9. Oktober 1997 • Belebung der Exportkonjunktur stabilisiert Leistungsbilanz • Ewald Walterskirchen

Die Auftriebskräfte der europäischen Konjunktur haben sich im Frühjahr verstärkt. Das beflügelte auch Export und Industrieproduktion in Österreich. Die Konjunktur bleibt aber gespalten: Bauwirtschaft, Handel und Tourismus beleben sich noch nicht.

Die Konjunktur erholt sich in Österreich im Frühjahr und Sommer weiter. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im 1. Halbjahr nach WIFO-Schätzungen gegenüber dem Vorjahr real um 1½%. Motor dieses Wachstums war der Export, er expandierte im 1. Halbjahr nominell um 11%. Die Verbesserung der europäischen Konjunktur, die Aufwertung der Währungen wichtiger Handelspartner und die sinkenden Lohnstückkosten der Industrie im Inland waren die auslösenden Momente des Exportaufschwungs.

Der WIFO-Konjunkturtest zeigt eine Aufwärtstendenz der Industriekonjunktur im Laufe dieses Jahres. Seit Jahresbeginn rechnen bereits mehr Industrieunternehmen mit einem Anstieg der Produktion als mit einem Rückgang. Am günstigsten wird die Situation im Basissektor beurteilt, hier sind die Unternehmen schon mehrheitlich mit ihrer Auftragslage zufrieden. Neben der Grundstoffindustrie erwarten die Chemie und die technische Verarbeitung eine Steigerung der Produktion. Für Hersteller traditioneller Konsumgüter und Bauzulieferer hat sich die Konjunktur jedoch kaum aufgehellt, sie leiden unter der Schwäche der Inlandsnachfrage.

In der WIFO-Befragung vom Juli war das Bild jedoch uneinheitlich: Auftragsbestand und Exportaufträge wurden neuerlich günstiger eingeschätzt als im letzten Quartal, Produktionserwartungen und eigene Geschäftslage jedoch etwas vorsichtiger.

Kräftige Exportsteigerungen und schwache Inlandsnachfrage begünstigen die Entwicklung der Handelsbilanz: Nach der Außenhandelsstatistik des ÖSTAT verringerte sich das Defizit im 1. Halbjahr um 11 Mrd. S, zum Teil wegen der Vorziehkäufe im Vorjahr. Die Zahlungsbilanzstatistik der OeNB weist zwar eine viel geringere Verbesserung der Warenzahlungsbilanz aus, aber ein günstiges Gesamtbild der Leistungsbilanz: Diese hat sich – entgegen den Erwartungen – in den ersten sieben Monaten gegenüber dem Vorjahr stabilisiert. Nach den günstigen Ergebnissen der letzten Monate dürfte das Passivum der Leistungsbilanz heuer um rund 10 Mrd. S niedriger sein als prognostiziert.

Neben den Wechselkursverschiebungen (Dollarstärke) trug auch die mäßige Inlandsnachfrage zu dieser Wende in der Entwicklung der Leistungsbilanz bei. Die realen Einzelhandelsumsätze – insbesondere die Autokäufe – blieben im 1. Halbjahr hinter dem Vorjahresergebnis zurück.

Die mäßige Inlandsnachfrage und stabile Lohnstückkosten in der Gesamtwirtschaft waren auch entscheidend dafür, daß die Inflationsrate im Sommer fast auf die 1%-Marke fiel; Österreich zählte damit wieder zu den preisstabilsten Ländern in Europa.

Der Arbeitsmarkt zeigt erste Anzeichen einer Erholung: Die Zahl der Beschäftigten übertraf im September das Vorjahresniveau um fast 15.000 (+0,5%), die Wende in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit steht jedoch noch aus.

Eine wichtige Voraussetzung dafür, daß sich die Konjunkturerholung zügig fortsetzt – eine stabile Aufwärtsentwicklung in der EU – scheint gegeben zu sein: Das Konjunkturklima hellt sich zusehends auf, und in Deutschland gewinnt das Wachstum an Schwung. Für einen dauerhaften Aufschwung fehlt jedoch eine nachhaltige Belebung der Investitionstätigkeit.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem WIFO-Monatsbericht 10/1997!