3. Dezember 1997 • Gedämpfter Optimismus für das Weihnachtsgeschäft • Michael Wüger

Gemessen am durch Vorziehkäufe (vor dem Inkrafttreten erster Maßnahmen des "Sparpakets") überhöhten Niveau des Vorjahres sanken die Einzelhandelsumsätze im Durchschnitt der Monate Jänner bis Mai 1997 real um 3,3%; seither steigen sie wieder (Durchschnitt Juni/August +2,3%). Diese Tendenz läßt optimistische Erwartungen für das Weihnachtsgeschäft zu. Deutliche Auswirkungen der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten waren heuer noch nicht zu erwarten.

Die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten nutzen nach Befragungen (Institut für Handelsforschung, Handelsverband, Nielsen im Auftrag der Arbeiterkammer) insbesondere die Großbetriebe des Einzelhandels im Konkurrenzkampf. Auf der Konsumentenseite sind es vor allem Jüngere, Berufstätige, Einkommenstärkere sowie Bewohner von größeren Städten, die längere Öffnungszeiten nutzen. Der Samstagnachmittag wird eher in Anspruch genommen als der Abendverkauf. Eingekauft wird zu den neuen Öffnungszeiten insbesondere im Lebensmittelhandel, im Handel mit Textilwaren und Schuhen, in Baumärkten sowie im Elektro- und Möbelhandel. 10% der Konsumenten gaben an, daß sie die neuen Öffnungszeiten zu Mehreinkäufen verleitet haben.

Die Händler sehen keine besonderen Auswirkungen auf die Umsatzentwicklung – ein Ergebnis, das abzusehen war, weil die Umsatzentwicklung wesentlich stärker vom Einkommensverlauf (der heuer fiskalisch gedämpft wurde) als von den Öffnungszeiten beeinflußt wird. Zudem sind Effekte erst auf längere Sicht zu erwarten. Der Handel war zunächst gefordert, ein attraktives Öffnungsangebot zu erstellen, der Konsument muß dieses ausreichend testen und sein Verhalten anpassen können.

Die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze seit Juni läßt auch Optimismus für das Weihnachtsgeschäft zu, das – wie die ausgeprägten Dezember-Spitzen (Abbildung 1) zeigen – für einige Branchen von besonderer Bedeutung ist. Als ein Indikator für das Volumen des Weihnachtsgeschäfts gelten jene Umsätze im IV. Quartal, die über dem Niveau des I. bis III. Quartals liegen. Dieser Wert erreichte 1996 netto (d. h. ohne Mehrwertsteuer) rund 15,5 Mrd. S (brutto, einschließlich Mehrwertsteuer, sind das rund 18,5 Mrd. S (rund 5.800 S pro Haushalt bzw. 2.300 S pro Kopf; Abbildung 2). Da dieser Indikator von Sondereinflüssen, wie sie heuer aufgrund der oben genannten Vorziehkäufe zu beobachten waren, besonders verzerrt wäre, erstellte das WIFO seine Prognose des Weihnachtsgeschäfts mit einem zeitreihenanalytischen Ansatz. Dieser verwendet die maßgebenden Einflußfaktoren der Einzelhandelsentwicklung (Trend, Konjunktur, Saison, Kalender, fiskalische Maßnahmen usw.). So ergibt sich für 1997 ein leichter realer Umsatzzuwachs im Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels (±0% bis +0,8%). Positiv wird sich das Offenhalten der Geschäfte am 8. Dezember auswirken, negativ, daß das Dezembergehalt steuerlich ungünstiger behandelt wird (weil die Sozialversicherungsbeiträge der sonstigen Bezüge nicht mehr die Steuerbemessungsgrundlage des laufenden Bezugs mindern). Falls die Österreicher die günstige Lage der Weihnachtsfeiertage verstärkt für Auslandsurlaube nutzen, können die Umsätze nicht höher sein als im Vorjahr.

Abbildung 1: Dezember-Spitzen ausgewählter Einzelhandelsbranchen 1996

Umsatz im Dezember, der den Durchschnitt von Jänner bis November übersteigt, in %.

Abbildung 2: "Zusatzumsätze" des Einzelhandels im IV. Quartal im Jahr 1996

Nettoumsätze (ohne Umsatzsteuer) des IV. Quartals über dem Durchschnitt der ersten drei Quartale.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 12/1997!