11. Mai 1998 • Neuerlich Verbesserung der Produktionserwartungen in der Industrie • Markus Marterbauer

Der WIFO-Konjunkturtest vom April zeigt eine weitere Belebung der Industriekonjunktur. Bei anhaltend kräftiger Nachfrage aus dem Ausland nehmen die Hinweise auf eine Belebung der Inlandsnachfrage zu. Die Beschäftigung reagiert rasch auf den Konjunkturaufschwung, allerdings ist auch der Zustrom ins Arbeitskräfteangebot rege. Inflation und Zinsen halten ihr niedriges Niveau.

Die österreichische Industrie bleibt auf dynamischem Expansionskurs. Der jüngste WIFO-Konjunkturtest – befragt wurden 1.000 Betriebe aus Industrie und Gewerbe mit insgesamt 220.000 Beschäftigten – signalisiert eine weitere Wachstumsbeschleunigung in der Industrie. Die Nachfrage aus dem Ausland bildet einen unverändert wichtigen Konjunkturmotor. Der Export nach Ost-Mitteleuropa ist kräftig, zunehmend verlagert sich die Ausfuhrdynamik aber nach Westeuropa. Die Warenausfuhr in die EU stieg im IV. Quartal 1997 laut ÖSTAT nominell um 18½%. Nach einer langen Phase verhaltener Entwicklung belebt sich nun auch in Deutschland, Frankreich und Italien die Investitions- und Konsumnachfrage, und der Konjunkturaufschwung gewinnt ein breiteres Fundament. Neben verstärktem Marktwachstum erhält der österreichische Export auch von einer merklichen Verbesserung der preisbestimmten Wettbewerbsfähigkeit wichtige Impulse. Günstige Entwicklung der Wechselkurse und hohe Produktivitätszuwächse lassen die relativen Lohnstückkosten gegenüber den Handelspartnern deutlich sinken.

Die kräftige Nachfrage veranlaßt die Unternehmen zu wachsendem Optimismus in bezug auf die künftige Produktionstätigkeit. Die Zahl der Unternehmen, die für die nächsten Monate mit steigender Produktion rechnen, übersteigt jene der pessimistischen um 11 Prozentpunkte – mehr als in der Hochkonjunkturphase des 2. Halbjahres 1994. Vor allem die Unternehmen der technischen Verarbeitung (Metallindustrie, Maschinenbau u. a.) schätzen ihre künftige Geschäftslage zunehmend positiv ein – die Konjunkturdynamik hat sich merklich vom Basissektor zur Investitionsgüterindustrie verlagert. Aber auch die stärker von der Inlandsnachfrage abhängigen Produktionsbereiche melden eine günstigere Einschätzung als zuletzt. Die Erzeuger traditioneller Konsumgüter litten lange unter der verhaltenen Konsumnachfrage in ganz Europa. Sie verzeichnen nun steigende Auslandsaufträge. Gleichzeitig erhöhen sich die Konsumausgaben im Inland bedingt durch die Erholung auf dem Arbeitsmarkt, wachsende Einkommen und das Überschreiten der Talsohle im Tourismus. Die Einzelhandelsumsätze lagen im IV. Quartal 1997 real um 2% über dem Niveau des Vorjahres und entwickelten sich saisonbereinigt auch zu Jahresbeginn 1998 günstig. Die Bauzulieferindustrie rechnet mit einer Produktionsausweitung. Die saisonbereinigten Ergebnisse des WIFO-Konjunkturtests für die Bauwirtschaft lassen eine Stabilisierung der Geschäfts- und Auftragslage erwarten. Der Tiefbau entwickelt sich aufgrund reger Infrastrukturinvestitionen im Schienen- und Tunnelbau günstiger als der Hochbau, der von der zurückgehenden Wohnbautätigkeit merklich gebremst wird.

Die günstige Konjunkturentwicklung spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt. Im April waren um 30.000 Personen mehr unselbständig beschäftigt als ein Jahr zuvor (ohne Präsenzdiener und Bezieher von Karenzurlaubsgeld). In der Sachgütererzeugung lag die Beschäftigung dank der umfangreichen Produktionsausweitungen im Durchschnitt des I. Quartals um nur mehr 1.000 Personen unter dem Wert von 1997. Die Bauwirtschaft hielt das hohe Beschäftigungsniveau des Vorjahres. Stark ausgeweitet wurde die Zahl der Arbeitskräfte im Dienstleistungssektor, vor allem von den Anbietern wirtschaftsnaher Dienstleistungen (einschließlich Leiharbeit), dem öffentlichen Sektor i. w. S. (einschließlich Gesundheits- und Bildungswesen), aber auch in der Telekommunikation und im Handel. Aufgrund weiterhin steigenden Zustroms in das Arbeitskräfteangebot liegt die Arbeitslosigkeit dennoch leicht über dem Wert des Vorjahres. Im April waren durchschnittlich 241.000 Personen arbeitslos gemeldet, um fast 5.000 mehr als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote erreichte saisonbereinigt 4,5% der Erwerbspersonen nach international vergleichbarer Messung laut EU Labour Force Survey bzw. 7,3% der unselbständigen Erwerbspersonen nach traditioneller österreichischer Definition. Die Zahl der beim AMS gemeldeten offenen Stellen stieg um ein Viertel auf 24.000 – ein weiteres Signal der Konjunkturbelebung. Auf eine offene Stelle kamen aber immer noch 10 Arbeitslose.

Der Lohn- und Preisauftrieb bleibt sehr verhalten. Mit dem Inkrafttreten der neuen Tarifverträge stiegen die Kollektivvertragslöhne zu Jahresbeginn im Vorjahresvergleich um knapp 2½%. Die Inflationsrate betrug im I. Quartal nur 1,1%. Sinkende Lohnstückkosten, erheblicher Konkurrenzdruck und fallende Energiepreise dämpften den Preisauftrieb auf Verbraucherebene.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 5/1998!