22. Oktober 1997 • Die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft. Ein Erfolgsmodell im Umbau • Karl Aiginger

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Österreichs Wirtschaft einen Aufholprozeß gegenüber Westeuropa, dessen Erfolgsaussichten auch von Optimisten angesichts der Besatzung, fehlender Kapitalbasis, der Lage an den Grenzen zum Ostblock und später durch die Ausgrenzung von der EWG (Sechsergemeinschaft), wegen des Fehlens von Großunternehmen in der Verarbeitungsindustrie als gering beurteilt wurden. Erst in den siebziger Jahren wurden die EU-Märkte voll geöffnet, Ende der achtziger Jahre fielen die Ostgrenzen. Heute liegt die Wirtschaftsleistung Österreichs deutlich über dem EU-Durchschnitt, Arbeitslosigkeit und Inflation zählen zu den niedrigsten in Europa, die Produktivität der Industrie rangiert in der Spitzengruppe, die Marktanteile in Europa haben steigende Tendenz. Österreich ist das EU-Mitglied mit dem vierthöchsten Pro-Kopf-Einkommen und übernimmt mit dem Ratsvorsitz in der zweiten Jahreshälfte 1998 auch eine hohe wirtschaftspolitische Verantwortung. Eine langfristige Betrachtung der Entwicklung der österreichischen Wirtschaft erlaubt es also, von einem Erfolgsmodell zu sprechen.

Dennoch kann diese günstige Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen, daß wichtige Weichenstellungen bevorstehen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren entscheidend geändert, nicht in allen Bereichen zugunsten der österreichischen Position. So ist der Wettbewerb gerade auf vielen Märkten, auf denen Österreich komparative Vorteile hatte, schärfer geworden. Der Änderungsbedarf für wirtschaftspolitische Institutionen und Regime wird in Österreich unter dem Liberalisierungs- und Globalisierungsdruck stärker ausfallen. Defizite weist das bisherige österreichische System in der Technologiepolitik, in bezug auf Mobilität und Gründungstätigkeit auf, Verwaltungswege sind oft komplex und langwierig. Die Leistungsbilanz ist seit 1992 passiv, und auch 1997 ist wieder ein Defizit von voraussichtlich 55 Mrd. S zu erwarten. Die anfänglichen Erfolge im Ostexport und um Bereich der Direktinvestitionen österreichischer Unternehmen sind abgeflacht. Die Liberalisierung der Bereiche Elektrizitäts- und Gaswirtschaft sowie Telekommunikation geht bzw. ging schleppend vor sich, Chancen zur Expansion in die Transformationsländer sind teilweise bleibend verloren. Die Außenfinanzierungsmöglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmen, aber auch die Bereitschaft zur externen Eigenkapitalbeschaffung, die Funktionsfähigkeit des österreichischen Aktienmarktes, sind Defizitbereiche. Die Exporte konzentrieren sich noch immer auf nahe Märkte und auf mittlere Qualitätssegmente. Forschungs- und Exportoffensive sind durch die Budgetengpässe oder durch Kompetenzfragen verzögert, Betriebsgründungen sind noch immer schwierig und teuer.

Das "Europäische Modell" im Vergleich mit den USA und Japan

Im Konkurrenzkampf der wirtschaftlichen Blöcke weisen zur Zeit die USA die größte Dynamik auf. Der Aufschwung dauert nun schon sechs Jahre, die Beschäftigung ist rasch gestiegen, Arbeitslosigkeit und Budgetdefizit sinken. Das kontinuierliche und fast inflationslose Wachstum wurde mit einem sehr niedrigen Zinssatz gestartet und mit einem teilweise noch immer unterbewerteten Dollar unterlegt, dann mit einer mutigen, nicht zu restriktiven Zinspolitik am Leben gehalten. Eine Vergrößerung der Spanne zwischen hohen und niedrigen Einkommen erhöhte die Beschäftigung auch im Bereich der Dienstleistungen mit niedriger Wertschöpfung, hatte aber auch hohe Einkommensunterschiede und das Phänomen der Working Poor (Armut trotz Beschäftigung) zur Folge. Niedrige Einkommen werden jedoch durch Elemente einer "negativen Einkommensteuer" gestützt. Die Arbeitsmarktpolitik verstärkt die Methoden und auch den Druck zur Beschäftigungssuche und zur Annahme von schlechtbezahlter Arbeit, teilweise wird letztere auch auf lokaler Ebene befristet von öffentlicher Seite zur Verfügung gestellt. Ein Teil der Wachstumsdynamik kommt von der Verschärfung der Konkurrenz durch fast völlige Erwerbsfreiheit, neue Formen des Unternehmertums, zusätzliche Verkaufskanäle (Factory Outlets, Hauszustellung). Die Preise konnten so trotz Vollauslastung und acht Jahren des Wachstums stabil gehalten werden. Eine zweite Wachstumskomponente liefern der forcierte Fortschritt in der Telekommunikation und das Wiedererstarken von Unternehmen im High-tech-Bereich. Das Handelsbilanzdefizit konnte auch durch die Kombination der Erfolge am "High-tech-Ende" und einer Niedriglohnstrategie im Dienstleistungsbereich nicht beseitigt werden; angesichts der Attraktivität von Investitionen in den USA und in den Dollar war dies bisher auch nicht nötig.

Das "Europäische Modell" unterscheidet sich in mehreren Dimensionen vom Weg der USA. Überhöhte Einkommensdiskrepanzen zwischen niedrigen und hohen Einkommen, zwischen Vermögensbesitzern und Obdachlosen werden als ungerecht und mit den Zielen einer Wohlfahrtsgesellschaft unverträglich gesehen. Die Schaffung von Arbeitsplätzen im Bereich der persönlichen und niedrig bezahlten Dienstleistungen gilt als nicht besonders erstrebenswert, eine überproportionale Erhöhung niedriger Löhne als günstig für den Strukturwandel und die Stabilisierung der Nachfrage. Krankheit und Beschäftigungsrisiko sollten auch bei längerer Dauer von der Gesellschaft abgesichert werden. Grenzenlose Gewinnmaximierung und feindliche Übernahmen werden nicht als produktivitätserhöhend, sondern als Ablenkung produktiver Ressourcen in spekulative Tätigkeiten interpretiert. Die Leistungsbilanz der EU ist positiv, und die Wohlfahrt – gemessen an der Kombination aus Realeinkommen, sozialer Sicherheit und Umweltschonung – ist in den letzten 15 Jahren langsam, aber kontinuierlich gestiegen, während das Medianeinkommen der Arbeitnehmer in den USA zurückblieb. Die Lohnkosten je Output sind nun in Europa höher als in den USA; das schränkt die Wettbewerbsfähigkeit ein, hat aber den Einkommens- und Produktivitätsrückstand Europas langfristig verringert.

Das Europäische Modell ist in zwei Punkten an Grenzen gestoßen: durch den steten Anstieg der Budgetdefizite und der Staatsverschuldung und durch die geringe Fähigkeit, neue Beschäftigung zu schaffen.

Im ersten Punkt wurden – nicht zuletzt durch die Maastricht-Ziele – deutliche Erfolge erzielt. In den meisten EU-Ländern könnten die Defizitziele und das Verschuldungsziel in der Tendenz erreicht werden, wenn auch begrenzte Abstriche von der genauen Erfüllung nötig und empfehlenswert sein sollten. Die Arbeitslosenquote hat im Durchschnitt 11% erreicht und ist in nur wenigen Ländern deutlich niedriger. In England geht sie nach einer Periode sinkender Realeinkommen und extrem hoher Arbeitslosigkeit zurück, in den Niederlanden und in Dänemark nach konsensualen Reformen (mit Flexibilisierung, Erhöhung der Teilzeitbeschäftigung und innovativen Karenzregelungen). In Österreich liegt die Arbeitslosenquote deutlich unter dem EU-Durchschnitt; Frühpensionierungen und andere Maßnahmen zur Senkung des Arbeitskräfteangebotes wurden mit zum Teil hohen budgetären Kosten genutzt – allerdings leistete auch das lange Zeit höhere Wachstum einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Der Wachstumsimpuls im Europäischen Modell sollte nun aus dem Abbau der Transaktionskosten durch Schaffung des EU-Binnenmarktes sowie aus der wachsenden Dynamik der Wirtschaftsentwicklung in den Transformationsländern kommen. Jüngste Prognosen lassen für die EU Wachstumsraten von 2½% bis 3% erwarten; damit würde auch die Arbeitslosenquote sinken. Der als Bedrohung empfundenen Migration aus den Transformationsländern kann nur durch eine restriktive Einwanderungspolitik begegnet werden, die aber mit dem Freizügigkeitsprinzip (und eventuell auch mit dem humanitären Anspruch) des Europäischen Modells im Konflikt steht. Die verstärkte Unterstützung des Transformationsprozesses in Ost-Mitteleuropa und letztlich die Osterweiterung der EU konkurrieren kurz- und mittelfristig mit dem Ziel, die öffentlichen Haushalte zu sanieren, und überdies mit etablierten regionalen Ausgleichsmechanismen in der bisherigen Gemeinschaft.

Die europäische Zinspolitik wirkte in den Hartwährungsländern restriktiv und hat die Reduktion der Budgetdefizite und auch die Finanzierung aktiver Forschungs- und Ausbildungsinitiativen erschwert. Die Liberalisierung der Telekom-Märkte verschaffte jenen Ländern, die sie früh in Angriff genommen und interne Konkurrenz forciert hatten, eine gute Ausgangsposition.

Es hat den Anschein, daß das Europäische Modell mit dem Entstehen des Binnenmarktes und mit dem Erreichen einer großen Währungsunion einen Teil seines Reformbedarfs bereits abgearbeitet hat und nun besser für die weltweite Konkurrenz gerüstet ist. Jedenfalls scheint die selbstbewußte Weiterentwicklung des Modelles und gegebenenfalls ein Einarbeiten von Erfolgsfaktoren anderer Modelle sinnvoll und möglich. Ein Nachahmen des Weges der USA oder Japans ist nicht empfehlenswert.

Das "Japanische Modell" und teilweise in seinem Gefolge die neuen Industrieländer (Tiger und Drachen) stehen zur Zeit dem größten Umstrukturierungsbedarf gegenüber. Die Liberalisierung der Importe und die interne Konkurrenz sind geringer als in den USA, aber auch geringer als in Europa; der Konkurrenzdruck durch China ist für Japan fast noch stärker als jener der Transformationsländer für Europa und der Mexikos für die USA. Der institutionelle Umbau erweist sich als schwierig, doch gehen die meisten Analysten davon aus, daß Japan fähig ist, neue Herausforderung zu bewältigen. In Japan hat sich das Wirtschaftswachstum seit Anfang der neunziger Jahre deutlich verlangsamt, nicht zuletzt weil der Yen sehr stark aufgewertet wurde.

Mit den Wirkungen der makroökonomischen Steuerung auf die Wachstumsdynamik befaßt sich das WIFO eingehender in seiner mittelfristigen Prognose, die in den nächsten Tagen erscheint. Hier soll nur angemerkt werden, daß die Steuerung über Wechselkurs, Zinspolitik und Fiskalpolitik neben der Organisation der Märkte und der Steuerung des Innovations- und Qualifikationsprozesses einen eigenständigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit liefert.

Wirtschaftsstandort Österreich

Das österreichische Wirtschaftssystem ist eine Variante des "Europäischen Systems" mit besonderer Betonung bestimmter Elemente. Die konsensuale Lösung von Wirtschaftsfragen im Rahmen der Sozialpartnerschaft ist deutlich stärker ausgeprägt, ebenso die öffentliche Abfederung von Risken aus Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfall. Die Bedingungen zur Konstruktion von Arbeitsverträgen, aber auch zur Gründung von Unternehmen und zum Betrieb von Anlagen sind genau geregelt, Karrierewege an Qualifikationen geknüpft, mit Betriebsvereinbarungen, Gehaltsschemata abgesichert und wenig flexibel. Öffentliches Eigentum, Regulierung von Infrastrukturbereichen, gesetzliche Vorschriften und Lohnnebenkosten spielen eine größere Rolle als in anderen Ländern. Der Investitionstätigkeit wird historisch eine wichtige Rolle eingeräumt, der Forschungstätigkeit eine geringere.

In den letzten Jahren gab es Reformbestrebungen und Reformen in den meisten Bereichen, sodaß sich das System seit den achtziger Jahren dem europäischen Mainstream anpaßt. Arbeitszeiten wurden flexibilisiert, die Gewerbeordnung liberalisiert, der Telekombereich wurde und der Energiebereich wird dereguliert. Der Kapitalmarkt wurde liberalisiert, der Aktienmarkt befindet sich im Reformstadium, Unternehmen im Staatsbereich wurden ganz oder teilweise privatisiert. Die Regierung hat eine Export- und Technologieoffensive eingeleitet.

Um Fortschritt und Erfolg der Reformen beurteilen zu können, befragte das WIFO im Sommer dieses Jahres im Auftrag des Wirtschaftsministeriums Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer der wichtigsten in Österreich tätigen Industrieunternehmen sowie einiger industrienaher Dienstleister. 41% der Antworten kamen aus multinationalen Unternehmen mit ausländischer Zentrale, 29% aus solchen mit Zentrale in Österreich, 30% waren österreichische Unternehmen. Die antwortenden Unternehmen repräsentieren einen Umsatz von 337 Mrd. S, 180.000 Mitarbeiter und eine Exportquote von 47%.

Vorzüge des Wirtschaftsstandortes Österreich Die Gesamtbeurteilung des Wirtschaftsstandortes fiel positiv aus, insgesamt wurden in der fünfteiligen Skala 37 Faktoren als überwiegend positiv und 29 Faktoren als negativ beurteilt.

Die "weichen", d. h. schwer meßbaren Umfeldfaktoren politische Stabilität, öffentliche Sicherheit, Kultur- und Freizeitangebot, Umweltqualität und Rechtssicherheit sowie die konsensorientierte Lösung von Arbeitskonflikten nehmen die ersten sechs Ränge in der Reihung der österreichischen Standortvorteile ein. Auch die soziale Einkommensverteilung wird mit dem 13. Rang im internationalen Vergleich positiv bewertet.

Die Stabilität der rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen ist zweifellos eine grundlegende Bedingung für die Standortwahl. Die Umwälzungen in den internationalen Rahmenbedingungen und die daraus resultierenden wirtschaftlichen und sozialen Anpassungsprozesse, denen Österreich im Zuge der Ostöffnung und der EU-Integration ausgesetzt ist, bergen ein beträchtliches Potential politischer und sozialer Instabilität. Obwohl die notwendigen Anpassungsprozesse noch keineswegs abgeschlossen sind, konnte Österreich seine Stabilität wahren. In dieser Leistung sind auch zuversichtliche Erwartungen für die Zukunft begründet.

Die Lebensqualität nimmt in der unternehmerischen Standortwahl sicher nicht die oberste Priorität ein, sie spielt aber zumindest für das Angebot an mobilen und qualifizierten Arbeitskräften eine Rolle. Die Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter ist wiederum einer jener Faktoren, die bei der Standortwahl tatsächlich den Ausschlag geben können. Sie bildet nach Meinung der befragten Manager einen der wesentlichen Vorzüge Österreichs: Die Verfügbarkeit hochqualifizierter Arbeitskräfte sowie jener mit guter Ausbildung belegt in der Reihung der österreichischen Stärken im Vergleich zu alternativen Standorten den 7. bzw. 8. Rang. An 15. Stelle folgt die Initiative und Innovationsbereitschaft der Führungskräfte und an 18. Stelle die Einsatzbereitschaft und Motivation der Mitarbeiter.

Österreich zeichnet sich als Industriestandort durch drei besondere Qualitäten aus:

  • hohe Lebensqualität verbunden mit stabilen sozialen und politischen Rahmenbedingungen,
  • qualifizierte und einsatzbereite Arbeitskräfte,
  • wirtschaftliche Integration in West- und Osteuropa.

Neben den grundlegenden Voraussetzungen der politischen und sozialen Stabilität, dem besonderen Charakter Österreichs als Standort mit hoher Lebensqualität und einem erfolgreichen Qualifikationssystem als wichtigster Quelle nationaler Wettbewerbsvorteile zeichnet sich das Standortprofil Österreichs durch eine weitere Besonderheit aus: Im Vergleich zu Standorten in Osteuropa wiegt die EU-Mitgliedschaft, im Vergleich zu vielen alternativen Standorten in Westeuropa die besondere Nähe zu den Ostmärkten als Vorteil. So wird unter den wichtigsten Vorzügen die Präsenz auf den osteuropäischen Märkten an 9. Stelle und jene auf den westeuropäischen Märkten an 14. Stelle gereiht. Die Ränge 10 bis 12 nehmen die Teilnahme am europäischen Binnenmarkt, der Weg zur Währungsunion und der freie Warenhandel ein.

Österreichs Defizite als Industriestandort Österreichs Attraktivität als Industriestandort wird durch eine Reihe von Faktoren beeinträchtigt. Am stärksten ausgeprägt sind die Standortnachteile in Verbindung mit den Produktionskosten. Allerdings werden im Vergleich mit alternativen Standorten nicht sosehr die Arbeitskosten als ausgeprägtes Defizit eingestuft, sondern jene Kosten, die direkt oder indirekt mit der öffentlichen Verwaltung oder dem Regulierungssystem zusammenhängen.

Der Aufwand, der dem Unternehmen aus der Erfüllung administrativer Auflagen entsteht, sowie die mangelnde Effizienz von Genehmigungsverfahren für Betriebsanlagen werden im Vergleich mit alternativen Standorten mit Abstand am schlechtesten beurteilt. Zudem kritisieren die befragten Manager die hohen Telekommunikationskosten, teure Umweltauflagen und hohe Energiekosten. Sie bezeichnen die Arbeitskosten für hochqualifizierte Mitarbeiter und solche mit guter Ausbildung in Österreich als durchschnittlich. Als ausgeprägter Standortnachteil gelten nur die relativ hohen Arbeitskosten für Beschäftigte mit geringer Ausbildung.

Eine zweite große Gruppe an Standortnachteilen wird im Bereich von Innovation und Finanzierung geortet: Die Verfügbarkeit von Risikokapital und das Angebot an Forschungseinrichtungen von internationalem Format sind nach Ansicht der befragten Manager an alternativen Standorten wesentlich besser ausgeprägt als in Österreich. Drittens gilt die mangelnde Flexibilität der Arbeitszeiten als Nachteil des Industriestandortes Österreich.

Die größten Defizite des Industriestandortes Österreich werden im Vergleich zu alternativen Standorten in

  • der Kostenbelastung durch öffentliche Verwaltung und ineffiziente Regulierung,
  • fehlenden komplementären Leistungen in Innovation und Finanzierung und
  • der mangelnden Flexibilität der Arbeitszeiten gesehen.

Zusammenfassung

Die Basis für ein erfolgreiches Wirtschaften ist in Österreich somit gegeben. Die Bewertung durch die befragten Unternehmer und Manager fällt auch günstiger aus als internationale Standortrankings, nach denen Österreich in den letzten Jahren zurückgefallen ist. Globalisierung und zunehmende wirtschaftliche Integration erfordern aber für die Zukunft weitergehende Anstrengungen. Standorte konkurrieren um attraktive Investitionen, die möglichst viel Beschäftigung und Wertschöpfung sichern. Dafür bedarf es einer beständigen Aufwertung und Weiterentwicklung der eigenen Vorteile. Aus der Beurteilung der Stärken und Schwächen Österreichs durch die in Österreich tätigen Führungskräfte läßt sich in folgenden Bereichen der dringlichste Handlungsbedarf lokalisieren:

  • Modernisierung des Regulierungssystems, d. h. konkret Entlastung der Unternehmen von administrativen Auflagen und langwierigen Genehmigungsverfahren, transparente Entscheidungswege und Überprüfung neuer Gesetze und Verordnungen auf ihre Zusatzkosten für die Wirtschaft als fester Bestandteil der Gesetzgebungsprozesse; dazu gehört die Öffnung und effiziente Wettbewerbskontrolle der Energie- und Telekommunikationsmärkte;
  • Flexibilisierung der Arbeitszeit und der Beschäftigungsverhältnisse (vgl. Kollektivvertrag in der Metallindustrie);
  • Förderung der Innovationskraft der österreichischen Wirtschaft, die aber die Politik nur indirekt (komplementäre Forschungseinrichtungen, Innovationsbörsen, öffentlich dotierte Beteiligungsfonds für Risikokapital, Förderungen für Forschung und Entwicklung usw.) beitragen kann. Am dringendsten ist derzeit sicher eine Reform der Institutionen mit entsprechender Bereinigung und Konzentration der Kompetenzen.

Investitionen in das internationale Image eines Standortes und seiner Produkte sind langfristig orientiert. Sie dienen dazu, heimische Unternehmen auf den internationalen Märkten "sichtbarer" und Investitionen in Österreich attraktiver zu machen. Österreich verfügt als Industriestandort über eine Reihe wertvoller Qualitäten, die für internationale und nationale Unternehmen Wertschöpfungs- und Gewinnpotentiale bieten. Der starke Anstieg ausländischer Investitionen in Österreich demonstriert das. Die verbleibenden Schwachpunkte besonders im Forschungsbereich, in der Administration, in bezug auf die Flexibilität des Faktors Arbeit und auf Hindernisse für Betriebsgründungen müssen jedoch behoben werden.