real +2¼%) erstmals wieder rascher als die Ausgaben der Österreicher im Ausland (+1½%).

Dank der kräftigen Nachfrage aus dem In- und Ausland erhöht sich die Produktion in der Sachgütererzeugung kräftig – heuer um 6%. Das ist mehr, als trotz starker Produktivitätssteigerung mit gleichbleibender Beschäftigtenzahl bewältigt werden könnte. Optimistische Absatzerwartungen und günstige Finanzlage der Unternehmen lassen eine rege Investitionstätigkeit erwarten. Die Investitionen in Maschinen und Fahrzeuge könnten heuer real um 7½% zunehmen. Kapazitätsbeschränkungen zeichnen sich angesichts hohen Produktivitäts- und Investitionswachstums nicht ab.

Die Bauwirtschaft entwickelt sich in beiden Prognosejahren unterdurchschnittlich (+1½% bis +2% pro Jahr). Zwar ist die Dynamik im Bereich des Sanierungsbaus (begünstigt durch steuerliche Anreize) und auch im Tiefbau (erweiterter Spielraum dank neuer Finanzierungsformen) rege, der Wohnbau schwächt sich aber wie erwartet ab. 1996 wurden noch fast 60.000 Wohnungen fertiggestellt – um 15.000 mehr als im langfristigen Durchschnitt. Nun ist die Nachfrage nach Wohnungsneubauten merklich zurückgegangen.

1999 wird die Konjunktur zunehmend von der Inlandsnachfrage getragen. Dann expandiert angesichts kräftigen Wachstums der verfügbaren Einkommen auch der private Konsum merklich (real +2¼%), vor allem im Bereich dauerhafter Konsumgüter. Die Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit steigen noch relativ schwach – verschiedene Maßnahmen der Arbeitszeitflexibilisierung (u. a. die starke Ausweitung der Teilzeitarbeit und die Ausweitung der Durchrechnungszeiträume) tragen dazu bei –, werden sich aber im Zuge der Konjunkturbeschleunigung weiter erholen. Der Preisauftrieb wird weiterhin sehr gering sein. Heuer dämpfen die niedrigen Energiepreise die Inflation – sie beträgt nur 1,2%. 1999 wird sie sich konjunkturbedingt leicht auf 1½% erhöhen.

Das kräftige Wirtschaftswachstum schlägt sich auf dem Arbeitsmarkt nieder. Die Beschäftigung expandiert heuer um 32.000 (+1,1%). Allerdings dürfte die Mehrzahl der neuen Arbeitsplätze im Teilzeitbereich entstehen. Das Arbeitskräfteangebot wächst aufgrund des regen Zustroms von Frauen in Dienstleistungsberufe, der Verkürzung der Bezugsdauer von Karenzurlaubsgeld und des Auslaufens der Sonderunterstützung noch rascher. Die Zahl der gemeldeten Arbeitslosen übersteigt das Vorjahresniveau im Jahresdurchschnitt um 7.000. Das WIFO hält für 1998 an seiner Prognose der Arbeitslosenquote von 7,3% der unselbständigen Erwerbspersonen nach traditioneller österreichischer Berechnung bzw. 4,5% der Erwerbspersonen laut EU-Methode fest. Im kommenden Jahr wird – bei kräftigem Wirtschaftswachstum – die Beschäftigung neuerlich stark zunehmen (+1,1%). Die Arbeitslosigkeit sollte damit merklich zurückgehen, die Arbeitslosenquote wird 7,0% bzw. 4,3% erreichen.

Der Beschäftigungs- und Einkommensanstieg hat auch positive Effekte für die öffentlichen Haushalte – Lohnsteuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge erhöhen sich deutlich. Das Umsatzsteueraufkommen entwickelt sich allerdings weniger dynamisch als erwartet, das "Familienpaket" bewirkt 1999 eine Ausweitung der Transferzahlungen vor allem für untere Einkommenschichten. Die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte verharrt in beiden Jahren bei 2,4% des BIP. Diese Quote ist relativ hoch, vor allem auch im Hinblick auf eine mögliche Konjunkturabschwächung im Jahr 2000.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 7/1998!