29. Oktober 1997 • Wachstum findet wieder Anschluß an EU. Mittelfristige Prognose der österreichischen Wirtschaft bis 2001 • Fritz Schebeck

Die Abwertung einiger Währungen in Europa, Maßnahmen zur Konsolidierung des Staatshaushaltes und kurzfristig nicht zu bewältigende Strukturprobleme ließen die gesamtwirtschaftliche Produktion in Österreich seit 1994 langsamer wachsen als im Durchschnitt der EU-Staaten. Mit dem Wegfall wechselkursbedingter Konkurrenznachteile, fortschreitenden Strukturverbesserungen und etwas weniger restriktiver Budgetpolitik dürfte es der österreichischen Wirtschaft ab 1998 gelingen, mit der Wachstumsdynamik der EU gleichzuziehen. Das reale BIP wird im Durchschnitt des Zeitraums 1996/2001 um 2,4% pro Jahr steigen, um 1 Prozentpunkt rascher als in der Fünfjahresperiode davor. Die Prognose geht von der Annahme aus, daß die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion planmäßig am 1. Jänner 1999 mit einer großen Zahl von teilnehmenden Ländern beginnt.

Mit beschleunigter Produktionsausweitung wird auch die Nachfrage nach Arbeitskräften wieder anziehen. Die wachsende Zahl der Teilzeitbeschäftigten rekrutiert sich weitgehend aus der Arbeitskräftereserve und nicht aus der Arbeitslosigkeit. Daher geht die Arbeitslosenquote nur langsam zurück (nach EU-Definition von 4,4% auf 4%, nach traditioneller Definition von 7% im Jahr 1997 auf 6½% im Jahr 2001).

Sind zur Zeit die Exporte der Motor des Wachstums, so dürften im Laufe des Jahres 1998 auch zusätzliche Impulse von den Investitionen ausgehen. Das Streben nach Rationalisierung, Modernisierung und auch Kapazitätsausweitung wird die Ausrüstungsinvestitionen viel rascher wachsen lassen als die Bauinvestitionen.

Die gedämpfte Zunahme der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte läßt nur eine allmähliche und mäßige Erholung des privaten Konsums erwarten. Die Nachfrage der öffentlichen Haushalte wird infolge der anhaltenden Bemühungen um Budgetkonsolidierung mäßig bleiben.

1997 unterschreitet die Defizitquote des Staates deutlich die im Maastricht-Vertrag genannte 3%-Marke und sinkt gegen Ende der Prognoseperiode unter 2% des BIP. Auch die Staatsschuldenquote dürfte im Laufe der nächsten Jahre gegen 60% des BIP tendieren.

Bis zum Jahr 2001 wird es nicht gelingen, die Außenwirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die prognostizierte Senkung des Leistungsbilanzdefizits von 2¼% (1997) auf etwa 1½% des BIP ist vor allem einer Verbesserung der Handelsbilanz zu danken. Für die Wettbewerbsfähigkeit und den Gewinn von Marktanteilen im Export zeichnen sich nämlich günstigere Voraussetzungen ab. Der drastische Abbau der Nettoeinnahmen aus dem Reiseverkehr dürfte zum Stillstand kommen; für die nächsten Jahre wird aber nur eine leichte Erholung erwartet.

In der Folge des EU-Beitritts hat sich die Inflation in Österreich deutlich abgeschwächt. Die gedämpfte Entwicklung der Lohnstückkosten schlägt sich in der Inflationsprognose nieder. Auch von den Importen wird wenig Preisauftrieb ausgehen. In Europa wird die Europäische Zentralbank von der Deutschen Bundesbank voraussichtlich die Rolle der Inflationsbekämpfung übernehmen. Die jährliche Inflationsrate wird im Prognosezeitraum kaum 2% erreichen, sie beträgt im Durchschnitt 1,8% (gegenüber 2,7% in den Jahren 1992 bis 1996).

Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose

 

1985/1991

1991/1996

1996/2001

 

Durchschnittliche jährliche Veränderung in %

       

Bruttoinlandsprodukt

     

  Real

+3,2

+1,4

+2,4

  Nominell

+6,0

+4,3

+4,0

       

Leistungsbilanz

     

  In % des BIP1)

+0,1

–1,1

–1,8

       

Konsumdeflator

+2,2

+2,7

+1,8

       

Unselbständig Beschäftigte2)

+1,4

+0,1

+0,7

       

Arbeitslosenquote

     

  In % der Erwerbspersonen3)

.

4,0

4,2

  In % der unselbständigen Erwerbspersonen4)

5,4

6,6

6,8

       

Finanzierungssaldo des Staates

     

  In % des BIP1)

–3,2

–3,8

–2,2

1)  Durchschnitt 1986/1991, 1992/1996, 1997/2001 in %. – 2)  Ohne Präsenzdiener und Bezieher von Karenzurlaubsgeld. – 3)  Laut Eurostat. – 4)  Laut Arbeitsmarktstatistik.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 10/1997!