2. April 1998 • Die Auswirkungen der Wirtschafts- und Währungsunion auf die Inflation in Österreich • Wolfgang Pollan

Die Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion ist ein entscheidender Integrationsschritt der Europäischen Union. Die damit verbundene Einführung des Euro wird die Wettbewerbseffekte verstärken, die von der Errichtung des Binnenmarktes ausgehen. Die größten Vorteile der WWU liegen in der Vollendung des Europäischen Binnenmarktes und im Wegfall von Wechselkursturbulenzen.

Die Einführung der einheitlichen Währung ist eine enorme Investition in die Verbesserung der Wettbewerbsposition Europas in der Welt. Als solche verursacht sie große Kosten, die in der Anfangsphase anfallen werden. Für manche Bereiche ergeben sich aber selbst kurzfristig erhebliche Kostenentlastungen. Dies betrifft den Wegfall der Devisenmanagementkosten (Transaktionskosten), also die für alle in Auslandstransaktionen involvierten Akteure sofort spürbaren direkten Vorteile einer einheitlichen Währung. Die Kosten des Währungsumtausches und der Wechselkurssicherung entfallen. Eine Studie für die Europäische Kommission schätzt das Einsparungspotential an Devisenverwaltungskosten durch die WWU auf jährlich rund 0,8% des Bruttoinlandsproduktes der Gemeinschaft.

Wenn man unterstellt, daß die Kostenbe- bzw. -entlastungen, die in einzelnen Wirtschaftssektoren (Sachgütererzeugung, Finanzsektor, Handel) anfallen, vollständig an die nachgelagerten Wirtschaftssektoren weitergegeben werden, ergibt sich laut Input-Output-Modell des WIFO für die Verbraucherpreise folgendes: Die Einführung der einheitlichen Währung bewirkt in den nächsten zwei Jahren – in denen die Kosten der Umstellung auf den Euro überwiegen – eine leichte Beschleunigung der Inflation um jeweils 0,1 Prozentpunkt; in den folgenden Jahren setzen sich die Entlastungswirkungen durch, und der Preisauftrieb verlangsamt sich um jeweils ¼ Prozentpunkt pro Jahr.

Die Einführung des Euro bringt eine wesentliche Neuerung, die durch die Aufrechnung von Kosten und Entlastungen nicht erfaßt wird: eine weitreichende Transparenz der Preise. Nationale Währungen sind ein wirksamer Mechanismus zur Abschirmung der nationalen Märkte vor ausländischer Konkurrenz. Der Wegfall von währungsbedingten Handelsbarrieren wird sowohl auf den Beschaffungsmärkten als auch auf den Absatzmärkten den Wettbewerbsdruck erhöhen. Kleine und mittelständische Unternehmen, die bisher angesichts der hohen Transaktionskosten auf ausländischen Märkten nicht aktiv werden, können nun auf die europäischen Märkte vorstoßen. Aber auch Unternehmen, die bereits auf den internationalen europäischen Märkten tätig sind, dürften ihren Aktionsradius ausdehnen. Damit wird es wesentlich schwieriger werden, nationale Preisdifferenzierungen aufrechtzuerhalten, und Unternehmen, die auf europaweit harmonisierte Preisgestaltungssysteme setzen, dürften an Boden gewinnen.

Aber auch für die Konsumenten selbst werden die Preise über die Landesgrenzen hinweg leichter vergleichbar und überschaubar; sie könnten nun eine aktivere Rolle als bisher spielen. Die Verstärkung der Arbitrage auf allen Ebenen wird letztlich auch auf der Ebene der Konsumentenpreise den Wettbewerbsdruck erhöhen.