3. April 1998 • Prognose für 1998 und 1999: Konjunkturaufschwung läßt Industrieproduktion und Beschäftigung kräftig wachsen • Markus Marterbauer

Die österreichische Wirtschaft expandiert 1998 und 1999 real um 2¾% bzw. 3%. Zur anhaltend kräftigen Zunahme des Warenexports kommt eine beschleunigte Ausweitung der Investitions- und Konsumnachfrage. Die Beschäftigung wächst kräftig und erreicht einen neuen Höchststand. Allerdings liegt auch die Arbeitslosigkeit auf hohem Niveau.

Österreichs Wirtschaft wuchs 1997 real um etwa 2½%. Die hohe Dynamik im Warenexport leistete hiefür einen wichtigen Beitrag. Die Rahmenbedingungen für den Export bleiben weiterhin günstig: Stabile Wechselkurse, niedrige nominelle Zinsen, weniger restriktive Fiskalpolitik und niedrige Erdölpreise lassen in Westeuropa eine Beschleunigung der Expansion erwarten. Die Nachfrage aus Ost-Mitteleuropa bleibt dynamisch, auch weil diese Länder die Importbeschränkungen lockern. Der starke Rückgang der relativen Lohnstückkosten in einheitlicher Währung verbessert die preisbestimmte Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exporteure im Zeitraum 1995 bis 1999 um etwa 10% und sollte ihnen ermöglichen, ihre Marktposition weiter auszubauen. Unter diesen Bedingungen wird der Warenexport 1998 real um 10% und im Jahr darauf um 8½% zunehmen.

Auch die Importe real wachsen aufgrund der engen Verflechtung mit dem Export und der steigenden Inlandsnachfrage kräftig. Allerdings steigen die Importpreise wegen des starken Rückgangs der Erdölpreise nicht, die Handelsbilanz wird merklich entlastet. Die Stabilisierung des Reiseverkehrssaldos – der Überschuß beträgt 1998 etwa 17 Mrd. S – resultiert aus günstigeren Rahmenbedingungen im Tourismus und einem geringeren Anstieg der Ausgaben der Österreicher im Ausland. Das Defizit in der Leistungsbilanz geht um mehr als 10 Mrd. S auf etwa 36 Mrd. S zurück.

Die kräftige Ausweitung des Warenexports und die Erholung der Inlandsnachfrage bewirken hohe Produktionszuwächse in der Sachgütererzeugung (1998 real +5%). Die anhaltend starke Nachfrage der Basisindustrie und der technischen Verarbeitung wird immer mehr durch eine Verbesserung der Auftragslage in der Konsumgütererzeugung ergänzt. Damit sollte die Beschäftigung in Industrie und Gewerbe erstmals seit Jahren nicht mehr zurückgehen, zugleich sollte die Bereitschaft zu Maschinen- und Fahrzeuginvestitionen steigen.

In der Bauwirtschaft bleibt die Nachfrage nach Wohnungssanierung und -adaptierungsleistungen sowie Ausbau und Sanierung des Schienen- und Straßennetzes hoch. Hingegen wird der Wohnungsneubau nach der starken Ausweitung in den letzten Jahren deutlich rückläufig sein. Der Wirtschaftsbau dürfte – etwa im Tourismus – langsam an Dynamik gewinnen. Insgesamt bleibt die Bauproduktion 1998 noch schwach (real +1%) und erholt sich erst 1999 etwas.

Nach zwei Jahren eines kräftigen Rückgangs der realen Nettomasseneinkommen sind für 1998 und 1999 merkliche Zuwächse zu erwarten. Die Bruttoeinkommen sollten im Zuge der guten Wirtschaftsentwicklung deutlich rascher als bisher steigen; die Budgetpolitik wirkt nicht mehr so restriktiv, und ab 1999 setzt das "Familienpaket" expansive Impulse. Das Wachstum der verfügbaren Einkommen erlaubt eine stärkere Ausweitung des privaten Konsums – vor allem an dauerhaften Konsumgütern. Insgesamt wird für 1998 und 1999 eine Zunahme der realen Konsumnachfrage von 1¾% bzw. gut 2% erwartet.

Sofern es gelingt, den Erdölpreisrückgang stärker auf Verbraucherebene zu realisieren und eine Übertragung der Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland auf Österreich zu verhindern, wird der Preisauftrieb weiterhin sehr gering sein. Mit einer Inflationsrate von 1,2% (1998) bzw. 1,5% (1999) herrscht weitgehend Preisstabilität.

Aufgrund der starken Ausweitung der Güter- und Dienstleistungsnachfrage steigt der Bedarf an Arbeitskräften erheblich. Im Dienstleistungsbereich wird die Beschäftigung – vor allem von Frauen und in Teilzeitverhältnissen – bereits beträchtlich ausgeweitet, in der Sachgütererzeugung geht die Arbeitskräftenachfrage trotz hoher Produktivitätssteigerungen 1998 nicht mehr zurück. Die Zahl der unselbständig Beschäftigten (ohne Präsenzdiener und Bezieher von Karenzurlaubsgeld) wird in beiden Prognosejahren um knapp 30.000 Personen zunehmen. Viele Frauen, die nun eine Beschäftigung finden, standen dem Arbeitsmarkt bislang nicht zur Verfügung. Gleichzeitig erhöhen die Kürzung der Bezugsdauer des Karenzurlaubsgeldes, geringere Neuzugänge in die Frühpension und das Auslaufen der Sonderunterstützungszahlungen das Arbeitskräfteangebot erheblich. Bei starken Beschäftigungszuwächsen steigt deshalb auch die Arbeitslosigkeit leicht. Im Jahresdurchschnitt 1998 werden etwa 240.000 Arbeitslose vorgemerkt sein, die Arbeitslosenquote beträgt 4,5% der Erwerbspersonen laut EU Labour Force Survey und 7,3% der unselbständigen Erwerbspersonen laut Arbeitsmarktservice.

Das Budgetdefizit konnte zwischen 1995 und 1997 auf 2½% des BIP halbiert werden. Das kräftigere Einkommens- und Beschäftigungswachstum läßt das Lohnsteueraufkommen und die Sozialversicherungsbeiträge auch im Prognosezeitraum stark zunehmen. Die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte verringert sich – vor allem aufgrund großzügiger Familienförderung – allerdings nur noch leicht auf 2¼% des BIP (1999).

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 4/1998!