21. Jänner 1998 • Unternehmensbefragung bestätigt: Multimedia-Produktion gehört zu den Hoffnungsträgern des Strukturwandels • Norbert G. Knoll

Norbert G. Knoll, Mitarbeiter einer von WIFO und Forschungszentrum Seibersdorf 1997 durchgeführten Erhebung unter 75 österreichischen Multimedia-Produzenten, unterstreicht im Heft 1/1998 der WIFO-Monatsberichte ein hohes Entwicklungspotential dieser jungen Branche und die Notwendigkeit einer aktiven Multimedia-Politik. Für die unternehmerische Planung besteht ein beträchtliches Risiko hinsichtlich der Markt- und Produktentwicklung, aber auch in bezug auf die politisch gestaltbaren Rahmenbedingungen der Regulierung.

Im Auftrag von Wirtschaftsministerium und Wissenschaftsministerium befragten WIFO und Forschungszentrum Seibersdorf 75 Unternehmen des österreichischen Multimedia-Bereichs. Diese Betriebe verfügen vorwiegend in den Bereichen neue Medien, Verlagswesen, Werbung, Graphik-Design, Lernsoftware und Ausbildung über Kernkompetenzen. Obwohl die erfaßten Unternehmen den gesamten Bereich Multimedia nur sehr eingeschränkt repräsentieren, können aus der Untersuchung einige allgemeine Ergebnisse zum Status quo und zum Entwicklungspotential der Multimedia-Produktion unter den spezifischen Rahmenbedingungen in Österreich abgeleitet werden:

Insgesamt bestätigt sich die These einer vorwiegend klein- und kleinstbetrieblichen Struktur (zu 80% nicht mehr als 10 Mitarbeiter). Die Beschäftigung ist durch projektorientierte Arbeit mit einem hohen Anteil von freien Mitarbeitern und Werkverträgen gekennzeichnet.

Die Unternehmen setzen Arbeitskräfte unterschiedlichster Qualifikation ein (Graphik–Design, EDV, traditionelle Medienausbildung usw.). Weniger als die Hälfte der Unternehmen beschäftigt bereits Mitarbeiter mit multimediaspezifischer Fach- und Zusatzausbildung; eine Erweiterung des Ausbildungsangebotes und die zunehmende Professionalisierung werden diesen Anteil innerhalb der nächsten fünf Jahre auf rund drei Viertel erhöhen.

Seit Anfang der neunziger Jahre treten in Österreich verstärkt spezialisierte Multimedia-Unternehmen auf (Neugründungen, Diversifikation). Der Markteinstieg ist vor allem durch die Wahrnehmung von Wachstumschancen und besseren Vertriebsmöglichkeiten für Produkte und Dienstleistungen aus dem Kerngeschäft motiviert. Know-how wird dabei auch über Kooperationen in der Produktentwicklung und zum Informationsaustausch aufgebaut; der Anteil der Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen ist mit einem Viertel ungewöhnlich hoch.

Anbieterstruktur, Wettbewerb und Marktwachstum des Multimedia-Sektors in Österreich entwickeln sich außerordentlich dynamisch. Die Konkurrenzsituation ist derzeit für die Unternehmen überschaubar; rund vier Fünftel der Anbieter erwarten aber eine Zunahme der Zahl der Mitbewerber und damit der Wettbewerbsintensität. Die Mehrzahl der Unternehmen kommt heute noch aus Österreich, ein Viertel der befragten Unternehmen steht bereits mit ausländischen Anbietern in Konkurrenz; dieser Anteil wird in Zukunft stark steigen.

70% der Nachfrage entfallen auf andere Unternehmen, 30% auf private Haushalte und öffentliche Institutionen. In den nächsten fünf Jahren sollte der Absatz beträchtlich ausgeweitet werden können: Rund die Hälfte der befragten Unternehmen rechnet mit einer starken Expansion, ebenfalls etwa die Hälfte zumindest mit einem Wachstum des Marktes.

Technologische Entwicklungen wie z. B. die Konvergenz zwischen Medien- und Telekommunikationsbereich erfordern eine Weiterentwicklung der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, die sich am internationalen Umfeld orientiert (Standards und Normen, Regeln für die Verwertung von Information, die Sicherheit von Transaktionen im elektronischen Raum usw.).

Die Multimedia-Produktion ist sowohl arbeits- als auch humankapitalintensiv – Löhne und Gehälter machen rund 32% der Gesamtkosten aus. Zumindest in Teilsegmenten sind zudem beachtliche Größenvorteile in der Produktion möglich. Das Entwicklungspotential österreichischer Unternehmen wird daher nur soweit realisiert werden können, als es gelingt, über die geographische Ausdehnung des Absatzmarktes das Angebot zu internationalisieren.

Aus Sicht der befragten Unternehmen bilden die derzeit in Österreich vorherrschenden Standortbedingungen Entwicklungsbarrieren für eine wettbewerbsfähige Multimedia-Produktion. Handlungsbedarf ergibt sich für die Wirtschaftspolitik hier insbesondere in bezug auf Telekommunikationspreise und -infrastruktur, durch ein wenig ausgeprägtes Qualitätsbewußtsein der Nachfrage, den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften sowie in bezug auf die Förderung von Forschung und Technologieentwicklung.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/1998!