9. Februar 1998 • Heimische Konjunktur durch Asienkrise bisher kaum beeinträchtigt • Ewald Walterskirchen

Die Asienkrise hat das Geschäftsklima der österreichischen Industrie bisher kaum gedämpft. Die Unternehmer schätzten die meisten Konjunkturindikatoren im Jänner neuerlich etwas günstiger ein als im Oktober. Die Verbesserung der Exporterwartungen ist allerdings ins Stocken geraten.

Die Aufwärtsentwicklung der österreichischen Konjunktur hielt zu Jahresbeginn 1998 an. Die Unternehmensbefragungen des WIFO lassen eine weitere Aufhellung des Geschäftsklimas erkennen: Die Industrieunternehmen schätzen ihre Auftragssituation und die künftige Geschäftslage etwas günstiger ein als in der vorhergehenden Quartalsumfrage, die vor dem Beginn der Asienkrise stattgefunden hat.

Die Erholung der Konjunktur kommt in den meisten Branchen voran. Vor allem in der Grundstoffindustrie und der Chemie sind die Erwartungen merklich optimistischer als zuletzt. Selbst die Konsumgüterhersteller, die lange unter der verhaltenen Konsumnachfrage in Europa gelitten hatten, verzeichneten nun eine Aufwärtstendenz, seit sich das Vertrauen der Verbraucher in die Wirtschaftsentwicklung in Europa gebessert hat. Das Auslastungsniveau im Konsumgüterbereich ist jedoch noch relativ gering, und die Produktionserwartungen sind verhalten.

In der technischen Verarbeitung zeigt sich am ehesten ein gewisser Einfluß der Asienkrise. Hier beurteilen die Unternehmen Exportaufträge und Geschäftslage ähnlich wie in der letzten Befragung, der Aufwärtstrend ist kurzfristig ins Stocken geraten.

Während die Grundstoffindustrie, die Chemie sowie die technische Verarbeitung mit einer kräftigen Ausweitung der Produktion in den nächsten drei Monaten rechnen, stehen die Bauzulieferer weiterhin unter dem Druck der Baurezession in Europa. Da die Nachfrage nach Bauprodukten aus dem Ausland wie aus dem Inland verhalten ist, klagt diese Branche über eine unbefriedigende Auftragssituation und eine ungünstige Geschäftslage.

Die Asienkrise wirkte sich also bisher wenig auf die Industrieproduktion und den Export in Österreich aus – auch wegen des relativ geringen Anteils der asiatischen Krisenländer an den österreichischen Warenexporten (rund 1½%).

Exportstatistiken liegen derzeit nur bis zum Herbst 1997 vor. Bis dahin verzeichneten die österreichischen Exporteure einen Boom: Sie konnten ihre Lieferungen im II. und III. Quartal gegenüber dem Vorjahr um etwa ein Fünftel steigern.

Angesichts des geringen Anteils der Asienexporte erscheint es unwahrscheinlich, daß die Ausfuhr durch die Asienkrise direkt stark in Mitleidenschaft gezogen wird. In gewissen Grenzen beeinträchtigt die Krise den österreichischen Tourismus. Indirekte Effekte könnten aus einer Dämpfung des Konjunkturaufschwungs in Europa resultieren.

Deutsche Wirtschaftsforscher schätzen die Wachstumsaussichten für Deutschland 1998 infolge der Asienkrise um etwa ¼ Prozentpunkt niedriger ein. Das Ifo-Institut in München rechnet damit, daß das Krisenpotential begrenzt werden kann und die deutsche Wirtschaft 1998 um "reichlich 2½%" wachsen wird. Für eine Fortsetzung des Aufschwungs in Europa spricht, daß sich nun auch die Inlandsnachfrage in den großen kontinentaleuropäischen Ländern immer deutlicher erholt.

Empfindlicher trifft die Wirtschaftskrise in Asien Japan und die USA: In Japan zögert sich die Hoffnung auf eine Besserung der Konjunktur weiter hinaus, und in den USA stagniert der "Leading Indicator" seit Beginn der Asienkrise. Der Internationale Währungsfonds hat seine Prognose für das Weltwirtschaftswachstum 1998 von +4,3% auf +3,5% zurückgenommen.

Die Deflationsgefahr (Senkung des Preisniveaus) durch die Asienkrise sollte nicht überschätzt werden. Der Rückgang der Inflationsrate in Europa hängt primär nicht mit billigeren Importen aus Abwertungsländern zusammen, sondern mit dem Druck der hohen Arbeitslosigkeit auf die Lohnsteigerungen und mit Kostensenkungen durch Rationalisierungsmaßnahmen. Die Risiken auf den Finanzmärkten sollten jedoch nicht bagatellisiert werden.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 2/1998!