19. Dezember 1997 • Prognose für 1998 und 1999: Konjunkturaufschwung entlastet Budget und beschleunigt Beschäftigungswachstum • Markus Marterbauer

Der Konjunkturaufschwung gewinnt in Österreich 1998 und 1999 an Dynamik. Das Wachstum beschleunigt sich auf real 2¾% bzw. 3%, Österreichs Wirtschaft expandiert wieder im Tempo des EU-Durchschnitts. Mit dem allmählichen Anziehen der Inlandsnachfrage werden Arbeitsmarkt und öffentliche Haushalte entlastet, die Preise bleiben weitgehend stabil.

Das Wirtschaftswachstum betrug in Österreich zwischen 1990 und 1996 im Durchschnitt real knapp 2% pro Jahr; das ist gleich viel wie in Deutschland und um etwa ½ Prozentpunkt pro Jahr mehr als im EU-Durchschnitt. Die vielfältigen Herausforderungen aus den veränderten Rahmenbedingungen (Ostöffnung, EU-Beitritt u. a.) wurden damit relativ gut bewältigt. In den ersten drei Quartalen 1997 expandierten Nachfrage und Produktion nach einer ersten Schätzung um gut 1¾%. Für das Jahr 1997 kann insgesamt eine reale Rate von zumindest 2% erwartet werden. Die Entwicklung ist primär vom Warenexport getragen – er nimmt gegenüber dem Vorjahr um etwa 10% zu.

Für 1998 und 1999 zeichnet sich eine Fortsetzung der exportgetragenen Konjunktur ab. Die Krise in Asien wird – soweit derzeit absehbar – den an Breite gewinnenden Konjunkturaufschwung in der EU zwar dämpfen, aber nicht entscheidend bremsen. Die Nachfrage der osteuropäischen Handelspartner wird weiterhin kräftig sein, jene Westeuropas wird noch stärker in Gang kommen. Unter der Annahme stabiler Wechselkurse im EWS und eines problemlosen Übergangs in die Währungsunion bleiben die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exporteure hoch und das Wachstum der Warenausfuhr lebhaft (jeweils real +9%). Die Importe nehmen 1997 noch verhalten zu, gewinnen in den Folgejahren jedoch mit steigender Inlandsnachfrage an Dynamik. Das Handelsbilanzdefizit geht auf 90 Mrd. S zurück, das Defizit in der Leistungsbilanz stabilisiert sich auf einem Niveau von etwa 45 Mrd. S (1¾% des BIP). Es ist in erheblichem Maße von den Nettobelastungen aus den Zahlungen an die EU und Defiziten in der Faktoreinkommensbilanz geprägt und spiegelt nur zum Teil eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit wider.

Bei reger Exportnachfrage expandiert die Sachgütererzeugung kräftig (+4½%), ab 1998 kann mit zunehmender Unterstützung seitens der Konsumnachfrage gerechnet werden. Die Beschäftigung weitet sich gegenüber dem Vorjahr kräftig aus; die Budgetpolitik ist weniger restriktiv, und die verfügbaren Einkommen steigen erstmals nach 2 Jahren wieder – das sollte der Ausweitung des privaten Konsums den nötigen Spielraum geben (1998 +1½%, 1999 +1¾%). Die Bauwirtschaft erholt sich nur langsam. Neue Finanzierungsmodelle und Ausgliederungen kommunaler Aufgaben könnten Impulse für den Tiefbau auslösen. Der Wohnungsneubau ist rückläufig, während der Sanierungsbau dynamisch bleibt. Im Wirtschaftsbau (etwa im Tourismus) könnte sich mit der Konjunkturverbesserung eine allmähliche Belebung ergeben.

Die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums zeigt positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitskräftenachfrage (ohne Bezieher von Karenzurlaubsgeld und Präsenzdiener) steigt 1998 um 18.000, 1999 um 27.000 (+0,6% bzw. +0,9%). Die Tendenz zur Flexibilisierung der Arbeitszeit ist weiterhin stark, Frauen werden von der Beschäftigungsausweitung im Dienstleistungsbereich überproportional profitieren. Der wachsenden Arbeitskräftenachfrage entspricht eine fast gleich starke Expansion des Arbeitskräfteangebotes aus der "stillen Reserve". Die Arbeitslosigkeit geht deshalb nur leicht zurück. Sie erreicht 1999 im Jahresdurchschnitt ein Niveau von 229.000 Personen, das entspricht einer Arbeitslosenquote von 6,9% der unselbständigen Erwerbspersonen nach traditioneller österreichischer Berechnung bzw. 4,2% der Erwerbspersonen nach international vergleichbarer Messung. 63% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter sind erwerbstätig. Österreich weist damit im europäischen Vergleich nicht nur eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten, sondern – einschließlich der steigenden Zahl der geringfügig Beschäftigten – auch eine der höchsten Beschäftigungsquoten auf.

Die Preisstabilität bleibt weiterhin in hohem Maß gewahrt. Nach wie vor werden EU-Beitrittseffekte – zunehmend auch im Dienstleistungsbereich – wirksam, das umfangreiche Wohnungsangebot drückt die Mieten bei Neuvermietung, von der Entwicklung der Rohstoffpreise und der Wechselkurse sind kaum noch preistreibende Effekte zu erwarten. 1998 spielen allerdings Tariferhöhungen eine Rolle. Die Inflation beträgt auf Verbraucherebene 1998 und 1999 nur jeweils 1½%. Die Lohnzuwächse pro Kopf sind vor allem 1997 und 1998 noch schwach, sie erreichen erst 1999 wieder +2¾%. Die Nettorealeinkommen je Arbeitnehmer werden dennoch nach zwei Jahren kräftigen Rückgangs ab 1998 nur stagnieren.

Die Entwicklung der öffentlichen Haushalte ist 1997 und 1998 noch primär von den umfangreichen Bemühungen zur Budgetkonsolidierung geprägt. Diese zeigen Erfolge, Österreich erreicht die Fiskalkriterien für den Eintritt in die Währungsunion ohne Probleme, die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte sinkt 1997 auf 2,6%. In den Folgejahren werden auch im Budget positive Effekte der Konjunkturerholung wirksam, vor allem im Bereich der Lohnsteuereinnahmen. Die Neuverschuldung sinkt bis 1999 auf 2,1% und hält damit den im "EU-Stabilitätspakt" vorgesehenen Kurs, der allerdings keinen großen Spielraum für Entlastungsmaßnahmen auf der Einnahmen- oder Ausgabenseite zuläßt.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 1/1998!