24. März 1998 • Ökonomische Aspekte des Frequenzmanagements am Beispiel der Mobiltelefonie • Hannes Leo

Funkfrequenzen entwickeln sich zu einer auch gesamtwirtschaftlich relevanten Ressource. Hannes Leo untersucht im Heft 3/1998 der WIFO-Monatsberichte die ökonomischen Aspekte des Frequenzmanagements. Jene Wirtschaftszweige, die Frequenzen für die Erstellung ihrer Leistungen benötigen, erwirtschaften z. B. in Großbritannien rund 2% des BIP, und sie entwickeln sich – auch in bezug auf die Beschäftigung – wesentlich dynamischer als die Gesamtwirtschaft. Versäumnisse im Frequenzmanagement sind daher in keinem Fall vernachlässigbar.

Die Frequenzvergabe hat sowohl kurz- als auch langfristig bestimmende Auswirkungen auf die Entwicklung des Wettbewerbs auf dem jeweiligen Markt. In diesem Zusammenhang sind vor allem – und das erklärt das hohe Interesse der Unternehmen an diesem Gut – die Auswirkungen der Frequenzausstattung auf Kapazität und Kosten eines Mobilkommunikationsnetzes interessant. Beim Aufbau eines Mobilnetzes sind unabhängig von der Teilnehmerzahl Basisinvestitionen und fixe Betriebskosten erforderlich. Mit steigender Teilnehmerzahl sinken daher die durchschnittlichen Stückkosten (Kostendegression). Die Kostendegression ist bis zur Kapazitätsgrenze des Netzes möglich. Stehen keine weiteren Frequenzen zur Verfügung, so investieren Betreiber zumeist in eine Erhöhung der Kapazität durch intensivere Nutzung der Frequenz (Zellteilung). Aufgrund der höheren Infrastrukturkosten steigen durch die Zellteilung die Kosten des Betreibers signifikant. Die Fixkostendegression wird dadurch gestoppt bzw. umgekehrt, und die Rentabilität des Netzes sinkt. Die Frequenzzuteilung entscheidet deshalb in der Mobilkommunikation über

  • die Kosten der Mobilfunkbetreiber,
  • die internationale Konkurrenzfähigkeit von GSM-900- und GSM-1800-Anbietern,
  • die Möglichkeit, innovative Datendienste einzuführen,
  • und die Wettbewerbsintensität (z. B. Anreize für Absprachen zwischen den Betreibern).

Die Frequenzvergabe soll deshalb die Auswirkungen auf den Wettbewerb berücksichtigen und versuchen, faire Wettbewerbsbedingungen für die Marktteilnehmer zu kreieren.

In Österreich wurde bei der Vergabe der zweiten GSM-900-Konzession im Kern die Konzession und nicht die Frequenzen versteigert. Erst durch die Änderung des Fernmeldegesetzes 1993 vor Vergabe der dritten Mobilfunkkonzession wurde festgelegt, daß das Konzessionsentgelt für die Nutzung des reservierten Fernmeldedienstes und die dafür vorgesehenen Frequenzen zu zahlen ist. Die damaligen Konzessionsinhaber (max.mobil, Mobilkom) erhalten nach der Neuregelung nur dann weitere Frequenzen im 1.800-MHz-Frequenzband, wenn sie ihre Kapazitätsgrenze nachweislich unter Ausnützung aller wirtschaftlich vertretbaren technischen Möglichkeiten erreicht haben.

Dieser Hintergrund und der Antrag von Mobilkom auf Zuteilung weiterer Frequenzen verleihen dem Thema Aktualität. Im Rahmen einer Studie prüft die University of Ottawa nun, ob Mobilkom die Kapazitätsgrenze erreicht hat. Wenn dies zutrifft, werden 5 MHz an Frequenzen zugeteilt. Allerdings wird hier nur die einzelwirtschaftliche Situation (Erreichen der Kapazitätsgrenze) analysiert und nicht die Auswirkungen auf den Wettbewerb. Von besonderem Interesse ist auch die juristische Auslegung der zugrundeliegenden Gesetzesstellen, welche letztlich darüber entscheidet, zu welchen Preisen die Frequenzen vergeben werden.

Ökonomisch relevant ist diese Entwicklung, weil bei den GSM-900-Ausschreibungen die Konzessionen – und nicht die Frequenzen – versteigert wurden (auch wenn dies nicht so beabsichtigt war) und sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen nach der Vergabe verändert haben. Dadurch könnten – abhängig von der anstehenden Entscheidung – die Erwartungen, die die betroffenen Unternehmen zum Zeitpunkt der Konzessionserteilung hatten, korrigiert werden. Eine Voraussetzung für die Vergabe von Konzessionen bzw. Frequenzen in der Mobiltelefonie sind aber langfristig gültige Rahmenbedingungen – nur dann können die Unternehmen entsprechend kalkulieren, und nur dann kann angenommen werden, daß durch das Konzessionsentgelt Unterschiede zwischen Betreibern (z. B. späterer Markteintritt, Frequenzbänder) ausgeglichen werden. Jedenfalls in der Verantwortung der Unternehmen verbleibt das unternehmerische Risiko, welches sich aus Verhaltensänderungen der Marktteilnehmer, der Marktentwicklung usw. ergibt.

Das Telekommunikationsgesetz 1997 (TKG 97) ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber den bisherigen Ansätzen im Frequenzmanagement, weil es die Basis für eine ökonomisch effiziente Frequenzvergabe legt. Ökonomisch effizient ist die Frequenzvergabe dann, wenn die Frequenzen dem Betreiber mit der höchsten individuellen Bewertung zugeteilt werden. In diesem Fall würde auch die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt maximiert. Ökonomisch effiziente Preise können durch Auktionierung oder durch die Berechnung von administrativen Preisen ermittelt werden. Beide Alternativen haben Vor- und Nachteile:

  • Auktionen sind relativ einfach und transparent abzuwickeln, jedoch nur begrenzt anlaßbezogen einsetzbar (nicht für Einzelanträge auf Frequenzzuweisung). Um Absprachen zwischen den Bietern zu verhindern, müssen genügend Bieter zur Teilnahme motiviert werden. Dies kann durch die gleichzeitige Versteigerung aller nicht für künftige Anwendungen reservierten Frequenzen erreicht werden. Teilnahmeberechtigt sollten sowohl bereits aktive als auch neue Betreiber sein.
  • Administrative Preise sollten ebenfalls zu einer ökonomisch effizienten Allokation von Frequenzen führen, sie werden jedoch berechnet und nicht im Rahmen einer Auktion ermittelt. Administrative Preise ermöglichen die sequentielle Vergabe von Frequenzen und können auf das gesamte Frequenzspektrum (ausgenommen jene Frequenzbereiche, die auktioniert wurden) angewandt werden.

In beiden Fällen müssen Obergrenzen für den Frequenzerwerb pro Betreiber festgelegt werden. Unabhängig von der gewählten Alternative sind klare Strategien im Frequenzmanagement notwendig, um das gesamtwirtschaftliche Potential dieser Ressource auszuschöpfen.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 3/1998!